Dieser Text war Bestandteil des inzwischen eingestellten Projekts "Open-Theory"

Kapital - Gebrauchswert

Maintainer: Annette Schlemm, Version 1, 25.11.2008 (Titelkorrektur 2011)
Projekt-Typ: halboffen
Status: Archiv

(1) Vom praktischen, alltäglichen Standpunkt aus interessiert uns an einer Ware zuallererst ihr Nutzen, das heißt ihr Gebrauchswert (MEW 23: 50; vgl. Haug 1989: 64).
„Die Ware ist zunächst ein äußerer Gegenstand, ein Ding, das durch seine Eigenschaften menschliche Bedürfnisse irgendeiner Art befriedigt.“ (MEW 23: 49) „Die Nützlichkeit eines Dings macht es zum Gebrauchswert.“ (ebd.: 50)

(1.1) Überschrift, 30.01.2009, 21:04, Dieter Nake: Die Überschrift muss hier "Gebrauchswert" heißen.

(2) Wie meist deutet das Wörtchen „zunächst“ bei Marx immer einen Einstieg mit einer Abstraktion an (vgl. Haug 1989: 54 f.). Es geht nur darum, „daß“ etwas da ist, noch nichts Genaueres wird ausgesagt. Für Kenner wird deutlich, ein solcher abstrakter Beginn auch am („seinslogischen“) Anfang jeder hegelschen dialektischen Begriffsentwicklung steht. Die Abstraktion geht dabei so weit, dass von der gesellschaftlichen Form abstrahiert wird und sogar das Ding als „Gebrauchswert“ (ich kennzeichne diesen wieder mit (1)) bezeichnet wird:br> „Abkürzend nennen wir das nützliche Ding selbst oder den Waarenkörper, wie Eisen, Weizen, diament uzs., Gebrauchswerth, Gut, Artikel.“ (MEGA II.5: 18, in MEW 23 nicht vorhanden) <</p>

(3) Das Wort „Gebrauchswert“ dient hier zur Bezeichnung des „bloßen Produkts“ (vgl. entsprechende Formulierung in MEW 26.1: 375, Theorien über den Mehrwert). Allerdings wäre ein natürliches Ding ohne seine Nutzbarkeit für Menschen kein Gebrauchswert. „Gebrauchswert (1)“ ist ein Beziehungsbegriff, der etwas über eine bestimmte Art der Beziehung zwischen Mensch und Natur aussagt (Haug 1989: 55). Über die Art von Bedürfnissen, die ein Ding für Menschen zu einem nutzbaren Ding, einem Gebrauchswert machen, wird nichts ausgesagt (ebd.).

(4) Für den Gebrauchswert (1) einer Ware (1) gilt:
„Gebrauchswerte bilden den stofflichen Inhalt des Reichtums, welches immer ihre Form sei.“ (MEW 23: 50)
„Obgleich Gegenstand gesellschaftlicher Bedürfnisse, drückt der Gebrauchswert jedoch kein gesellschaftliches Produktionsverhältnis aus.“ (MEW 13: 16)

(5) Nützliche Dinge können wir einteilen in nützliche Dinge, die Gebrauchswert ohne Wert darstellen, weil ihr Nutzen nicht durch Arbeit vermittelt ist (den Wertbegriff und die Bindung des Wertes an die Arbeit lernen wir erst später kennen, in Gebrauchswerte, die durch die Eigenarbeit des Nutzers selbst entstehen, weiterhin in Produkte, die in feudalen Gesellschaften abgegeben werden und schließlich jene Waren, bei denen es zwar auch auf ihren Gebrauchswert ankommt, die aber primär „zum Tauschen“ hergestellt werden.

(6) Wir werden uns im Weiteren auf die Waren beschränken, bei denen das Produkt nützlich ist und mit menschlicher Arbeit im Kapitalismus für die Nutzung durch andere hergestellt wurde. Denn dies ist die vorherrschende, dominierende Praxis im Kapitalismus, woraus folgt:
„Der Gebrauchswert in dieser Gleichgültigkeit gegen die ökonomische Formbestimmung, d.h. der Gebrauchswert als Gebrauchswert, liegt jenseits der Betrachtungsweise der politischen Ökonomie.“ (MEW 13: 16)

(7) Der Gebrauchswert (2) einer solchen Ware (2) im Kapitalismus bezieht sich also auf den Gebrauch durch andere, es ist ein gesellschaftlicher Gebrauchswert (MEW 19: 370). Es gilt:
„Um Ware zu werden, muß das Produkt dem andern, dem es als Gebrauchswert dient, durch den Austausch übertragen werden.“ (MEW 23: 55, durch F. Engels ergänzt)

(8) In der kapitalistischen Warenwelt müssen die Produkte zwar auch irgendwie nützlich sein (oder durch Marketing als nützlich versprochen sein) müssen, um überhaupt verkauft werden zu können – aber die Produktion erfolgt aus der Sicht des Produzenten nicht für die Nutzung, sondern für den Verkauf. Es wird produziert, um (mit Gewinn) zu verkaufen, Bedürfnisse werden dabei eher sekundär befriedigt. Dies führt uns darauf, dass der Gebrauchswert der produzierten Ware für den Hersteller/Verkäufer darin besteht, verkauft zu werden. Das bringt uns zum Tauschwert.

Vorweggenommen:

(9) Auch wenn in allen gesellschaftlichen Formen die hergestellten Güter einen Nutzen, also einen Gebrauchswert (1) haben, so bezieht sich der „gesellschaftliche Gebrauchswert“ der Waren nur auf die kapitalistische Warenproduktion, wie Marx auch klarstellt (vgl. MEW 19: 375). Denn dieser Gebrauchswert (2) ist ein Moment der nur im Kapitalismus auf diese Weise erzeugten Ware (3).

(9.1) Vorweggenommen:, 30.01.2009, 21:10, Dieter Nake: Ware (3) wird erst später verständlich. Der eilige Leser sollte trotz "Vorweggenommen" einen gesonderten Verweis bekommen.

(10) Weiter mit Tauschwert


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