Nicht zuletzt die aktuellen Diskussionen um die
Gentechnik und deren Anwendbarkeit auf den Menschen haben die Frage nach
der Beziehung von Wissenschaft und Ethik erneut und mit vielleicht bisher
noch nie erreichter Dringlichkeit auf die Tagesordnung gesetzt.
Wissenschaft und Technik geraten dabei erneut unter
Beschuß, u. a. mit dem Argument, die sich zu Göttern selbsternennenden
Wissenschaftler, Ärzte, Ingenieure wollten in den Gang der Schöpfung
eingreifen.
Aber auch für einen Atheisten und Materialisten
läßt sich diese Problematik nicht einfach als Ausdruck gesellschaftlichen
und technischen Fortschritts, der dann natürlich auch bestimmte Riskiken
in sich trägt, deuten, zumal das Prinzip „Es wird alles gemacht, was
sich technisch machen läßt“ schon längst durch das andere
Prinzip überwuchert ist, das da lautet: „Es wird gemacht, was Profit
bringt“.
Nun hatte sich nicht zu Unrecht neuzeitliche Naturwissenschaft
von Ethik, Theologie und Philosophie weitgehend freigemacht, um den Naturgesetzen
unabhängig und jenseits von ideologischen Schranken auf die Spur kommen
zu können – mit der Konsequenz, daß Antworten auf die Frage
nach der Verantwortung des Wissenschaftlers, nach Zielen, Kriterien und
Wegen technisch-wissenschaftlichen Fortschritts von „außerhalb“ kommen
mußten. Und tatsächlich: je objektivistischer sich eine Wissenschaft
gibt, um so eher bedarf sie solcher Führung und Orientierung.
Es ist jedoch als (relative) Alternative zu einem
solchen Denkmodell auch vorstellbar, daß Wissenschaft die in ihr
enthaltenen vielfältigen gesellschaftlichen Bezüge ausbaut und
so näher an ein ganzheitliches Betrachten von Mensch und Natur, an
ethische Wertungen und weltanschauliche Betrachtungen herankommt. Interessanterweise
ist selbst die vielfach inkriminierte Technikwissenschaft geeignet, für
solche Überlegungen als Modell zu dienen. Schon die gegenwärtige
Technikwissenschaft unterscheidet sich von klassisch-objektivistischer
Naturwissenschaft dadurch, daß sie
-den
Menschen
mit seinen vielfältigen Bedürfnissen und Interessen, und nicht
einfach die Natur an sich zu ihrem Gegenstand hat
-als
methodischen Hauptweg die Konkretisierung von Wissen auf Komplexität
hin, auf Gestaltbarkeit und Beherrschbarkeit von Wirklichkeitsbereichen
besitzt
-nicht
Wissen über an sich seiende Wirklichkeitsbereiche schlechthin anstrebt,
sondern Anwendungen von Wissen.
Eine Analyse der Technikwissenschaften, interessanterweise
sogar der sog. Monantwissenschaften, zeigt, daß technikwissenschaftliches
Wissen eine Vielzahl von Wissensebenen enthält – mit ihren jeweiligen
Tätigkeits- und Wissensformen, so daß es durchaus denkmöglich
ist, hier bei den Überlegungen zu einem neuen Wissenschaftsverständnis
anzusetzen. Die Suche nach sog. alternativen Wissenschaftsbegriffen, etwa
bei Weingart, Capra u.a. wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit dagegen
als ein Weg herausstellten, der Wissenschaft einseitig negiert und damit
keine produktiven neuen Möglichkeiten zeigen kann.
Auf meiner Seite zum Freiberger Modell habe ich den
Modellgedanken, wie er in den Technikwissenschaften verwendet wird, auf
Möglichkeiten philosophischen Denkens übertragen. Wer sich für
Modelldenken und die Spezifik des Gesetzeswissenschaften in den Technikwissenschaften
selber interessiert, kann sich die gepackte Datei tw.zip
herunterladen.
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