Rezension von Annette Schlemm:

Alastair Reynolds: Chasm City

Wilhelm Heyne Verlag München 2002

 

Alastair Reynolds erstes Buch "Unendlichkeit" war vielversprechend. Als ich das zweite Buch mit seinen 830 Seiten in den Händen hielt, fürchtete ich mich davor, nun endgültig den Durchblick zu verlieren in den unendlich verschlungenen Lebensgeschichten der Protagonisten.

"Chasm City" schließt durchaus an die Orte und Geschehnisse der "Unendlichkeit" an, aber nur punktuell - es ist eine eigene Welt, weil sich fast alles geändert hat seitdem. Im Bemühen, einen Auftrag zu erfüllen, muß unser Held sich durch eine erschreckende Landschaft mit mißgebildeten Häusern, menschlichen Wesen und Unwesen, intelligenten Schweinen und durch vielerlei Machtgruppierungen hindurchlavieren. Während er in diesem äußeren Dschungel zwischen den gefährlichen Höhen einer Baldachinstadt und den unergründlichen Tiefen des Mulches zu überleben und zu töten versucht, setzen sich die Puzzlescherben seiner Vergangenheiten langsam wieder zusammen, die durch den langen Kälteschlaf während des Fluges hierher beschädigt wurden und es zeigt sich, dass nicht einmal er noch derjenige ist, der er glaubte zu sein.

Die Spannung wird vor allem durch einen Wechsel von zwei Erzählebenen vorangetrieben, die am Schluß ineinander laufend die Rätsel lösen. So komplex die Handlung wieder ist, sie erreicht nicht ganz die inhaltliche Tiefe die wir aus der "Unendlichkeit" von Reynolds kennen. Einige der Wendungen sind für geschulte SF-Fans doch zu voraussehbar. Trotzdem lohnt es sich, zwei Nächte beim Lesen in "Chasm City" zu verbringen. So verrückt, wie die reale Welt heute schon ist, hat die Fiction wirklich Mühe, noch mitzuhalten. "Chasm City" ist nicht eine Stadt auf der Erde des 21. Jahrhunderts, aber die Menschen und das, was sie durchmachen, sind uns verdammt nah. Deshalb gefällt mir - gerade angesichts der doch erschreckenden Visionen - vor allem der letzte Satz des Buches:

"Das Leben ist das, was man daraus macht."

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