Neue Arbeit für Mühlheim

Institut für Neue Arbeit

Wege aus der Krise der Arbeit

... und anderswo

 

 

20 JAHRE SSM - 20 JAHRE GELEBTE UTOPIE
1979 - 1999

1979 besetzte die SSM das Gelände der ehemaligen Fabrik in der Düsseldorfer Straße 74 und verhinderte den Abriß der Gebäude. Seitdem hat die Gruppe dort viel Wohnraum geschaffen, während die Lagerräume für den Verkauf von Gebrauchtmöbel und Secondhand-Kleidung genutzt werden. Bei der SSM wurden von Anfang an auch Obdachlose und Behinderte Besitzer der selbstverwalteten Umzugs- und Entrümpelungsfirma, die unabhängig von staatlichen Zuschüssen den Lebensunterhalt sichert. Stets hat sich die SSM in das Stadtteilgeschehen eingemischt und viele Projekte auf den Weg gebracht. Das Neueste, das »Institut für Neue Arbeit«, wird in den Räumen der SSM realisiert.

"Neue Arbeit" und eingebettete Ökonomie

Die wirtschaftliche Sackgasse und die eskalierende Ausgrenzung erfordern neue Wege. Bei der »Neuen Arbeit« sind die Menschen nur noch mit einem Teil ihrer Arbeitszeit am Markte tätig. Den anderen Teil ihres Unterhalts erwirtschaften sie gemeinsam durch Eigenarbeit. Sie bauen sich ihren Wohnraum selbst, sie handwerken, sie betreiben Land- und Gartenbau, sie verwerten Gebrauchtes und häufen vielfaches Wissen an. Die verschiedenen Initiativen helfen und unterstützen sich gegenseitig. Als Arbeit gilt nicht mehr nur das, wofür man am Markte Geld erzielen kann, sondern alle Tätigkeit, die für die Gemeinschaft derer, die zusammenleben und -wirtschaften, wichtig ist. Wohnraum schaffen, Kochen, Umzüge fahren, Projekte starten, Kinder betreuen, ein Flugblatt schreiben; bei der »Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim" (SSM) ist das zum Beispiel alles Arbeit. Wobei mitten in dieser Vielfältigkeit auch Geistigbehinderte, Obdachlose und andere Ausgegrenzte ihren Platz finden. Jeder kann zu dieser Arbeit seinen Beitrag leisten, keiner ist zu alt, zu schwach, zu behindert. Die »Neue Arbeit« grenzt niemanden aus, sie verbindet die Stärken der Einzelnen miteinander und gleicht ihre Schwächen aus. Sie mag im einzelnen weniger produktiv sein als die jeweils spezialisierte, hochtechnisierte Erwerbsarbeit, im ganzen gesehen ist sie sehr effektiv, weil sie z.B. Heime und Berufsverkehr, Sozialarbeit und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen überflüssig werden läßt. Einerseits schafft solch eine Zusammenführung bisher verschiedenster Gesellschaftsbereiche eine neue Lebensqualität, zum anderen werden die Folgen sozialer Ausgrenzung vermieden wie psychische Erkrankungen, Drogenabhängigkeit oder Verrohung. An die Stelle von viel Geld tritt stofflicher Reichtum, an die Stelle von immer schnellerem Konsum Zufriedenheit mit der eigenen Leistung und dem Selbst-Geschaffenen. Aber auch »Neue Arbeit« hat ihren »Preis«. Die Menschen benötigen dazu Häuser und Produktionsmittel, kurz Ressourcen. Damit können sie sich einen ganz anderen Reichtum schaffen und brauchen ihre Isolation oder ihre Armut nicht mehr auszuhalten.

20 JAHRE SOZIALISTISCHE SELBSTHILFE MUELHEIM
Ein Fenster in die Zukunft

von Heinz Weinhausen, Köln

"Soviel Ende war nie". Mit diesem fulminanten Satz beginnt Robert Kurz sein Buch "Der Kollaps der Modernisierung". Und meint, dass die Epoche der sogenannten Moderne zu Ende geht, die 200 Jahre junge Arbeits- und Geldgesellschaft.

Von Heinz Weinhausen, Redaktion Koeln - Noch am Anfang des 19. Jahrhunderts gab es heftigen Widerstand gegen diese Gesellschaftsform, weil sie eine Enteignung von stofflichem Reichtum bedeutete. So spielte im Mittelalter das Geld nur eine marginale Rolle von 20% der wirtschaftlichen Leistung. Die Menschen versorgten sich noch selbst in Form der Grossfamilie und anderen Gemeinschaftsformen wie der Allmende. Wer beispielsweise Holz brauchte, konnte es sich im Wald nehmen. Oekonomie war noch eingebettet und nur ein Aspekt des gesamten Lebens.

Die Moderne hat die verwobene Ganzheit zerrissen. Heute verdiene ich - wenn ich noch Arbeit habe - mein Geld in der einen Ecke der Stadt, wohne in der anderen, kaufe in der Mitte ein, hole meine Tochter aus dem Kindergarten, besuche meinen Vater im Altenheim, fahre ins Gruene und fliege in Urlaub. Ich bin ueberall und nirgends, funktioniere, delegiere und konsumiere. Der inneren Leere entspricht die Wegwerfgesellschaft. Der gesellschaftlichen Isolierung entspricht die Gleichgueltigkeit der ueber Geld vermittelten Beziehungen. Der eigenen Ohnmacht entsprechen die Sachzwaenge der entbetteten Konkurrenzoekonomie und das Versagen des Sozialstaates.

Die Computertechnologie entzieht der Marktwirtschaft schliesslich den Boden. Wenn stetig und zunehmend mehr Arbeitsplaetze wegrationalisiert werden als ueberhaupt neue geschaffen werden koennen, dann ist dieses Gesellschaftssystem letztlich nicht mehr bezahlbar. Das ist die banale, aber vielfach verdraengte Ursache der vielen Krisenerscheinungen. Das Aufplustern der Aktien,- Finanz- und Kreditmaerkte ist nur Ausdruck eines Strohfeuers, das schliesslich erloeschen muss.

In diesen Epochenumbruch ist das Projekt SSM einzuordnen. Hier wird wieder an aeltere Wirtschaftsformen angeknuepft, allerdings nicht rueckwaertsgewandt, sondern in radikal-emanzipatorischer Weise. Statt Grossfamilie freiwilliger Zusammenschluss. Statt patriarchaler Hierarchie konkrete Basisdemokratie. Statt religioeser Dogmen vielfaeltiger Humanismus. Statt Monotonie vielseitige Betaetigung. Statt Holzpflug Bohrmaschine, LKW und Computer.

In der heutigen Sinnkrise und Zeiten des Einbruchs der Marktwirtschaft befindet sich die SSM bereits mit einem Fuss im neuen "Raum der Moeglichkeiten". Wenn Menschen - Gesunde und Kranke, Behinderte, Alte und Junge, Starke und Schwache, - sich zusammenschliessen und sich in das gesellschaftliche Geschehen einmischen, ihren eigenen Lebenszusammenhang regeln und gestalten, wenn sie Ressourcen wie Haeuser und Maschinen besitzen und sich das noetige Knowhow aneignen, koennen sie trotz - oder gerade wegen - weniger Geld reicher und zufriedener leben.

Dafuer steht die SSM; als reales Fenster in eine Zukunft, die da heisst: Soviel Anfang war nie.

Broschüre DIN A4, 56 Seiten; viele Texte, Fotos, Plakate von und über die SSM
Preis: 8 DM
Bezug (nur über Vorauskasse):
1 Ex.: 10 DM inkl. Porto (Geldschein)
3 Ex.: 20 DM inkl. Porto (Geldschein)
6 Ex.: 30 DM inkl. Porto (Geldscheine)
bei
Institut für Neue Arbeit e.V.
Düsseldorfer Str. 74
51063 Köln

 

 

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