Das
"Soziale-Aufstiegs"
-Klo
 

 

 
Wie ein genialer Autor eine der Romanhauptersonen einführt:
Vic pinkelt, was erhebliche Umsicht und Zielsicherheit erfordert,da die WC-Schüssel in geringer Höhe angebracht und konisch geformt ist. Er kann sich für die in dunklem Purpurton gehaltene Sanitäreinrichtung des Badezimmers ("Pflaume" hatte der Makler die Farbe genannt) nicht so recht begeistern, aber für Marjorie war eben dies eine der Attraktionen gewesen, als sie vor zwei Jahren das Haus gekauft hatten - dieses Badezimmer mit dem nierenförmigen Waschbecken und den vergoldeten Hähnen und der in den Boden eingelassenen Wanne, dem stromlinienförmigen Klo und Bidet. Und vor allem, dass es direkt vom Schlafzimmer abging. Ich habe mir schon immer ein "ein suite"-Badezimmer gewünscht, sagt sie zu Besuchern und zu ihren Freundinnen am Telefon, ja, es würde ihn nicht wundern, wenn sie es zu Lieferanten an der Tür sagen würde oder zu wildfremden Leuten auf der Straße. So wie Marjorie im Gespräch darauf herumreitet, könnte man denken, en suite sei der schönste Ausdruck in allen Sprachen der Welt. Gäbe es ein Parfüm mit dem Namen En Suite, hätte sie es sich bestimmt längst zugelegt.

Vic schüttelt den letzten Tropfen von seinem Penis, bemüht, nicht die zottige Badezimmergarnitur aus rosa Nylon zu besprenkeln, und spült. Das Haus hat vier Toiletten, was Vics Vater ernstliche Sorgen bereitet. VIER TOILETTEN? hatte er nach seiner ersten Hausbesichtigung gefragt. Oder habe ich mich verzählt? Hast du Angst, der Grundwasserspiegel sinkt, wenn wir alle gleichzeitig spülen? frozzelte Vic. Das nicht, aber was ist, wenn sie Wasseruhren einführen? Dann siehst du ganz schön alt aus. Vic hatte versucht ihm klarzumachen, dass es nicht auf die Zahl der Toiletten ankam, sondern darauf, wie oft man die Spülung betätigte, aber sein Vater ließ sich nicht davon abbringen, so viele Toiletten im Haus seien ein Anreiz zu überflüssigem Pinkeln und somit zu exzessivem Spülen.

So ganz unrecht mochte er damit nicht haben. Im Haus von Vics Großmutter, einem Arbeiterreihenhäuschen mit Außentoilette in Easton, ging man, besonders im Winter, nur dann, wenn man wirklich musste. Ihr eigenes Haus, schon eine Stufe höher im Sozialgefüge, hatte damals als Toilette ein enges, dunkles Gelaß auf dem Treppenabsatz zwischen Erdgeschoß und erstem Stock, in dem es immer ein bisschen müffelte, auch wenn seine Mutter noch soviel Sanilav und Dettol in die Schüssel kippte. Er erinnerte sich deutlich an die gelbliche Keramikschüssel mit dem Warenzeichen "Challenger", an den breiten gelackten Holzsitz, der immer so angenehm warm am Po gewesen war, an die etwas vergammelte Schaumgummikugel als Griff an der langen Kette, die von dem hohen Spülkasten baumelte. Er hatte dort Kopfbälle geübt und die Kugel von Wand zu Wand schnellen lassen, wenn er als Schuljunge dasaß und sich mit seiner Verstopfung quälte. Und seine Mutter hatte wegen der Flecken auf der Leimfarbe geschimpft. Jetzt ist er stolzer Besitzer von vier Toiletten in Pflaume, Avocado, Sonnenblumengelb und Weiß, alle zentralgeheizt. Auch das ist wohl eine Meßlatte für den Erfolg.


(aus: David Logde: Saubere Arbeit, S. 13-15)

 

 

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