Dialektik der
Gesellschaft als System Vortrag
auf dem Kongress von Annette Schlemm Kapitalismus als spezifisches
gesellschaftliches System Hegels System der Wissenschaft Das Verhältnis Gesellschaft-Individuum Gesellschaftlichkeit bei Hegel und Marx GesellschaftGesellschaft als
System
Menschliche
Individuen wachsen in ihr gesellschaftliches Umfeld hinein. Das einzelne Individuum
kann in seinem sozialen Umfeld viel selbst bestimmen und auch verändern. Dies
läuft aber unter Rahmenbedingungen und Regeln ab, auf die es keinen direkten
Zugriff hat. Solche Rahmenbedingungen und Regeln verändern sich im Zeitverlauf.
Was sich nicht verändert, ist das, was das menschliche Leben vom Leben anderer
Lebewesen unterscheidet, was seine besondere Qualität ausmacht: Menschen
stellen nicht nur Dinge zur Befriedigung unmittelbarer Bedürfnisse her, sondern
sie reproduzieren die Produktionsbedingungen selbst in bewusster Weise. Ein
menschliches Individuum befriedigt die eigenen Bedürfnisse über seine Teilhabe
an der gesellschaftlichen Produktion. Diese Produktion erfolgt nicht nur in
einem sozialen, gemeinschaftlichen Rahmen als unmittelbare Folge von
Interaktion und Kooperation[1]
zwischen den Individuen, sondern vermittelt über die „bewußte, vorsorgende
Verfügung über gemeinsame Lebensbedingungen durch kollektive Arbeit [...]“[2].
Der
wesentliche Unterschied zwischen gesellschaftlichen und personal kooperativen
(gemeinschaftlichen) Beziehungen besteht darin, dass personal kooperatives Tun die gesellschaftlichen
Rahmenbedingungen unverändert lässt, während gesellschaftliches
Handeln die Gesellschaft immer als
veränderbar und gestaltbar voraussetzt. Die Variabilität der Rahmenbedingungen
für gesellschaftliches Handeln zeigt sich in geschichtlichen Umwälzungen ebenso
wie in gleichzeitig existierenden unterschiedlichen Kulturkreisen und
Gesellschaftsformationen. Der Horizont typisch menschlichen Handelns, im
Unterschied zu allen tierischen Aktivitäten, umfasst immer die Veränderbarkeit
der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, was allerdings unter bestimmten
einschränkenden Bedingungen nicht offensichtlich ist. Die im Kapitalismus
vorliegenden gesellschaftlichen Strukturen und Verhältnisse erschweren es, die
Veränderbarkeit der Rahmenbedingungen zu erkennen. Das menschliche Miteinander
erscheint auf Interaktivität und Kooperation beschränkt und der
gesamtgesellschaftliche Horizont wird ausgeblendet. Gesellschaftlichkeit beruht
auf überindividuellen Verhältnissen, die als gemeinsame Infrastruktur, als
gemeinsames Medium[3]
erscheinen. Gesellschaft ist nichts außerhalb des menschlichen Handelns, sie
entsteht durch menschliches Handeln und wird täglich und stündlich nur dadurch
hergestellt. Trotzdem setzt sie dem Handeln der Individuen auch Bedingungen, so
dass die Individuen tendenziell so handeln, dass die vorliegende Form der
Gesellschaftlichkeit wieder reproduziert wird. Menschen
produzieren ihre gesellschaftlichen Lebensverhältnisse und existieren
gleichzeitig unter ihnen. Diese Dialektik ist unaufhebbar und kann
nicht nach einer Seite hin vereinfacht werden; weder durch Ansichten, die
annehmen, die Menschen wären durch ihre Gesellschaft unaufhebbar „geprägt“;
noch durch voluntaristische Meinungen, die den rahmendurchbrechenden Willen von
Menschen überbetonen. Dabei hat jede Gesellschaftsform, im Unterschied zu
Gemeinschaften oder einer Menge von Gemeinschaften, eine eigenständige Dynamik,
sie verselbständigt sich gegenüber den unmittelbaren Einwirkungen von Menschen
und erfordert zu ihrer bewussten Revolutionierung bzw. Umgestaltung spezifische
Anstrengungen, die diese Eigendynamik beeinflussen. Diese Eigendynamik
rechtfertigt die Betrachtung der Gesellschaft als eine Einheit, d.h. ein
Ganzes, das auch als System bezeichnet werden kann. Kapitalismus als
spezifisches gesellschaftliches System
Im
Verlaufe der Geschichte der Menschheit gab es unterschiedliche Formen von Gesellschaftlichkeit.
Diese Gesellschaftsformen existieren relativ stabil über längere Zeiten und
werden dann immer wieder innerhalb relativ kurzer Zeit tiefgreifend umgeformt.
In Europa begann seit dem 16. Jahrhundert die Entwicklung einer Gesellschaftsform,
die eine besondere Eigendynamik entfaltet. Marx bezeichnete die Entfernung der
Eigendynamik der kapitalistischen Gesellschaft von dem, was die Individuen
bewusst anstreben, als „Entfremdung“ bzw. als Wirkung eines gesellschaftlichen
„Fetischs“[4].
In den vorkapitalistischen Gesellschaftsformen wird der gesellschaftliche
Zusammenhalt durch familiäre Strukturen, durch kooperative Zusammenarbeit sowie
durch unmittelbar ausgeübten Zwang und Unterwerfung hergestellt. Im
Kapitalismus wird die Über- und
Unterlegenheit weniger durch direkte Gewalt- und Zwangsmittel hergestellt und
stabilisiert, als darüber, dass die Menschen, die Lebensmittel und Produkte
herstellen, dies nur insoweit tun können, als die Besitzer der
Produktionsmittel Profit erwirtschaften können. Die Trennung zwischen
Produktionsmittelbesitz und Arbeitskraft erzeugt eine „Realabstraktion“[5],
die den gesellschaftlichen Zusammenhang von Produktion, Konsumtion,
Distribution und Austausch auf eine ganz spezifische Weise organisiert, nämlich
auf eine Weise, bei der die Akteure sich als isolierte gegenüber stehen müssen
und sich ihre Gesellschaftlichkeit erst über den markförmigen Austausch ihrer
Produkte – auf indirekte Weise – herstellt. Diese ungesellschaftliche Gesellschaftlichkeit
bietet das Bild eines abstrakt Allgemeinen: Alle Marktakteure sind gleichberechtigt
auf dem Markt, sie gelten aus juristisch gleichgestellt, sie sind austauschbar
und ihre Besonderheiten interessieren nur insoweit, als dass sich ihre Produkte
auf dem Markt als wertförmige Äquivalente austauschen lassen. Diese
gesellschaftliche Isoliertheit der Einzelnen und der Verlust ihrer
Besonderheit, die über die Äquivalenz des Warentausches hinausgeht, erzeugt
notwendigerweise den Schein, als seien die einzelnen Individuen von Natur aus
isolierte, vereinzelte Wesen, die quasi erst sekundär „sozialisiert“ würden. „Das
Verhältnis der Menschen zueinander als Warenbesitzer [ist] das herrschende
gesellschaftliche Verhältnis.“[6]
Diese spezifische Form der Gesellschaftlichkeit scheint die „natürliche“ zu
sein. Die bürgerliche
Wirtschaftstheorie beschreibt ihr Funktionieren. A. Smith schreibt beispielsweise:
Nach der Einführung der Teilung der Arbeit „lebt jeder durch Tausch oder wird gewissermaßen
ein Kaufmann, und die Nation selbst wird zu einer richtigen Handelsgesellschaft.“[7]
Im Kapitalismus verkehren sich Wesen und Erscheinung: Von ihrem Wesen her sind
menschliche Individuen immer gesellschaftlich (es kann auch gesagt werden:
Menschen sind „natürlich gesellschaftlich“[8]).
Die kapitalistischen gesellschaftlichen Verhältnisse führen zur Vereinzelung
und es erscheint naheliegend, diese Vereinzelung als „natürlich“ zu ontologisieren
und zu verewigen. Es ist aber notwendig, diese Vereinzelung
als Folge der konkreten Gesellschaftsform
zu begreifen, den notwendigerweise erzeugten Schein nicht nur einfach
gedanklich zu wiederholen, zu verdoppeln und damit zu verstärken, sondern
aufzuheben. Individuen und
Gesellschaft
Die Interpretation der Gesellschaft auf der
Basis von einzelnen Menschen basiert auf einem nominalistischen[9]
Denken, was bedeutet, dass die Existenz der Einzelnen als gegeben angenommen
wird und dann die Vergesellschaftung als sekundärer Prozess hinzu gedacht wird.
Davon unterscheidet sich eine dialektische
Sichtweise. Hier wird die Vereinzelung selbst als Folge des gesellschaftlichen
Verhältnisses betrachtet. Es gibt keine Menschen ohne oder vor oder außerhalb
einer Vergesellschaftung; aber die Vergesellschaftung kann Formen annehmen, in
denen die Individuen sich in wesentlichen Lebensbereichen (wie der Erarbeitung
der Grundlagen ihrer Bedürfnisbefriedigung, der Wirtschaft) als Vereinzelte
zueinander verhalten (müssen). Karl Marx ging deshalb davon aus, dass auch die einzelne
Person, auch der besondere Mensch durch seine Gesellschaftlichkeit Mensch ist
und Individuum und Gesellschaft keine einander äußerlichen Sachen sind. „Es ist
vor allem zu vermeiden, die „Gesellschaft“ wieder als Abstraktion dem Individuum
gegenüber zu fixieren.“[10]
Die Gesellschaft ist keine Menge ununterscheidbarer Elemente, sondern
sie beruht auf Differenzen: „Die Einheit der Menschen mit den Menschen, die auf
dem realen Unterschied der Menschen begründet ist, der Begriff der
Menschengattung aus dem Himmel der Abstraktion auf die wirkliche Erde
herabgezogen, was ist er anders als der Begriff der Gesellschaft!“[11].
Die Art und Weise, wie diese Unterschiedlichkeit sich für die Individuen und
als gesellschaftliches Verhältnis auswirkt, ist in unterschiedlichen
Gesellschaftsformen sehr unterschiedlich. Mit Beginn patriarchaler und anderer
Herrschaftsformen, besonders der Klassengesellschaften, wurde aus der
Unterschiedlichkeit eine hierarchische Über- und Unterlegenheit. Für das Denken der Einheitlichkeit der
Gesellschaft finden wir also verschiedene Vorstellungen von Ganzheit und von
Systemhaftigkeit vor. Diese gehen von einer zentralen Steuerung (Hobbes) über
die selbst organisierte Vereinigung der einzelnen Teile (Locke) hin zur dialektischen
Sicht der Einheit, die selbst eine Einheit von Einheit und Differenz ist
(Hegel, Marx). Systeme
Ganzheiten und Systeme
Der Begriff eines „Systems“ oder einer
Ganzheit ist mindestens dadurch bestimmt, dass das System bzw. das Ganze nicht
nur die Summe seiner Teile ausdrückt, sondern dass eine eigenständige
Eigendynamik entsteht (was auch Emergenz
genannt wird) und dass es nicht auf die in ihm enthaltenen Dinge, sondern mehr
(manchmal nur) auf deren Beziehungen ankommt. Dadurch unterscheidet sich ein
„System“ und ein „Ganzes“ von einer „Menge“ oder auch einem eher
beziehungslosen „Aggregat“ von Teilen. Eine weitere Unterscheidung ist die
Differenzierung der Systeme und Ganzheiten in „schwache“ und „starke“: In einer
„schwachen“ Ganzheit sind die Teile voneinander abhängig, können aber auch für
sich verstanden und abgeleitet werden; in der „starken“ Ganzheit ist ein Teil
nur aus dem Ganzen heraus zu verstehen. Diese Unterscheidungen sind in der
Hegelschen Philosophie näher bestimmt. Hegel unterscheidet Einheiten, die ein
„Ganzes“ sind, von den Einheiten, die eine „Totalität“ bilden. Für das
Allgemeine verwendet er die Kategorien „abstrakt allgemein“ und „konkret
allgemein“. Diese Kategorien sind nicht nur eine andere Bezeichnung für das in
der Systemtheorie Unterschiedene, sondern erhalten eine tiefere Bedeutung. Hegels System der
Wissenschaft
In Hegels System der Wissenschaft[12]
gewinnt jede Kategorie ihre inhaltliche Bedeutung aus ihrer Stellung im
Gesamtsystem, und sie entsteht aus der Bewegung der Inhalte, d.h. der „Sache“[13]
selbst. Das Gesamtsystem teilt sich in seine Momente Logik,
Naturphilosophie und Geistphilosophie (letzteres entspricht inhaltlich der
Philosophie des Sozialen bzw. der Gesellschaft). Die Logik gliedert sich selbst
auch in drei Momente: die Seinslogik („Logik der Unmittelbarkeit“), die
Wesenslogik („Logik der Vermittlungen“) und die Begriffslogik („Logik der
Freiheit“)[14]. In
der Logik geht es um das Begreifen eines Gegenstandes in seiner Totalität, als
Gesamtheit seiner Beziehungen, wobei er „zuerst genommen wie er
ist, dann wie er sich widerspricht, endlich wie der die concrete Identität der
Entgegengesetzten ist.“[15]
Abb.
1: Grundstruktur der Hegelschen Logik (unter Berücksichtigung einer Bemerkung
von Marx) 1. Der Ausgangspunkt ist der jeweilige
Gegenstand ohne die Vielfalt seiner Bestimmungen, d.h. in abstrakter Weise.
Dieser Ausgangspunkt wird vom Verstand bereit gestellt, der die „unmittelbar
vereinten abstrakten Bestimmungen auseinanderreißt
und vom Gegenstande abtrennt“[16]. 2. Nun werden wir bei jedem der möglichen
sinnvollen Gegenstände (die nicht selbst abstrakte Objekte sind) feststellen,
dass das Erfassen des Abstrakten nicht befriedigt. Wir erkennen, dass Faktoren,
die vorerst als Unvermittelte isoliert (d.h. von ihren Zusammenhängen
abstrahiert) wahrgenommen oder gedacht wurden, letztlich doch in einem
Zusammenhang stehen, miteinander vermittelt sind. Sie haben eine
unterscheidende, eine negierende Beziehung zu einem Anderen. Das Andere ist
eine Negation des Etwas. Es ist sein Anderes und damit sein Gegensatz.
Eine Formel für das Auffinden der „Negierung“ kann dabei nicht angegeben
werden, diese lässt sich nur aus dem konkreten Inhalt der Ausgangskategorie
selbst ableiten. 3. Die Vermittlung, d.h. der Zusammenhang
zwischen den gegensätzlichen Momenten, stellt selbst wieder eine Einheit dar,
diesmal aber nicht mehr eine abstrakte, sondern eine konkrete, die ihre Momente
enthält. Es wird ergründet, welcher Zusammenhang das Andere zum Anderen des
Etwas macht. Dieser Zusammenhang beinhaltet dann das Etwas und seine Negation, er ist
selbst widersprüchlich. In der dialektischen Logik soll die Welt bzw. jeder
Gegenstand als Einheit all ihrer widersprüchlichen Momente begriffen werden.
Dabei entsprechen den in Tabelle 1 dargestellten drei Momenten der Logik auch
unterschiedliche Momente der begreifenden Vernunft.
Tab. 1: Die drei
Momente der Logik Sinnlich-Einzelnes kann
durch die sinnliche Gewissheit als Vorstufe der Wahrnehmung festgestellt
werden.[19].
Diese Gewissheit wird gewöhnlich als Verweis auf das Sinnlich-Konkrete
genommen, aber Hegel zeigt, dass die sinnliche Gewissheit, weil inhaltlich noch
unterbestimmt, abstrakt ist[20].
Ein wichtiger Ausgangspunkt aller Dialektik ist die nicht nominalistische
Annahme, dass die Welt, das Konkrete, kein Konglomerat von isolierten Dingen
ist, denen quasi nachträglich Beziehungen hinzugefügt werden, sondern dass das
Konkrete selbst eine in sich gegliederte Mannigfaltigkeit widersprüchlicher
Beziehungen ist, die es zu begreifen gilt. Die Unterscheidung von
Abstraktem und Konkretem weicht hier vom gewöhnlichen Sprachgebrauch ab. Dieser
würde im Konkreten das sinnlich Wahrnehmbare sehen und im Abstrakten deren
möglicherweise mathematisierbare Beziehungen. Philosophisch ist jedoch folgende
Bestimmung angemessener: Abstrakt ist etwas, von dessen inhaltlichen Bestimmungen
abstrahiert wird und dies betrifft die sinnliche Gewissheit ebenso wie solche
Ganzheiten, die als abstrakte Gemeinsamkeiten gebildet werden. Gegenüber den
konkreten Totalitäten, die im Begriff erfasst werden, unterscheiden sich jene
Ganzheiten dadurch, dass in ihnen noch von ihren widersprüchlichen Momenten
abstrahiert wird. Der Weg der Erkenntnis ist
deshalb ein Aufsteigen vom Abstrakten zum Konkreten. Das sinnlich oder gedanklich
Einzelne wird in seinen Beziehungen und inhaltlichen Bestimmungen erkannt,
Abstraktionen werden dabei mehr und mehr aufgehoben. Alles vorher isoliert und
vereinzelt Erscheinende wird in seinen Zusammenhängen genommen. Alles Dingliche
wird „verflüssigt“. Dies ist es auch, was Marx als dialektische Methode für
seine Kritik der politischen Ökonomie von Hegel übernimmt: die „Methode, vom
Abstrakten zum Konkreten aufzusteigen [...] die Art für das Denken [...], sich
das Konkrete anzueignen, es als ein geistig Konkretes zu reproduzieren.“[21] Dabei sind auch die
Abstraktionen notwendige Schritte im Erkenntnisprozess. Denn natürlich ist es
notwendig, einzelne Gegenstände aus der Fülle der Erscheinungen als mit sich
identisch und von anderen verschieden zu erfassen (Abstraktion: Vereinzelung)
und es macht auch Sinn, Gemeinsamkeiten der einzelnen Gegenstände zu erfassen,
wobei von den Unterschieden der Gegenstände auch abstrahiert werden kann
(Abstraktion: Verallgemeinerung). Beide Abstraktionen sind Ergebnisse der
Tätigkeit des Verstandes, im Unterschied zur Tätigkeit der Vernunft.
Der Verstand erfüllt die Aufgabe der
Differenzierung, indem er die „unmittelbar vereinten abstrakten Bestimmungen
auseinanderreißt und vom Gegenstande abtrennt“[22]. Wenn der Verstand das Getrennte
wieder in eine Einheit überführt, so ist das Ergebnis ebenfalls nur abstrakt:
„Die Tätigkeit des Verstandes besteht überhaupt darin, ihrem Inhalt die Form
der Allgemeinheit zu erteilen, und zwar ist das durch den Verstand gesetzte
Allgemeine ein abstrakt Allgemeines, welches als solches dem Besonderen
gegenüber festgehalten [...] wird.“[23]
Wie Karl Marx betont, bleibt vor allem der „gesunde Menschenverstand“ gefangen
in einem unentschlossenen Entweder - Oder dieser beiden Sichtweisen, weil er
„da, wo es ihm gelingt, den Unterschied zu sehen, die Einheit nicht sieht, und
[...] da, wo er die Einheit sieht, den Unterschied nicht sieht“[24].
Als Vergleich sind hier vielleicht die bekannten „Kippbilder“ angebracht: Man
sieht einen Umriss entweder als Darstellung einer Ente oder eines Hasen,
niemals beides zusammen.[25]
Ebenso kann man die Gesellschaft einerseits als Summe der Handlungen seiner
Akteure sehen und andererseits als netzwerkartiges System, die sich gegenseitig
erzeugen, hervorbringen und einschränken bzw. ermöglichen. Der Blick kippt dann
ständig zwischen der Erzeugung des Ganzen durch die Akteure und der Strukturierung
des Handelns durch das Ganze hin und her.
Eine solche Differenzierung und Abstraktion
ist also nicht grundsätzlich falsch, sondern „ein notwendiges Moment des
vernünftigen Denkens“[26].
Falsch wird es nur dann, wenn beim Ergebnis des Verstandes stehen geblieben wird,
wenn dies als vollständige Erkenntnis verabsolutiert wird, d.h. wenn
„Verstandes-Borniertheit“[27]
entsteht. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn bei jener Ganzheit, in der das
Gemeinsame seiner Teile hervorgehoben wird – also dem Abstrakt-Allgemeinen,
stehen geblieben wird. Ganzes und Totalität
Aus systemischer Sicht sind nun zwei
Systemtypen zu unterscheiden:
Die traditionelle Systemtheorie tendiert dazu,
sich auf abstrakte Allgemeinheiten zu beschränken.[28]
Auch eine Einbeziehung von Evolutions- und Emergenzphänomenen wird versucht.[29]
Was unterscheidet nun die abstrakte Form der
Erfassung der Allgemeinheit (als Ganzes) von der konkreten (als Totalität)?[30]
Schauen wir zuerst, was das Verhältnis von Ganzen und Teilen ausmacht: Teile
sind selbständig gegeneinander und gegen das Ganze, sie können auch einzeln und
ohne das Ganze existieren. Als Teile eines Ganzen werden sie als in Wechselwirkung
miteinander stehend betrachtet, sie unterhalten Beziehungen, sie sind durchaus
auch unterschiedlich bis gegensätzlich, aber ihre Einheit im Ganzen ist nur ein
äußerliches Aufeinandertreffen. Die Teile gehen nur insoweit in das Ganze ein,
als sie zur Identität des Ganzen beitragen. Sie werden vom Ganzen subsumiert,
so dass andere Besonderheiten außer jenen Bestimmungen, die sie als Teile des
Ganzen ausweisen, verschwinden (nicht aufbewahrt/aufgehoben werden). Das Ganze
und die Teile können auseinander abgeleitet werden, aber jeweils nur in einer
Richtung. Das heißt: Wir können das Ganze als vorausgesetzt annehmen, dann
lassen sich die Teile aus dem Ganzen ableiten bzw. erklären. Oder wir können
die Teile als vorausgesetzt annehmen und das Ganze aus ihnen ableiten. Wir kommen damit zu keiner wirklichen Einheit
von Ganzem und seinen Teilen, sondern verbleiben in einer „Tätigkeit, die
Gegensätze festzustellen und von dem einen zum anderen zu gehen, ohne aber ihre Verbindung und durchdringende Einheit
zustande zu bringen“[31],
wie Hegel diese einseitigen Reflexionen bestimmt. Welche Art andere Einheit, welche
„durchdringende Einheit“, wäre möglich? Wenn Ganzes und Teile nicht mehr ohne
das jeweils andere denkbar sind, wenn sie ihre Selbständigkeit voneinander
verlieren. Dann sind wir in die Begriffslogik übergegangen und sprechen jetzt
von Momenten in einer Totalität. Die Momente existieren nicht mehr außerhalb
der Totalität, sie werden von der Totalität in ihrer Entwicklung gebildet und
sich untergeordnet. Kein Moment existiert ohne die anderen und die Totalität
und ihre Momente setzen einander jeweils voraus, keins kann ohne das andere
existieren. Die Momente sind nicht mehr nur als unterschiedliche, bzw. gegensätzliche
– aber einander äußerliche – bestimmt, sondern sie sind widersprüchlich, denn
sie enthalten „die ihr andere Bestimmung in sich“[32].
Das bedeutet für die Momente, dass nicht nur die jeweilige Identität dem Ganzen
subsumiert wird, sondern dass auch die Unterschiede, die Besonderungen erhalten
bleiben.
In der Totalität werden die Unterschiede nicht auf das Identische reduziert,
wie im Ganzen, sondern die mannigfaltigen Besonderheiten bleiben erhalten.
Nicht alle Teile in einem Ganzen sind Momente der Totalität. Für eine als
Totalität genommene systematische Einheit die bestimmenden Momente zu finden,
ist das Ergebnis harter wissenschaftlicher Arbeit. Die Momente sind nicht, wie
eventuell noch die Teile, empirisch als Dinge vorfindbar. Zusammenfassend zeigt die folgende Tabelle die
wesentlichen Unterschiede von Totalität und Ganzem.
Tab. 2: Der
Unterschied zwischen einem System als Totalität und einem System als Ganzes Wenn wir davon ausgehen,
dass alles Konkrete eine dialektische Einheit mannigfaltiger und
widersprüchlicher Momente darstellt, so besteht die Aufgabe im erkennenden
Begreifen darin, von den Abstraktionen jeweils zu angemessenen Konkretionen zu
kommen, die Abstraktionen aufzuheben, so dass der konkrete Gegenstand als
geistig Konkretes reproduziert wird.[33]
Begreifende Erkenntnis bedeutet deshalb ein Zur-Vernunft-Kommen des Verstandes. Während
der Verstand die Beziehungen zwischen Teilen und Ganzem erkennen kann, zielt
die Vernunft auf das Begreifen der Bewegung der Totalität ab. Ein Gegenstand
ist eine Totalität, insofern von keinen Zusammenhängen und Beziehungen
abstrahiert wird.[34]
Diese Beziehungen beinhalten nicht nur beliebige Unterschiede, sondern
gegensätzliche Bestimmungen. Die Einheit von Gegensatz und Einheit bildet den
bewegungsbestimmenden Widerspruch. Eine Systemform, die diese Dialektik
enthält, müsste ein dialektisches System als Bewegungsform wesentlicher
Widersprüche begreifen. Totalität Gesellschaft
Das Verhältnis Gesellschaft-Individuum[35]
Auch für den Gegenstand
Gesellschaft (der die Spezifik der menschlichen Lebensweise im Unterschied zu
tierischen Sozialformen enthält) und den Gegenstand Gesellschaftsform (der
zusätzlich die innere Differenzierung verschiedener Gesellschaftsformen
erfasst) gibt es die beiden Systemauffassungen: die wesenslogische Ganzheit und
die begriffslogische Totalität. Die Gesellschaft/Gesellschaftsformation als
Ganzheit zu erfassen ist eine Voraussetzung, die später aufgehoben wird. Auf
dem Weg des Begreifens der Gesellschaft als Totalität (3.) werden die Stufen
der Unmittelbarkeit (1..) und der Vermittlung (2.) durchlaufen.[36]
1. Nehmen wir also zunächst
die Gesellschaft als Ganzes, dessen Teile die Individuen darstellen. Teile und
Ganzes bilden dann ein „unmittelbares Verhältnis“[37].
Es gilt: „Die Teile sind voneinander verschieden und sind Selbständige“[38].
Solange wir
Individuen als Teile des Ganzen Gesellschaft verstehen, betrachten wir sie so,
als könnten sie auch ohne das Ganze existieren. Dies entspricht der Vorstellung
des isolierten Individuums (Hobbes, Locke, Sozialisationskonzepte). Auch die
Vorstellung der Gesellschaft als „Infrastruktur/Medium“[39]
denkt die Vermittlung in unmittelbarer Weise noch so, als wäre das Medium eine
Art Brei, in den die Menschen wie Rosinen eingebettet sind. Im unmittelbaren
Verhältnis sind die Teile noch beliebig, nicht durch das Ganze gesetzt. Johann
Erdmann kennzeichnet diese einfachste Vorstellung eines Verhältnisses als
Ganzes und Teile als atomistische Vorstellung[40]
und für sie gilt: „Das Ganze und die Teile ist das gedankenlose Verhältnis, auf
welches die Vorstellung zunächst verfällt; oder objektiv ist es das tote,
mechanische Aggregat, das zwar Formbestimmungen hat, wodurch die
Mannigfaltigkeit seiner selbständigen Materie in einer Einheit bezogen wird,
welche aber derselben äußerlich ist.“[41]
Das bedeutet, dass zwei Betrachtungsformen möglich sind, die durch ein „Auch“
verbunden werden können: A) Die Existenz der Teile (Individuen) wird angenommen
und ihr Allgemeines wird in einer ihnen äußerlichen Gemeinsamkeit
(Gesellschaftlichkeit) gesehen. B) Die Gesellschaft, das Allgemeine wird als
das real Existierende angenommen, welches die Teile (Individuen) aus sich
heraus setzt. Dem entspricht die Vorstellung der sozialen Prägung, bei der die
menschlichen Individuen ausweglos ihrer Gesellschaftsform unterworfen sind. Für
die erste Deutung (A) steht beispielsweise das neoliberale Modell von
Individualität und Gesellschaft (Margaret Thatcher: „Ich kenne keine
Gesellschaft, sondern nur Individuen“), bei der in der Gesellschaft nicht mal
ein Kooperationszusammenhang gesehen wird, sondern lediglich eine Ansammlung
von Menschen. Das Individuum wird dann wiederum reduziert auf seine Anpassungsleistung
an vorgegebene Regeln.[42]
2. Tiefer verstanden wird ein Verhältnis als
ein dynamisches, wenn das gegenseitige Aufeinanderwirken der Momente in die
Überlegung einbezogen wird. Weder die Teile, noch das Ganze sind dann wirklich
selbständig. Beispielsweise sind die Glieder eines lebendigen Leibes das, was
sie sind, nur in ihrer Einheit und verhalten sich gegen dieselbe keineswegs als
gleichgültig[43].
Menschliche Individuen sind das, was sie sind, nur als gesellschaftliche Individuen.
„Das Existierende ist [...] nur in einem Anderen, aber in diesem Anderen ist es
die Beziehung auf sich“[44]
Ein
menschliches Individuum ist ein Individuum (Beziehung auf sich) nur in der
Gesellschaft (Beziehung auf Anderes). Während die vorher
vorgestellte Trennung und Selbständigkeit von Teilen und Ganzem nur in der Vorstellung
existiert (abstrahiert von den wirklichen Zusammenhängen), ist das, was sich in
seiner Beziehung auf Anderes bestimmt, wirklich, es ist Wirklichkeit. Nicht
alles, was existiert, wird bei Hegel als „wirklich“ bezeichnet, sondern nur
Erscheinungen, die Erscheinungen ihres Wesens sind. Alles Wirkliche ist
Beziehung auf sich selbst durch das Andere hindurch. Wirkliches ist niemals
isoliert. Wir haben vorhin davon gesprochen, dass in der abstrahierenden
Vorstellung entweder die Individuen oder die Gesellschaft als existierend
angenommen wurden und das jeweils Andere als ihr Äußerliches hinzugedacht
werden. Als Wirkliches können beide Faktoren nicht mehr als einander Äußerliche
genommen werden, sondern eins enthält die Bestimmungen des Anderen. „Es ist
nichts im Ganzen, was nicht in den Teilen, und nichts in den Teilen, was nicht
im Ganzen ist. Das Ganze ist dann nicht mehr abstrakte Einheit, sondern die
Einheit als einer verschiedenen Mannigfaltigkeit;
diese Einheit aber als das, worin das Mannigfaltige sich
aufeinander bezieht, ist die Bestimmtheit desselben,
wodurch es Teil ist.“[45]
In der Gesellschaftlichkeit beziehen sich die Individuen
aufeinander, sie ist die Bestimmtheit der Individuen. Die Beziehungen zwischen
Individualität und Gesellschaftlichkeit sind keine äußerlichen Beziehungen
zwischen statischen Dingen, sondern die Momente Individualität und
Gesellschaftlichkeit sind jeweils ein dynamisches Verhältnis zwischen sich
selbst und dem jeweiligen Anderen. 3. Bisher wurde die Dynamik strukturell
betrachtet. Die Wirklichkeit als wesentliche Erscheinung ist ein dynamisches
strukturelles Verhältnis seiner Momente. Es wir deutlich, „dass die aneinander
Gebundenen in der Tat einander nicht fremd, sondern nur Momente eines
Ganzen sind, deren jedes in der Beziehung auf das andere bei sich selbst ist
und mit sich selbst zusammengeht.“[46]
Dieses In-Sich-Zurückgehen aus dem Anderen zeigt, dass die Vermittlung sich
aufhebt in eine Einheit, die nun die Mannigfaltigkeit ihrer Beziehungen zum
Anderen selbst enthält. Diese Einheit wird als „Totalität“ bezeichnet, sie ist
von nichts ihr Äußerlichem mehr abhängig. Erst ein Gegenstand, der als
Totalität begriffen ist, kann als frei verstanden werden, weil er „durch sich
selbst ist“, bzw. „von selbst ist“; d.h. nicht verursacht bzw. abhängig von
Anderem.[47].
Etwas als Totalität zu begreifen bedeutet dann, es aus seinen eigenen
Bestimmungen und Zusammenhängen zu erklären, als etwas, was sich selbst
bedingt.[48] Mit
diesem Schritt geht Hegel über das hinaus, was häufig als „Dialektik“ betrachtet
wird wird. Es geht nicht mehr nur um „Relatives, bedingt durch Anderes und
Anderes bedingend“[49],
sondern das „Bedürfnis der begreifenden Vernunft schreitet über diesen
Standpunkt der bloßen Relativität hinaus“
[50].
Hegel nennt „das eigene Selbst des
Gegenstandes [...], das sich als sein Werden
darstellt“[51], den Begriff
und die Sphäre der Begriffslogik ist deshalb auch die „Sphäre der Freiheit“[52].
Es geht darum, dass die Totalität ihre Bestimmungen aus sich selbst heraus
setzt, aus dem inneren Zusammenhang, der inneren Struktur. Indem etwas nur noch
seiner inneren Notwendigkeit folgt, ist es frei von einer Abhängigkeit von Anderem.
Es setzt alle Veränderungen aus sich selbst heraus und ist somit Subjekt. Dabei
bleibt es bei sich selbst[53];
es wird nichts Anderes, was noch außerhalb seiner wäre. „Entwicklung“ ist für
Hegel kein zeitlicher Begriff einer Zustandsveränderung, sondern der (logische)
Prozess, bei dem eine innere Bestimmung, eine an sich vorhandene Voraussetzung
sich zur Existenz bringt.[54]
Eine Totalität ist also nichts statisch-Identisches, sondern die
widersprüchliche Bewegung des Verhältnisses ihrer selbst mit der
widersprüchlichen Bewegung ihrer Momente. Die Entwicklung eines Begriffs in seiner
inneren Notwendigkeit kann in der Dialektik von Allgemeinem, Einzelnen und
Besonderen erfasst werden, denn der Begriff der Sache ist „das in ihr selbst
Allgemeine“[55]. Das
Allgemeine steht den Besonderen nicht als äußerliches und unveränderliches
System gegenüber, sondern das Allgemeine besondert sich selbst und da die
Besonderungen durch es selbst gesetzt sind, ist die Beziehung zu seinen
Besonderen auch die Beziehung auf sich selbst. Diese Art Verhältnis ist
insbesondere bei Menschen gegeben: Die allgemeine Natur eines Menschen (die
Erdmann wie Hegel in der Vernunft sieht) betätigt sich vermittels seiner
besondern Art (seines „Naturells“) in ihm; „deshalb ist er ein bestimmter
concreter Character und darin gerade bei sich“[56].
Jeder Einzelne hat das Allgemeine in sich, und das Allgemeine besondert sich in
den Einzelnen. Für den Einzelnen gilt, dass er umso einzigartiger wird, je mehr
er sich mit dem allgemeinen Inhalt erfüllt.
[57]
Jedes Individuum ist umso mehr individuell als es das Gesellschaftliche in
seiner spezifischen Weise ausdrückt. Für die Gesellschaft lassen sich die
Unterschiede zwischen Totalität und Ganzem, wie in der Tabelle 3 gezeigt, konkretisieren.
Tab. 3: Der
Unterschied zwischen Gesellschaft, begriffen als Totalität, und Gesellschaft,
erfasst als Ganzes Der Totalitätsgedanke überwindet damit die
Vorstellung des Neben- oder Nacheinander von Gesellschaftlichkeit und
Individualität. Gesellschaftlichkeit ist nur wirklich als Gesellschaftlichkeit
menschlicher Individuen und Menschen sind wirklich gesellschaftliche
Individuen. Die beiden Momente, die erst neben- oder gar gegeneinander
vorgestellt wurden, sind nun so ineinander verwoben, dass jedes das andere
enthält. Dieses Ineinanderverwobensein ist kein ununterscheidbarer Brei,
sondern eine in sich differenzierte Mannigfaltigkeit, die sich zeigt als
Bewegung, bei der die Totalität ihre eigenen (ihr wesenslogisch
entgegenstehenden) Momente aus sich heraus setzt. Gesellschaft ist kein
statisch-Gegebenes, sondern der Prozess der Herausentwicklung ihrer
Besonderungen. Gesellschaft wird – wie wir es oben für die dialektische
Systemsicht allgemein forderten – als Bewegungsform ihrer wesentlichen widersprüchlichen
Momente begriffen. Die Systemhaftigkeit des konkret-Allgemeinen
ist als Verhältnis zu fassen. Es geht nicht mehr um Dinge, auch nicht nur um
Prozesse und Bewegungen („Verflüssigung“), sondern um Verhältnisse, wobei die
Beziehung auf sich und die Beziehung auf Anderes als Einheit gefasst wird. [58]
Die wirkliche Gesellschaft ist eine
Gesellschaft, die durch das Handeln menschlicher Individuen gebildet wird –
wirkliche Individuen sind gesellschaftliche Individuen. Als Selbständige,
voneinander Getrennte erscheinen diese beiden Sphären (das Individuelle und das
Gesellschaftliche) nur in der abstrahierenden Vorstellung und der abstrahierenden
Wahrnehmung. Eine Gesellschaftstheorie, die diese abstrahierte Getrenntheit
abbildet, „verdoppelt“ diese Geschiedenheit. Eine kritische
Gesellschaftstheorie dagegen sucht nach jenen „inneren Mechanismen“, über die
individuelles Handeln gesamtgesellschaftlich wirksam werden kann, sie
hinterfragt die Getrenntheit und findet und erklärt die Zusammenhänge zwischen
den Individuen und zwischen Individuen und Gesellschaft in der Struktur, dem
Wesen der Gesellschaft, wie sie sich über die das Handeln der Individuen auf
sich selbst bezieht und wie die Individuen sich durch ihr gesellschaftliches
Handeln selbst erzeugen. Abb. 4: Besonderung der menschlichen Gesellschaftlichkeit Gesellschaftlichkeit bei Hegel und Marx
Selbstverständlich haben Hegel und auch Marx
die Gesellschaft als konkret Allgemeines betrachtet. Hegel bearbeitete dieses Thema unter dem Titel
des „Objektiven Geistes[59]“
in der „Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse. Dritter
Teil“[60]
und es ist auch Gegenstand der „Grundlinien der Philosophie des Rechts“[61].
Geschichtliche Aussagen trifft er in den „Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte“[62].
Viele Aussagen über Hegels Denken zeugen von Unkenntnis dieser Schriften[63].
Über seine Intensionen mag hier in aller Kürze der Teil eines Gedichts zeugen,
das er kurz vor seinem Tod schrieb[64]: Und käm’s, wie’s längst mich drängt, doch
loszuschlagen, So wär’ Dein Ruf ein Pfand, es noch zu wagen, Mit Hoffnung, dass noch Geister ihm
entgegenschlagen, Und dass es nicht verhall’ in leere Klagen, Dass
sie's zum Volk, zum Werke tragen! In der Gesellschaftstheorie von Hegel zeigt
sich eine differenzierte Sicht, die in der Betrachtung des Verhältnisses der
Individuen untereinander und zur Gesellschaft dem Weg „vom Abstrakten zum
Konkreten“ folgt. Während im Bereich des Rechts (1. Sphäre entsprechend Abb. 1)
die Individuen nur als einander gleichartige, vor dem Recht gleiche „Personen“
ohne individuelle Besonderheiten vorkommen (was die Grundlage ihrer Rechte und
Freiheiten ist), werden sie in der Welt der Moralität zu „Subjekten“, deren
Differenz das Wesentliche ist[65]
(2. Sphäre). In der dadurch gegebenen Möglichkeit der individuellen
Selbstbestimmung liegt dann ihre Gemeinsamkeit. Den höchsten Zustand der
Menschlichkeit, die Sittlichkeit (3. Sphäre) ist dann begriffen, wenn wir sehen,
dass die individuelle Selbstbestimmung nicht willkürlich und beliebig ist,
sondern sich begründet aus den Vermittlungen mit den anderen und der
gesellschaftlichen Totalität. Im sittlichen Staat sieht Hegel eine „einz[elne]
Gesellschaft von Freien“[66],
wobei Hegel selbstverständlich anerkennt, dass es existierende Staatsgebilde
gibt, die diesem Begriff nicht entsprechen – und dass er dies für seine
Gegenwart auch annimmt, zeigt sich deutlich in dem Gedicht. Zeitlich verändern sich die „Gestalten“ des
Geistes, d.h. der wirklichen Welt „in welcher der Riss zwischen dem Subjektiven
und dem Objektiven aufgehoben ist“[67].
In der gesellschaftlichen Entwicklung gibt es, im Unterschied zu den zeitlichen
Veränderungen in der Natur, besondere Widersprüche durch die Wirkung von Bewusstsein
und Willen.[68] Und
obwohl nach Hegel der tendenzieller Geschichtsverlauf ein „Stufengang der Entwicklung
des Prinzips, dessen Gehalt das Bewußtsein der Freiheit ist“[69],
gibt es bei ihm explizit die Unterscheidung zwischen dieser Tendenz und dem
realen Verlauf der Geschichte, die nicht rein logisch vorherbestimmt ist,
sondern von historischen Voraussetzungen abhängt. Der junge Karl Marx fand seine Kritik an den
gesellschaftlichen Zuständen ebenfalls getragen vom Hegelschen Werk, besonders
in der Möglichkeit, Kritik zu begründen: „Das Beschränkte kann durch seine
eigene Wahrheit die in ihm liegt, angegriffen und mit dieser in Widerspruch
gebracht werden; es gründet seine Herrschaft nicht auf Gewalt Besonderer gegen
Besondere, sondern auf Allgemeinheit; diese Wahrheit, das Recht, die es sich
vindiziert, muß ihm genommen und demjenigen Teile des Lebens, das gefordert
wird, gegeben werden.[70]
Wie Sahra Wagenknecht analysiert[71],
entwickelte Marx in seinen Frühschriften das abstrakte Menschenbild von
Feuerbach weiter (ihm Sinnlichkeit und Gegenständlichkeit gab), und verwendete
dieses als überhistorisches „Gattungswesen“ als Maßstab der Kritik der ihn
umgebenden Gesellschaftlichkeit: „Wir müssen also das Maß des Wesens der inneren
Idee an die Existenz der Dinge legen [...]“. [72]
Nach dem Maßstab eines unentfremdeten Gattungswesen zeigt sich die existierende
Gesellschaftsform für ihn als „entfremdet“. Diese Form der Kritik verließ Marx
später; der Maßstab der Gesellschaftlichkeit „muß aus der Natur der jeder
Produktionsweise eigenthümlichen Verhältnisse, nicht aus ihr fremden Vorstellungen
entlehnt werden.“[73]
Die Analyse des „Kapital“ als wesentlichem Verhältnis seiner und unserer Zeit
orientiert nun auf die inneren Widersprüche der gegebenen Gesellschaftsform,
aber durchaus mit der Absicht, über diese hinaus zu einem „foreshadowing der Zukunft“[74]
zu gelangen. Es geht darum, „die
jetzigen Bedingungen der Produktion als sich selbst aufhebende und daher als historische
Voraussetzungen für einen neuen Gesellschaftszustand setzende“ [75]zu
begreifen. Diese Arbeit bleibt uns weiterhin aufgegeben. [1] „Wir müssen unterscheiden zwischen gesamtgesellschaftlicher Kooperation als Wesensbestimmung der menschlichen Lebensgewinnungsform überhaupt und Kooperationen auf Handlungsebene als interpersonalem Prozess zwischen Individuen.“ (Klaus Holzkamp: Grundlegung der Psychologie. Campus, Frankfurt am Main, New York, 1985, S. 325, kursiv von A.S.) Zur näheren Bestimmung von Interaktion und personaler Kooperation in ihrer Differenz gegenüber der Gesellschaftlichkeit siehe auch Annette Schlemm: Jeder Mensch ist natürlich gesellschaftlich. 2001. Internet: http://www.thur.de/ philo/kp/naturmensch.htm (2008-02-30) und Stefan Meretz: Der wilde Dschungel der Kooperation. In: Christoph Spehr (Hrsg.): Gleicher als andere. Eine Grundlegung der freien Kooperation. Karl Dietz Verlag, Berlin, 2003, S. 144-152. [2] Klaus Holzkamp: Grundlegung der Psychologie. A.a.O., S. 184. [3] Hans-Gert Gräbe, Stefan Meretz: Debatte. In Meretz, Stefan: Der wilde Dschungel der Kooperation. Internet http://http://www.opentheory.org/dschungel/text.phtml (2008-02-11) 2002. [4] Karl Karl: Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. Erster Band. Dietz-Verlag Berlin, 1988, S. 86. [5] „Die Warenproduzenten produzieren gegenseitig füreinander, also gesellschaftlich, aber sie produzieren nicht miteinander, sondern privat. Jeder Produzent arbeitet „für sich“ in einem rein technischen Sinne, jedoch gleichzeitig nicht „für sich“ im Sinne des herzustellenden Gebrauchswerts. Daß er technisch für sich (privat) arbeitet, jedoch sozial-ökonomisch für andere (gesellschaftlich), schlägt sich für ihn als --- Abstraktionsprozeß seiner eigenen Arbeit nieder, der sich auf das Produkt überträgt.“ (Robert Kurz: Abstrakte Arbeit und Sozialismus. Zur Marx'schen Werttheorie und ihrer Geschichte. Marxistische Kritik Nr. 4, Dez. 1987, S. 99 f.)) Marx fasste die Folgen dieses Zustands unter dem Begriff der Entfremdung zusammen: „Der Gegenstand, den die Arbeit produziert, ihr Produkt, tritt ihr als ein fremdes Wesen, als eine von dem Produzenten unabhängige Macht gegenüber.“ (Karl Marx: Ökonomisch-Philosophische Manuskripte. In: Karl Marx, Friedrich Engels: Werke Band 40, Dietz-Verlag, Berlin, 1990, S. 511) Dies führt zur Entfremdung des Individuums von sich selbst, zur Entfremdung gegenüber anderen Menschen, gegenüber der gesamten Menschheit und gegenüber seiner inneren und äußeren Natur. [6] Karl Marx: Das Kapital. A.a.O., S. 74. [7] Adam Smith: Reichtum der Nationen. Voltmedia, Paderborn, S. 26. [8] vgl. auch Annette Schlemm: Jeder Mensch ist natürlich gesellschaftlich. A.a.O. [9] Nominalismus: Denkströmung, bei der nur die Existenz des Einzelnen anerkannt wird und alles Allgemeine und alle Zusammenhänge als sekundäre, nachträgliche Erscheinungen angesehen werden. Die Annahme, dass die Welt auf eine solche Weise strukturiert sei, ist die Grundlage für analytische Konzepte wie jenes von Bertrand Russell (Bertrand Russell: Philosophie. Die Entwicklung meines Denkens. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main, 1992, S. 13, 72) und der im 20. Jahrhundert sehr starken Analytischen Philosophie. Auch die Postmoderne beruht auf einer weitgehenden Ablehnung von realen und übergreifenden Zusammenhängen. [10] Karl Marx: Ökonomisch-Philosophische Manuskripte. A.a.O., S. 538. [11] Ebd., S. 425. [12] Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Wissenschaft der Logik I. Auf d. Grdl. der Werke von 1832-1845 neu ed. Ausg., Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M., S. 18. [13] Ebd., S. 25, 74. [14] Ebd., S. 56, vgl. auch Annette Schlemm: Seins-, Wesens- und Begriffslogik bei Hegel. 2002. http://www.thur.de/philo/hegel/hegel3.htm. (2007-10-16) und Annette Schlemm: Wie wirklich sind Naturgesetze? Auf Grundlage einer an Hegel orientierten Wissenschaftsphilosophie. LIT-Verlag, Münster, 2005, S. 133 ff.; Bezeichnungen. Bezeichnungen in Anführungsstrichen nach Johann Eduard Erdmann: Grundriss der Logik und Metaphysik. Verlag von H.W. Schmidt, Halle, 1864. [15] Johann Eduard Erdmann. Grundriss der Logik und Metaphysik. A.a.O., S. 8-9. [16] Georg Wilhelm Friedrich Hegel:
Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse. Dritter Teil.
Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M., 1986, S.286. [17] Georg Wilhelm Friedrich Hegel:
Nürnberger und Heidelberger Schriften. Werke in 20 Bänden; Band 4. Suhrkamp
Verlag, Frankfurt am Main, 1970, S. 413. Schon in einer frühen Schrift benennt
Hegel primär diese zweite Sphäre der Vermittlung als Dialektik: „Das Dialektische
ist die Bewegung und Verwirrung jener festen Bestimmtheiten, - die negative
Vernunft Das Spekulative ist das positiv Vernünftige, das Geistige,
erst eigentlich Philosophische.“ (Ebd., S. 413; vgl. auch Georg Wilhelm
Friedrich Hegel: Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse.
Erster Teil.
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1986, S. 176) Dies könnte als
Rechtfertigung dafür gelten, bei diesem zweiten Schritt des logischen Fortgangs
bei Hegel stehen zu bleiben und die dritte Sphäre als nicht mehr zur Dialektik
gehörende abzuwerten (als „idealistische Spekulation“ oder „Totalitarismus“)
und beim eigenen Bezug auf Dialektik unberücksichtigt zu lassen. Hegel betont
allerdings berechtigterweise, dass die Vermittlungen und dialektischen
Beziehungen und Wechselwirkungen in der zweiten Sphäre ihren Grund in der dritten
Sphäre, der Selbstbewegung des Begriffs, d.h. der Totalität des
Ausgangsgegenstands, haben (Georg
Wilhelm Friedrich Hegel: Wissenschaft der Logik II. Auf d. Grdl. der Werke von
1832-1845 neu ed. Ausg., Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M., 1990, S. 557
ff.), so dass in der zweiten Sphäre nicht stehen geblieben werden kann. [18] Georg Wilhelm Friedrich Hegel:
Nürnberger und Heidelberger Schriften. A.a.O., S. 413. [19] Georg Wilhelm Friedrich Hegel:
Phänomenologie des Geistes. Werke in 20 Bänden; Band 3. Suhrkamp
Verlag, Frankfurt am Main, 1970, S. 82 ff.. [20] Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Wer
denkt abstrakt. Werke in 20 Bänden; Band 2. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am
Main, 1970, S. 575 ff.. [21] Karl Marx: Grundrisse der Kritik der
politischen Ökonomie. In: Karl Marx, Friedrich Engels: Werke. Band 42. Dietz
Verlag, Berlin, 1983, S. 35. Marx fügt hinzu, dass diese Methode „keinesfalls
aber der Entstehungsprozeß des Konkreten selbst“ ist. Dies würde auch Hegel so
sehen. Hegels „Entäußerung“ (Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Nürnberger und
Heidelberger Schriften. A.a.O., S. 11, Georg Wilhelm Friedrich Hegel:
Phänomenologie des Geistes. A.a.O., S. 575) ist an keiner Stelle als „reales
Entstehen“ misszuverstehen. Hegel spricht auch selbstverständlich vom
„Voraussetzen der Welt als selbständiger Natur“ (Georg Wilhelm Friedrich Hegel:
Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse. Dritter Teil. A.a.O.,
S. 29). Aber von dieser Natur, wie sie ohne das menschliche Erkennen wäre,
können wir nicht sprechen. Ob wir es wollen oder nicht: Begreifende Wesen
finden die Welt als eine vorausgesetzte ebenso vor, wie sie ihr
„geistig Konkretes“ im Erkenntnisprozess tatsächlich erzeugen und von daher dann
wieder die vorausgesetzte Welt zu erkennen suchen. (vgl. Georg Wilhelm
Friedrich Hegel: Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse.
Dritter Teil.
A.a.O., S. 34). Diese ständige Doppelläufigkeit wird bei Hegel immer
mit gedacht, und seine Formulierungen sind leider sehr missverständlich. Es
gibt aber auch deutliche Anmerkungen, die zeigen, dass es Hegel in durchaus
materialistischer Weise darum geht, „die Natur zu erkennen, wie sie ist“ (Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesung
über Naturphilosophie 1821/22. Nachschrift von Boris von Uexküll. Peter Lang.
Europäischer Verlag der Wissenschaften, Frankfurt am Main, Berlin, Bern, New
York, Paris, Wien, 2002, S. 9; :9,
vgl. dazu auch Georg Wilhelm Friedrich
Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Religion. In: G.W.F. Hegel Werke in
20 Bänden. Band 16. Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag 1970, S.
17 f.). [22] Georg Wilhelm Friedrich Hegel:
Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse. Dritter Teil. A.a.O.,
S. 286. [23] Georg Wilhelm Friedrich Hegel:
Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse. Erster Teil. A.a.O.,
S. 169. [24] Karl Marx: Die moralisierende Kritik und die kritisierende
Moral.
In: Karl Marx, Friedrich Engels. Werke Band 4. Dietz-Verlag, Berlin, 1959, S.
339. [25] Dabei ist die Präferenz der
Gestaltbildung kontextabhängig: zu
Ostern sehen 77% der Menschen in diesem Bild einen Hasen, im Herbst sehen
dagegen 88% einen Vogel (Ente, Gans, Storch). [26] Georg
Wilhelm Friedrich Hegel: Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im
Grundrisse. Dritter Teil. A.a.O., S. 286. [27] Karl
Marx: Zur
Judenfrage. In: Karl Marx, Friedrich Engels. Werke Band 1.
Dietz-Verlag, Berlin, 1961. S. 361. [28] Zur Kritik dazu siehe Camilla Warnke: Die “abstrakte” Gesellschaft. Berlin: Akademie-Verlag, Berlin, 1974 und Annette Schlemm: Ersetzt Selbstorganisationsdenken die Dialektik? In: Vorschein Nr. 25/26. Jahrbuch 2004/2005 der Ernst-Bloch-Assoziation (Hrsg.: Doris Zeilinger). ANTOGO-Verlag, Nürnberg, 2006, S. 127-158. (Internet: http://www.thur.de/philo/project/salecina/salecina.htm) (2008-02-05). [29] Klaus
Eder (1973): Einleitung. In: Seminar: Die Entstehung von Klassengesellschaften.
Hrg. von Klaus Eder. Suhrkamp, Frankfurt am Main, 1973. S. 7-11; Klaus Eder:
Komplexität, Evolution und Geschichte. In: Theorie der Gesellschaft oder
Sozialtechnologie. Beiträge zur Habermas-Luhmann-Diskussion. Suhrkamp,
Frankfurt am Main,. 1975, S. 9-43; Wolfgang Hofkirchner: Information und
Selbstorganisation – Zwei Seiten einer Medaille. In: Fenzl, N., G. Stockinger
(Hg.): Information und Selbstorganisation. Annäherungen an eine vereinheitliche
Theorie der Information. Studienverlag, Innsbruck, 1998, S. 69-102. [30] Vgl.
auch Annette Schlemm: Typen von Systemen: Ganzheit und Totalität. (2002).
Internet: http://www.thur.de/philo/hegel/hegel6.htm.
(2008-02-05), Annette Schlemm: Verhältnis Teile-Ganzes. (2003) Internet: http://www.thur.de/philo/project/salecina/ganzes.htm.
(2008-02-05). [31] Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungen über die
Philosophie der Religion. Werke in 20 Bänden; Band 3. Suhrkamp
Verlag, Frankfurt am Main, 1970, S. 197. [32] Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Wissenschaft der Logik II.
A.a.O., S. 65. [33] Vgl. Karl Marx: Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie. A.a.O., S. 35. [34] Auf jeder empirisch-historischen Stufe
der Entwicklung und Erkenntnisfähigkeit der Menschen wird das Ausmaß der
erkannten Beziehungen begrenzt sein. Ebenfalls gilt es, die Wirkung der
begrenzten maximalen Wirkungsausbreitungsgeschwindigkeit im Universum zu berücksichtigen,
worauf Herbert Hörz hinweist. Trotzdem behauptet die Annahme der Totalität,
dass es keine grundsätzlichen „Trennwände“ oder unüberwindbare Klüfte zwischen verschiedenen Gegenständen
gibt. Inzwischen gelingt es z. B. bereits, Wissen über die eventuelle Existenz
von anderen Universen zu gewinnen, die keine direkte physikalische Verbindung
mit unserem haben. Allein dass wir aus der Erkundung unseres Universums
indirekt ernsthaft auf ihre mögliche Existenz hingewiesen werden, zeigt die
Nichtisolierbarkeit wirklicher Seinsbereiche. [35] Explizit behandelt Hegel das Verhältnis des Individuellen zum menschlich Allgemeinen vor allem in der „Phänomenologie“ (Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Phänomenologie des Geistes. A.a.O.), die hier aus systematischen Gründen nicht berücksichtigt wurde. Mehr hierzu siehe z.B. in Sahra Wagenknecht: Vom Kopf auf die Füße? Zur Hegelkritik des jungen Marx oder das Problem einer dialektisch-materialistischen Wissenschaftstheorie. Pahl-Rugenstein, Bonn, 1997, S. 56 ff.. [36] Wir müssen dabei berücksichtigen, dass
Hegel keinesfalls Aussagen über reale empirische gesellschaftliche Zustände
macht, sondern sein Thema ist die Philosophie der Gesellschaft (bei ihm
genannt: „des Geistes“), der es um das konkret allgemeine Verständnis der
gesellschaftlichen Prinzipien geht. Dass in empirisch vorfindbaren
gesellschaftlichen Zuständen diese Prinzipien mehr oder weniger erfüllt sein
können, thematisiert Hegel z.B. in seiner „Weltgeschichte“ (Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungen über die
Philosophie der Geschichte. In: G.W.F. Hegel: Werke in 20 Bänden. Band 12..
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1970.). [37] Georg Wilhelm Friedrich Hegel:
Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse. Erster Teil. A.a.O.,
S. 267. [38] Ebd.. [39] Hans-Gert Gräbe, Stefan Meretz:
Debatte. A.a.O. [40] Johann Eduard Erdmann: Grundriss der Logik und Metaphysik. A.a.O. S. 92. [41] Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Wissenschaft der Logik II.
A.a.O. S. 172. [42] Vgl. Heribert Zingel: Die Sozialphilosophie des Neoliberalismus. Einige Anmerkungen. In: Bildungsmaterial „Neoliberalismus und Wirtschaftstheorien – „Vom wirtschaftlichen Glücksversprechen“. Bildungszentrum Sprockhövel. O.J. [43] Georg Wilhelm Friedrich Hegel:
Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse. Erster Teil. A.a.O.,
S. 268. [44] Ebd., S. 267. [45] Georg Wilhelm Friedrich Hegel:
Wissenschaft der Logik II. A.a.O., S. 169. [46] Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Enzyklopädie
der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse. Erster Teil. A.a.O.,
S. 303. [47] Vgl. Johann Eduard Erdmann: Grundriss der Logik und Metaphysik.
A.a.O., S. 110, Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Enzyklopädie der
philosophischen Wissenschaften im Grundrisse. Dritter Teil. A.a.O., S. 26. [48] Camilla Warnke: Gesellschaftsdialektik und Systemtheorie der Gesellschaft im Lichte der Kategorien der Erscheinung und des Wesens. In: Heidtmann, B., Richter, C., Schnauß, G., Warnke, C.:Marxistische Gesellschaftsdialektik oder „Systemtheorie der Gesellschaft“? Akademie-Verlag, Berlin, S. 39. [49] Georg Wilhelm Friedrich Hegel:
Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse. Erster Teil. A.a.O.,
S. 254. [50] Ebd.. [51] Georg Wilhelm Friedrich Hegel:
Phänomenologie des Geistes. A.a.O., S. 57. [52] Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Wissenschaft der Logik II.
A.a.O., S. 240. Freiheit besteht nicht in Willkürlichkeit und
Unabhängigkeit von anderen, sondern: „Die Freiheit des Geistes ist aber nicht
bloß eine außerhalb des Anderen, sondern eine im Anderen errungene
Unabhängigkeit vom Anderen, kommt nicht durch die Flucht vor dem Anderen,
sondern durch dessen Überwindung zur Wirklichkeit.“ (Georg Wilhelm Friedrich
Hegel: Enzyklopädie der
philosophischen Wissenschaften im Grundrisse. Dritter Teil. A.a.O., S. 26) [53] Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften
im Grundrisse. Erster Teil. A.a.O., S. 309. [54] Georg
Wilhelm Friedrich Hegel: Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im
Grundrisse. Erster Teil. A.a.O., S. 309; vgl. auch Annette
Schlemm: Dass nichts bleibt, wie es ist…Die Dialektik der Entwicklung bei Hegel.
Vortrag auf der Tagung der Tagung der Ernst-Bloch-Assoziation in Berlin im
November 2007. Erscheint in der Zeitschrift VorSchein Nr. 30. Jahrbuch 2008 der
Ernst-Bloch-Assoziation (Hrsg.: Doris Zeilinger). Nürnberg: ANTOGO Verlag 2008.
Internet: (Internet: http://www.thur.de/philo/hegel/hegelvortrag2.htm)
(2008-02-25) [55] Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Wissenschaft der Logik I.
A.a.O., S. 26. [56] Johann Eduard Erdmann: Grundriss der Logik und Metaphysik. A.a.O., S. 123. [57] Ebd., S. 124. [58] Georg Wilhelm Friedrich Hegel:
Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse. Erster Teil. A.a.O.,
S. 267. [59] Geist ist für Hegel kein subjektiver
bzw. ideeller Begriff. Den Begriff des Geistes verwendet Hegel an einer Stelle
seiner Ausführungen, an der die Unterscheidung von subjektiv und objektiv bereits
überwunden ist, an der davon ausgegangen werden kann, dass die Welt selbst
vernünftig ist und sich im Geist deshalb die Vernünftigkeit der Welteinrichtung
und damit im unlöslichen Zusammenhang auch deren Erkenntnis im Bewusstsein der
Menschen zeigt. [60] Georg Wilhelm Friedrich Hegel:
Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse. Dritter Teil.
A.a.O.. [61] Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Grundlinien
der Philosophie des Rechts. Werke in 20 Bänden; Band 7. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1970. [62] Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungen über die
Philosophie der Geschichte. In: G.W.F. Hegel: Werke in 20 Bänden. Band 12.
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1970. [63] Zu großen Missverständnissen kommt es
vor allem, wenn die Hegelschen Begriffe und Kategorien einfach mit unserer
umgangssprachliche Verwendung der Worte verwechselt wird. So ist Hegels
„bürgerliche Gesellschaft“ nur jener Teil dessen, was wir heute „Gesellschaft“
nennen, der sich Wirtschaft im weitesten Sinne, also die Tätigkeiten zur
Bedürfnisbefriedigung dreht; was für ihn der wahre „Staat“ ist, hat nur wenig
mit dem politischen Gebilde zu tun, den wir „Staat“ nennen und „Sittlichkeit“
ist gerade die Überschreitung des bloß-Moralischen. Es ist auch zu bedenken,
dass es Hegel nicht um eine reine Beschreibung des Existierenden geht, sondern
um eine (philosophische) Begründung von Grundprinzipien (Wesenszügen, dem
Begriff als Darstellung der Totalität), die sich immer nur beschränkt in den
existierende Erscheinungen zeigen. [64] Nach Wilhelm Raimund Beyer: Hegel und
das Kreuzberger Völklein. In: Hegel: Natur und Geist. Ausstellungsführer der
Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin 14. Red. Andreas Arndt u. Wolfgang Virmond. Germinal, Bochum,
S. 77-87, 1988. S.
77. Ich danke Eckhard Siepmann für den Hinweis auf dieses Gedicht und den
Quellennachweis. [65] Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Grundlinien
der Philosophie des Rechts. A.a.O., S. 204. [66] Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Grundlinien
der Philosophie des Rechts. A.a.O., 109. [67] Georg Wilhelm Friedrich Hegel:
Phänomenologie des Geistes. A.a.O., S. 145, 325. [68] Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungen über die
Philosophie der Geschichte. A.a.O., S. 75. [69] Ebd.. [70] Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Frühe
Schriften. Die Verfassung Deutschlands. Werke in 20 Bänden; Band 1. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1970,
S. 459. [71] Sahra Wagenknecht: Vom Kopf auf die Füße? Zur Hegelkritik des
jungen Marx oder das Problem einer dialektisch-materialistischen
Wissenschaftstheorie. A.a.O.
[72] Karl Marx: Debatten über die Preßfreiheit.
In: Karl Marx, Friedrich Engels. Werke Band 1. Dietz-Verlag, Berlin, 1961, S.
49. [73] Karl Marx: Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. Erster Band.
Erste Ausgabe (1867). Gesamtausgabe. Zweite Abteilung. Band 5. Berlin: Dietz
Verlag 1983. [74] Karl Marx: Grundrisse der Kritik der
politischen Ökonomie. A.a.O., S. 373. [75] Ebd.. |