Neue Arbeit für Mühlheim

Institut für Neue Arbeit

Wege aus der Krise der Arbeit

... und anderswo

 

 

Eröffnung SKLAVEN-DEBATTE

Christian hat im CL-Krisis-Brett eine mail der Koelner Gruppe "Sklaven in Aufruhr", welche er mitiniitiert hat, eingespeist. Diese Gruppe hat sich die Gegenwehr gegen Arbeitszwangmassnahmen für Sozialhilfeempfänger als Aufgabe gestellt. Auch die Gruppe WILDCAT, die sich am Operaismus orientiert, engagiert sich dort und ihre Handschrift ist in der mail unschwer zu uebersehen.
Nun, die Sklaven-Debatte zum INA ist damit eroeffnet. Toll waere es, wenn viele Teilnehmer sich daran beteiligten, den ruhigen Platz hinter dem Bildschirm verlassen und sich einklinken würden. Ich auch? Richtig, genau Dich habe ich gemeint.

Sind die Vorhaltungen stichhaltig?Welche hälst Du für berechtigt? Wie siehst Du das INA, auch im Kontext einer noch fiktiven Aneignungsbewegung? Was sagt Dir zu, was wuerdest Du anders angehen? Was denkst Du zur Aktion "Schroeder"? Wir bewegen uns auf Neuland und brauchen dringend mal Feedback.
Dafuer danke ich schon mal.
(Unabhängig davon ist eine Antwort unsererseits schon in der Mache, dauert bei unserem personellen und finanziellen Notbetrieb noch etwas.)

 

Nachricht von : C.FRINGS@LINK-LEV.de (Christian Frings)
Betrifft : Re: INA AN SCHROEDER
Erstellungsdatum : 28.02.1999 17:27:00 S+2
Nachricht an : CL/GRUPPEN/KRISIS

Am 9.1.99 war auf diesem Brett unter dem Betreff "INA AN SCHROEDER" ein offener Brief an die Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland zu lesen. Darauf gibt es eine Antwort, die in der nächsten Nummer der Kölner Zeitung "kumm erus" erscheinen soll. Da er die in diesem Brett geführten Diskussionen und Beiträge berührt, leite ich ihn schonmal weiter.

Christian

*Ob Eigenarbeit oder Lohnarbeit,*
*wir haben von der Plackerei die Schnauze voll!*

Offener Brief an das Institut für Theorie und Praxis der Neuen Arbeit

Liebe Leute vom Institut,

nach den ersten Zeilen Eures offenen Briefes an die Bundesregierung haben wir gedacht, es könne sich nur um eine Satire handeln. Eure Sorge um die "Finanzierbarkeit unseres Sozialstaats", euer Vorschlag, in die Armut und Existenzangst des Mittelalters zurückzukehren - das alles wirkte zunächst wie eine polemische Satire auf das, was die sozialdemokratische Regierung angekündigt hat: mehr Druck auf Arbeitslose, jeden Job anzunehmen; Kürzungen bei der Sozialhilfe; Intensivierung der Arbeit; usw.

Am Ende des Briefs wurde uns allerdings klar, daß es Euch bitterer Ernst ist. Ihr wendet Euch tatsächlich an die Regierung, macht Vorschläge für weitere Sparmaßnahmen, dient Euch als Vordenker weiterer Kürzungen und Arbeitsprogramme an - und wollt dafür am Schluß auch noch Geld haben.

Euer Verhältnis zum Geld verstehen wir sowieso nicht: zuerst predigt ihr den Menschen, sie sollten "unabhängig vom Geldsektor" werden und malt "Eigenarbeit" und "Eigenversorgung" in den rosigsten Farben. Am Schluß haltet ihr aber wie alle anderen selber die Hand auf und bettelt um Staatsknete. Ist das dann keine "Alimentation" und trägt das nicht zum "Ausufern" des Staatshaushalts bei? Etwas mehr Bescheidenheit wäre doch angesagt. Überlegt nochmal, was ihr alles in Eigenarbeit selber machen könntet - das schafft dann Selbstvertrauen und Selbstzufriedenheit!

Jetzt mal im Ernst: in welcher Welt lebt ihr eigentlich? Den Armen wird in diesem Land ständig Geld weggenommen, von dem sie leben müssen. Auch der Staat verweist sie dabei auf Eigenarbeit: z.B. gibt es nur noch gebrauchte Möbel. "Sie haben doch als Arbeitsloser viel Zeit, da können sie die alten Sachen doch selber aufarbeiten", bekommen wir auf den Ämtern zu hören.

Es ist ein verflixter Unterschied, ob ich als Hobby einen Schrebergarten betreibe oder Tomaten und Cannabis auf dem Balkon züchte, oder ob mein täglicher Lebensunterhalt von dieser Arbeit abhängt. Dann *muß* ich arbeiten, und kann nicht wegen einer Migräne oder eines Beinbruchs doch lieber zum Supermarkt gehen. Wer von dieser bejubelten "Eigenarbeit" leben müßte, weil er nicht genug Geld hat, für die oder den ist das eine Scheißmaloche wie jede andere. Weil es nämlich aus Zwang und nicht aus Spaß an der Freude geschieht. Ob ich dabei für Geld oder direkt für meine Lebensmittel arbeite, es ist allemal ein Zustand der Unfreiheit - gemäß der biblischen Weisung: "Im Schweiße Deines Angesichts sollst Du Dein Brot essen". Oder fragt mal die Hausfrauen: die machen den ganzen Tag "Eigenarbeit" ganz "unabhängig vom Geldsektor"! Wie toll die das finden, könnt ihr an der Scheidungsquote ablesen.

Bis in die sprachlichen Formulierungen hinein liegt ihr voll auf der Linie der herrschenden Parteien, die uns "Arbeit, Arbeit, Arbeit" predigen. Ihr unterstützt das mit eurer alternativen Arbeitsmoral: "Eigenes Tun schafft Selbstvertrauen und Selbstzufriedenheit". Mit solchen Moralpredigten über den hohen Wert der menschlichen Schaffenskraft werden wir von der Schule an auf diese Arbeitsgesellschaft abgerichtet. Oder die Art, wie ihr das bißchen Geld, was uns der Staat zubilligt kennzeichnet: "Alimentation" und "ausufernde Konsumtivförderung von Arbeitslosen". Das sind die

Schlagworte derjenigen, die uns das Leben so zur Hölle machen wollen, daß wir schließlich bereit sind, jeden Scheißjob anzunehmen, oder wieder anfangen, unsere Wäsche mit der Hand zu waschen, weil kein Geld für ne Waschmaschine da ist. Die Parole "Nicht die Arbeitslosigkeit, sondern die Arbeit finanzieren" ("Investivförderung" heißt das bei Euch) stammt von Politikern wie der Kölner Sozialdezernentin Christiansen, die damit die Leute unter Androhung der Streichung der Sozialhilfe in Arbeit reinpreßt. Dabei wird sie gerne auf alternative Arbeitsprojekte zurückkommen, wenn die sich daran beteiligen, den Faulenzern mal den Wert der "Eigenarbeit" klarzumachen.

Wir haben alle Hände voll damit zu tun, uns die Arbeit vom Hals zu schaffen, die nur dazu dient, dieses wahnsinnige System aufrechtzuerhalten. Mit eurem Loblied auf Arbeit und Alternativbetriebe macht ihr Euch zu dessen hilfreichen Stütze. Dabei scheint es Euch auch nicht mehr zu stören, wenn jemand seinen Profit aus der Arbeit anderer zieht: "Auch gewöhnliche Betriebe sollen integriert werden, sofern sie sinnvolle und umweltverträgliche Dienstleistungen anbieten oder entsprechende Produkte anbieten oder vertreiben..." Ganz "gewöhnliche" Betriebe sind für uns ganz gewöhnliche Ausbeuter unserer Arbeitskraft, wobei es uns scheißegal ist, ob sie den blauen Engel auf ihre Produkte kleben dürfen oder nicht.

Wenn ihr wenigsten ernsthaft das Geld kritisieren würdet. Uns stinkt es auch, daß der gesamte Zusammenhang zwischen den Menschen über Geld läuft und vom Geld zerstört wird. Aber Ihr bemüht die Geldkritik nur da, wo ihr Euch Beifall von denjenigen erhofft, die an ganz bestimmten Stellen Geld einsparen wollen, z.B. bei den Arbeitslosen und SozialhilfeempfängerInnen. Für Euch selber bettelt ihr hingegen um

Geld und die "sinnvollen" Unternehmer sollen beim Vertrieb ihrer "sinnvollen" Produkte auch ihren Reibach machen können.

Weil Ihr in Eurer Geldkritik nicht ernsthaft seit (sonst könntet ihr nicht so naiv ein Loblied auf die Arbeit anstimmen), merkt ihr nicht, wem ihr zuarbeitet: dem Profit! Irgendwas müßt ihr im Sozialkundeuntericht falsch verstanden haben. Wenn der Staat seine Sozialausgaben einschränken kann, dann bedeutet das nicht, daß insgesamt weniger Geld da ist und wir uns auf dem Weg zur schleichenden Abschaffung des Geldes befinden. Es heißt nur, daß dieses Geld dann woanders ist: in den Taschen der Kapitalisten.

In dieser absurden Arbeitsgesellschaft müssen wir tagtäglich gegen den Zwang zur Arbeit und um unsere Mittel zum Leben *kämpfen*. Mit Euren Ratschlägen für weitere Sparmaßnahmen und Euren Konzepten für mehr Arbeit stellt ihr Euch in diesem Kampf auf die Seite der Herrschenden und der Ausbeuter. Schade!

"Sklaven in Aufruhr" (Köln, 25.2.99)

 

 

weitere Texte:

 

Aus der Satzung von INA e.V.

 

Berichte

 

Grundlagentexte

 

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siehe auch:

 

 

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