Pluralität und Geschichte
Frank Richter, Freiberg
Die Frage nach einem pluralistischen Marxismus hat auch noch die Zusatzfrage
im Gepäck, ob so etwas wie ein historischer Pluralismus denkbar ist: Auf
Grundlage verschiedener theoretischer Ausgangspunkte entstehen verschiedene
historische Bewertungen "desselben" Geschichtsprozesses. Der eine wird das
Unsinn nennen, der andere vielleicht Hermeneutik... Die vielfach
angezweifelte Entschuldigungswelle des PDS-Vorstandes hat zu bestimmten
Bewertungen der Geschichte der DDR bzw. einzelner Entwicklungsabschnitte
geführt, die viele nicht akzeptieren wollen.
Im folgenden will mich einer Antwort auf diese Frage nähern, wozu zunächst
einige Thesen formuliert werden.
1. Geschichtliche Verläufe geschehen nicht nach einem streng determinierten,
linearen Fortschrittsprozeß mit jeweils nur einem Ziel, einem möglichen Weg und
unter Anwendung einer und nur einer, optimalen Methode. An Bifurkationspunkten
tun sich mehrere Wege auf und die Wahl für einen Weg ist zwar nicht völlig
zufällig, jedoch vielfach auch zufallsbedingt. Die Entwicklung vor dem
Bifurkationspunkt hat bestimmte weitere Entwicklungsmöglichkeiten im bzw. nach
dem Bifurkationspunkt eröffnet und gleichzeitig bestimmte Linien abgeschnitten.
2. Sowohl in der biologischen wie sozialen Evolution können Sackgassen
auftreten, d.h. im Verlaufe dieses Evolutionsweges eröffnen sich in einem
solchen Fall weder neue Bifurkationspunkte noch die Möglichkeit des Fortsetzens
dieses Weges. In der biotischen Evolution kommt es zum Aussterben der
betroffenen Art, in der Gesellschaft wird es in der Regel zu einer Art von mehr
oder weniger feindlichen Übernahme kommen (Kolonisation, Okkupation,
Anschluß).Die betroffene Population hat keine andere Chance, als auf den anderen
Evolutionsast hinüberzuspringen. 3. Voranstehendes hat Konsequenzen für das
Verständnis von Gesellschafts- bzw. Geschichtswissenschaft. Erstere befaßt sich
mit der Vorbereitung der Politik für einen bestimmten Bifurkationspunkt, wobei
solche Entscheidungen immer solche unter der Bedingung von Unsicherheit sind. Es
ist niemals möglich, die erforderliche Jetztzeitentscheidung 100%ig
vorzubereiten. Letztere berschreibt und analysiert die entsprechende politische
Entscheidung in einem solchen Punkt und bewertet diese Entscheidung durch einen
Vergleich mit dem dann tatsächlich eingetretenen Ablauf des gewählten
Entwicklungsweges. 4. Es ist vorstellbar, daß es bei solchen Bewertungen zu
unterschiedlichen Positionen kommen kann, wenn der Historiker auch gleichzeitig
den vorausgehenden Entscheidungsprozeß mit einschätzt. Hinzukommt, daß
Entscheidungen selbst nicht nach dem Raster wahr/falsch bewertet werden können;
das gilt nur für die Entscheidungen zugrundeliegenden theoretischen und
empirischen Erkenntnisse – letzteres bezogen auf die Einschätzung der konkreten
historischen Situation.
5. Fallbeispiele: - Oktoberrevolution in Rußland - Novemberrevolution
in Deutschland - Politik der KPD gegenüber der SPD in der Weimarer Republik
- Vereinigung von KPD und SPD zur SED - 17. Juni 1953 - 13. August
1961 - Einmarsch der sowjetischen Truppen am 20. August in die ?SSR -
Perestroika Gorbatschows - Reaktion der SED-Führung auf die Perestroika
- Vereinigungsprozeß DDR/BRD 1989/1990
6. Prinzipiell sollten dabei folgende entscheidungstheoretische Aspekte zu
beachten sein: - die jeweils vorliegenden Erkenntnisse geben nur einen
Rahmen für die zu treffende Entscheidung ab. In der Regel sind verschiedene
Entscheidungen mit etwa gleich guter Begründung möglich. Die tatsächliche
Entscheidung hängt dann oft von den jeweils Entscheidenden ab, ihrem Charakter,
Durchsetzungsvermögen, Überzeugungskraft, ihrem Ehrgeiz u.a. (Lenin, Trotzki)
- Man darf nicht verlangen, dass die Entscheidungsträger bereits über ein
ausreichendes Wissen über den mit der Entscheidung ausgelösten
Entwicklungsabschnitt verfügen. Hier verbinden sich Erkenntnisse mit Prognosen,
Hoffnungen, Wünschen und Überzeugungen. - Wertungen auf der Grundlage eines
Wissens über den Ablauf einer Entwicklungsetappe und seines Ergebnisses müssen
die andere Erkenntnissituation des damaligen Entscheidungsträgers
berücksichtigen. Sie müssen aber gleichzeitig beachten, daß es zur damaligen
Zeit auch andere Entscheidungsmöglichkeiten wie auch entsprechende Vorschläge
gegeben hatte. Z. B. die Positionen der Menschewiki oder Trotzkis in Rußland,
die der KPD in Deutschland. - Wertungen historischer Ereignisse müssen
konkret sein: Es kann z. B. nicht einfach nur um die Verteidigung der
historischen Berechtigung der Oktoberrevolution gehen (indem man das durch den
Zarismus verursachte Elend der Bauern und Proletarier hervorhebt, das beseitigt
werden mußte), sondern man muß gleichzeitig das konkrete Was und Wie und Wohin
der betreffenden Entscheidung analysieren. Entscheidungsfehler werden zumeist
erst bei einer solchen konkreten Betrachtung sichtbar werden und die
Entscheidungsträger dürfen auch nicht nachträglich von ihrer Verantwortung in
dieser Hinsicht freigesprochen werden. Verantwortung hängt zusammen mit der
Freiheit von Entscheidungen unter unsicheren Bedingungen.
7. Kann man aus heutige Sicht also noch Entscheidungen verteidigen, deren
Resultat nicht das gewünschte Resultat (z. B. Sieg des Sozialismus im
Weltmaßstab) gebracht haben – als historisch gerechtfertigt, als historisch
notwendig? Ist es denkbar, daß in einer linken Partei wie der PDS verschiedene
Geschichtsbilder nebeneinander existieren, die je für sich eine bestimmte
Berechtigung und Plausibilität besitzen? Wenn man das bejaht, so muß man
sehen, daß solche unterschiedlichen Bewertungen wiederum mit den aktuellen
Vorstellungen darüber, wie es „weitergehen“ soll, zusammenhängen, also z. B.
damit, ob man das Projekt des realen Sozialismus für gescheitert ansieht oder
nicht, welchen Stellenwert man den zivilisatorischen Erfolgen der
bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaften beimißt, ob man beim bisherigen
Macht- und Eigentumskonzept bleibt oder nicht, usw. Wer einen theoretischen
Pluralismus in der PDS akzeptiert, wird also auch einem historischen Pluralismus
zustimmen können.
8. Auf einer anderen Betrachtungsebene wird man unterscheiden müssen zwischen
der auf den betreffenden Bifurkationspunkt bezogenen Gesellschaftstheorie, den
Entscheidungsträgern und schließlich den Akteuren der Geschichte (hier wieder
auf verschiedenen Ebenen: vom „Feldherrn“ bis zum einfachen „Soldaten“). Hier
liegen jeweils unterschiedliche Erkenntnishorizonte und Entscheidungsspielräume
vor, und die Bewertung eines historischen Ereignisses wird aus den verschiedenen
Perspektiven also auch unterschiedlich ausfallen können oder sogar müssen. Die
konträren Debatten um den Vereinigungsprozeß von KPD und SPD zur SED geben hier
ein instruktives Beispiel. Die Entschuldigung des Parteivorstandes bezieht
sich nicht auf die mittleren und unteren Funktionäre bzw. die Genossen, die in
voller Überzeugung und mit bestem Wissen und Gewissen die bisherige Spaltung der
Arbeiterbewegung beseitigen wollten, sondern auf die von den damaligen
Entscheidungsträgern in KPdSU und KPD favorisierten Konzepte und
„Durchführungsbestimmungen“.
9. Die heute getroffenen historischen Wertungen hängen auch entscheidend vom
jeweilig dominierenden theoretischen Selbstverständnis der wertenden Person ab.
Wird die mit dem Bau der Mauer 1961 verbundene Einschränkung der persönlichen
Freiheiten und Rechte des DDR-Bürgers quasi als "läßliche Sünde" gewertet, die
gegenüber den sozialen Rechten der DDR-Bevölkerung weniger schwer wiegen, dann
ist der Mau des Schutzwalls wirklich primär eine Angelegenheit der
Friedenssicherung und der Sicherung des Sozialismus gewesen. Dafür muß man sich
dann auch nicht entschuldigen. Wertet man die Beziehung von Freiheit und
Gleichheit bzw. Gerechtigkeit anders und hält man eine soziale Absicherung auf
Kosten individueller Freiheit für langfristig unmöglich und unsozialistisch,
dann war der Bau der Mauer Ausdruck einer schon längere Zeit andauernden
Fehlentwicklung. Da sich die PDS der auf der SED lastenden historischen
Verantwortung nicht einfach davonstehlen wollte, ist eine Entschuldigung
angebracht: primär gegenüber den direkt oder indirekt betroffenen früheren
DDR-Bürgern und gleichzeitig als Ausdruck eines Lernprozesses und der Fähigkeit
zur Selbstkritik. Das hat nichts mit Anbiederei zu tun, sondern ist Ausdruck
eines Politikkonzeptes, das die Mitwirkung linker Sozialisten an der Gestaltung
gesellschaftlicher Prozesse in der heutigen Zeit für unerläßlich ansieht. - Ich
zähle mich zu der zweiten Gruppe.
Anhang: Wertungen der Gründung der SED, des Mauerbaus und der
Oktoberrevolution
Es hat den Anschein, als würde die Programmdiskussion, in der es ja um
zeitliche Horizonte geht, die die aktuelle Situation und morgige
Entwicklungstrends weit überschreiten, durch die heftig umstrittene
„Entschuldigungswelle“ übermäßig überlagert und gestört. Aber – dieser
Widerspruch ist gar keiner, oder höchstens ein „dialektischer“. Es ist nämlich
wahr, daß wir unsere Theorie, unser Programm und unsere Politik nur dann
weiterentwickeln können, wenn wir einigermaßen Klarheit über unsere Geschichte
und Vergangenheit gewinnen. Daß sich die PDS bei diesen Gelegenheiten
entschuldigt, ist dabei gar nicht die Hauptsache, und gleichzeitig sind einige
Mißverständnisse in unserer Mitgliedschaft selbst zu diskutieren und möglichst
zu beseitigen. Streng genommen geht es auch nicht um Entschuldigungen (denn wir
können nicht zur Beichte gehen), sondern um die Bitte um Verzeihung. Ein
erster Aspekt ist die immer wieder beschworene objektive Konstellation im
sogenannten Kräfteverhältnis bzw. im kalten Krieg, die diese oder jene
Entscheidung bedingt haben, wie z. B. den Mauerbau. Geht man so an die Sache
heran, dann ist eigentlich alles unter bestimmten Sachzwängen gelaufen, für die
man oftmals dann noch den Klassengegner verantwortlich machen kann. Dann gewinnt
eine ja nicht falsche Aussage wie die, daß die Mauer den Frieden in Europa
gesichert hat, eine ganz besondere, kontraproduktive Bedeutung: Sie trägt dazu
bei, daß wir – wie meistens – historische Ereignisse mit dem Schema
einerseits/andererseits beurteilen. Positive wie negative Aspekte werden
gegeneinander aufgerechnet und wir sind es letztendlich doch immer noch gewohnt,
den Grundsatz zu akzeptieren, daß an den Machtverhältnissen in internationaler
Hinsicht wie innerhalb der sozialistischen Staaten nicht gerüttelt werden
sollte. 1961 war also der Sozialismus zu sichern... So aber kann man alles
begründen: den 17. Juni, den 13. August, die CSSR-Ereignisse, die Schüsse an der
Mauer, den Ausnahmezustand in Polen u. a. m. Es ist dies auch eine Art von
„Entschuldigung“, nur daß wir uns diesmal mit einem angenommenen historischen,
objektiven Prozeß entschuldigen und unsere Politik damit rechtfertigen.
Spätestens heute wissen wir, daß es diesen objektiven Geschichtsprozeß in
dieser Form nicht gibt, und es spricht nicht für uns Marxisten, daß wir viel
länger als andere gebraucht haben, um das zu erkennen und anzuerkennen, und daß
wir auch Marxisten, die das gesehen haben, aus dem Kreise der Marxisten
ausschließen wollten. Ein zweiter Aspekt betrifft die Frage, wer sich
wemgegenüber entschuldigen soll. Gelegentlich entsteht der Eindruck, als müßte
sich nun jeder Genosse, der früher in der SED gearbeitet hat, sich für jene
damaligen Entscheidungen entschuldigen. Dann wird z. B. im Zusammenhang mit der
Vereinigung von KPD und SPD zur SED darauf verwiesen, daß viele ehrliche
Genossen beider Parteien diese Vereinigung wollten und daß diese nicht zuletzt
durch den faschistischen Krieg als notwendig begriffen worden war. Darum geht es
aber hier nicht. Die PDS hat als Ganze durch ihre Nachfolgeschaft gegenüber der
SED einen Teil an Verantwortung auch für jenen Vereinigungsprozeß, in dem
offensichtlich von Anfang an seitens der Führungen der KPdSU wie der KPD die
Eliminierung sozialdemokratischen Gedankenguts in der deutschen Arbeiterbewegung
vorgesehen war, zu tragen. Eine solche Entschuldigung ist angebracht gegenüber
den sozialdemokratischen Genossen, die guten Willens in der SED eintraten,
gegenüber denen, die in dieser Partei nicht zurechtkamen oder Widerstand
leisteten und ausgeschlossen wurden, und nicht zuletzt aber auch gegenüber den
Millionen von Mitgliedern, die der SED auch unter den Bedingungen der Partei
neuen Typus die Treue gehalten haben. Und wenn es nun um den Mauerbau geht, so
müßte diese Entschuldigung nicht nur den unmittelbaren Opfern gelten, sondern
auch der DDR-Bevölkerung, die unter dem Anspruch, einen
antifaschistisch-demokratischen Schutzwall errichtet zu haben, wichtiger
Menschenrechte beraubt worden war. Ein dritter Aspekt betrifft die Schuld
auf der anderen Seite der Barrikade. Können und müssen wir gleichermaßen
Entschuldigungen auch von dort fordern? Es gab in der Tat allein in unserem
Jahrhundert zwei Weltkriege, es gab und gibt Ausbeutung, Faschismus,
Unterdrückung, Rassendiskriminierung, Patriarchalismus, deren Ursachen und
Auswirkungen nicht dem realen Sozialismus angelastet werden können. Es ist
freilich nicht abzusehen, ob und wie diejenigen Kräfte, die von der Logik des
Kapitals profitieren, die globalen Herausforderungen unserer Zeit anpacken und
lösen werden. Es wird sich auch kaum jemand finden lassen, der die Verantwortung
dafür übernimmt und sich entschuldigt. Deshalb könnte man auch geneigt sein,
die Millionen Kriegs- und Hungertoten in unserem Jahrhundert gegen die relativ
wenigen Toten an der Mauer aufzurechnen... Eine solche Aufrechnung ist jedoch zu
verwerfen: Menschenleben kann man weder gegeneinander noch gegenüber dem
Geschichtsprozeß aufrechnen, und Sozialisten sollten das schon gar nicht tun. Es
ist auch unzulässig, diese Schüsse an der Mauer auf die Bösartigkeit des
Klassenfeindes zurückzuführen und damit zu rechtfertigen. Wir kannten doch seine
Absichten und wußten, daß er alles tun würde, uns zu besiegen. Letztendlich war
es aber dann doch unsere eigene Schwäche, zusammen mit der UdSSR, den
Sozialismus nicht so attraktiv gestalten zu können, daß das Volk der DDR den
Verlockungen des Westens widerstehen konnte. Die Alternative wäre damals
gewesen, das historische Experiment Sozialismus zumindest im Osten Deutschlands
zu beenden und – vielleicht unter besseren Bedingungen als 1989 – eine
Vereinigung beider deutscher Staaten anzustreben. War das damals objektiv nicht
möglich, oder waren nur unsere Illusionen noch ungetrübter? Ich denke, daß eher
das letztere zutrifft. Damit komme ich zu einem vierten Gesichtspunkt. Es
ist sicher unbestritten, daß das vom Kapitalismus hervorgerufen Elend der
Proletarier, verstärkt noch durch die Millionen Kriegsopfer des ersten
Weltkrieges die erste sozialistische Revolution im Jahre 1917 verursacht haben.
Heute wissen wir, daß dieser Versuch, den Kapitalismus durch eine alternative
Gesellschaftsformation, den Sozialismus zu ersetzen, gescheitert ist. Weder hat
die durch Marx und Engels geforderte Abschaffung des Privateigentums an
Produktionsmitteln die gewünschten Ergebnisse gezeigt, noch hat sich eine
Vergesellschaftung der Produktion im eigentlichen Sinne überhaupt durchführen
lassen. Auch waren die Proletarier eigentlich vom Sozialismus gar nicht so recht
zu begeistern. Das führte dazu, daß mit der Oktoberrevolution nicht nur die
ersten zaghaften Versuche einer Demokratisierung in Rußland sofort wieder
beseitigt wurden, sondern daß diese Revolution überhaupt nur durch eine
Ausschaltung dessen siegreich gestaltet werden konnte, was wir heute die
zivilisatorischen Errungenschaften der bürgerlichen Gesellschaft nennen. Es
gelang auch nicht bzw. es war nie die Absicht der kommunistischen
Parteiführungen, daran je etwas grundsätzlich zu verändern. Die breite Masse der
Parteimitglieder hoffte das freilich und auch ein Großteil der
Gesellschaftswissenschaftler ging davon aus, daß sich in einem starken und
reifen Sozialismus auch eine echte sozialistische Demokratie entwickeln könnte.
Das Scheitern von Perestroika und Glasnost in der Sowjetunion machte diesen
Hoffnungen und Absichten ein Ende. Ein letzter, fünfter Gesichtspunkt soll
das noch einmal deutlich machen: Auch wenn es sicher ist, daß die Abwehr des
Sozialismus durch bürgerlich-kapitalistische Gesellschaften nicht immer so sehr
die Verteidigung der individuellen Menschenrechte, sondern doch primär die
Gewährleistung der Freiheit zum Profitmachen zu ihrer Grundlage hatte – wodurch
nicht zuletzt auch der Sozialismus in Theorie und Praxis immer wieder neue
Impulse, bis heute, erhalten hat, so ist es so, daß letztendlich doch auch diese
Menschenrechte verteidigt worden sind. Das müssen Sozialisten und Marxisten
akzeptieren, und insofern gibt es zwischen den beiden Seiten auch keine
symmetrische Position, in der jede mit gleichem Recht der anderen etwas
vorzuwerfen hätte. Zumindest in Europa und in den USA wie Canada sollte es aus
heutiger Sicht auch für Sozialismustheoretiker nichts Höheres als jene
individuellen Menschenrechte, auf deren Grundlage allein auch um politische und
soziale Menschenrechte gestritten und gekämpft werden kann, geben. Wenn die
Menschheit überhaupt noch eine Perspektive haben kann, dann sind es gerade diese
zivilisatorischen Eigenschaften moderner Gesellschaften, die es zu verteidigen
und weiterzuentwickeln gilt. Das zu begreifen ist m. E. identisch mit jenem viel
diskutierten Ankommen in der Bundesrepublik – nicht mehr und nicht weniger. Es
ist aber wohl eigentlich eher eine neue Aufgabe globalen Anspruchs.
geschrieben: Juni 2001, überarbeitet Januar 2002
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