Neue Arbeit für Mühlheim

Institut für Neue Arbeit

Wege aus der Krise der Arbeit

... und anderswo

 

 

Folgende 19 Briefe wurden Anfang April an Oberbürgemeister Schramma sowie die Ratsfraktionen und/oder an die Redaktion des "Kölner Stadt-Anzeigers" gesandt.


Sozialistische Selbsthilfe Mülheim, Köln

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihren informativen Artikel, der uns interessante Einblicke in das Umfeld des SSM ermöglicht hat. [...]

Sicherlich hat das Ratsmitglied Jörg Frank aus seiner Fraktionstätigkeit Einblicke, die uns als Außenstehenden verwehrt bleiben, und mag aus dieser Perspektive zu seiner Einschätzung gelangt sein, dass CDU und FDP uns „am liebsten räumen“ würden.

Wir als SSM haben allerdings mit diesen beiden Parteien ganz andere und positive Erfahrungen gemacht: Als wir in Köln Mülheim unser Projekt begonnen haben, war es die SPD, die uns räumen wollte, während die CDU, und hier nennen wir stellvertretend für eine ganze Reihe die Herren Werner Goecke, Ferdinand Mans und Hilmar Hilgers, aber auch Mitglieder der FDP, dabei denken wir zuerst an Herrn Dr. Peters, aber später auch an Herrn Bernhard Kempkes, sich für uns eingesetzt haben. Ihnen ist es zu verdanken, dass der SSM überhaupt eine Chance bekam.

Aber auch aktuell sind unsere Erfahrungen anders als die Befürchtungen von Herrn Frank. Bei der Auseinandersetzung um das Biotop hinter unserem Gelände haben wir tatkräftige Unterstützung sowohl aus der CDU als auch aus der FDP erfahren, ohne die das Biotop schon abgebaggert wäre. Auch bei der Diskussion um unseren Mietvertrag haben sich sowohl CDU- als auch FDP- Mitglieder für uns eingesetzt. Für die FDP nennen wir neben anderen wieder Dr. Peters, aber auch Herrn Manfred Skutta, der sich als Mitglied im Sozialausschuss des Rates für die Zukunft des SSM eingesetzt hat. Für die CDU denken wir neben den Herren Goecke, Hilgers und Dr. Nesselmüller insbesondere unseren Mülheimer Ratsvertreter, Herrn Andreas Köhler, der uns seine Unterstützung in seiner Fraktion zugesagt hat. Diesen und anderen ist es zu verdanken, dass die Vorlage nicht schon längst im Rat „versenkt“ wurde, denn die Grünen allein haben dort bekanntlich keine Mehrheit. Wir halten diese Unterstützung aus den Reihen der CDU und der FDP nicht für zufällig. Wer sich nicht von Namen irre machen lässt, wird auch als CDU- und FDP Mitglied eine gewisse Übereinstimmung zwischen dem Prinzip der Subsidiarität, der Selbsthilfe, der Selbsttätigkeit und der Eigenverantwortung und unserer Arbeit erkennen. Allein aus diesem Grund sind wir als parteiungebundene Initiative nicht bereit, uns gegen diese Parteien in Stellung bringen zu lassen.


Werner Ruhoff, Köln

Sehr geehrte Damen und Herren,

es wäre für die betroffenen Mitglieder der SSM in Köln-Mülheim tragisch, wenn sie auf Grund der Querelen, Anfeindungen und behördlichen Fehler ihr bisheriges Leben in der Gemeinschaft aufgeben müssten. Die meisten leben dort viele Jahre und haben sich ohne Arbeitslosengeld und Sozialhilfe eine eigene Existenz aufgebaut. Das einzige, das ihnen die Kommune zur Verfügung stellt, das ist das Gelände mit den Gebäuden zu günstigen Mietbedingungen. All das haben die Mitglieder der SSM aber erst durch ihre Arbeit bewohnbar und nutzbar gemacht. Diese Eigenarbeit ist Sinn stiftend, und das merkt man den dort lebenden Menschen an. Das Projekt ist aber nicht dazu da, Menschen, die hohe Einkommen haben, durch billigen Wohnraum mit zu subventionieren. [...] Die Grünen stecken auch hier in der Koalitionsfalle, während aus CDU und FDP verschiedene Persönlichkeiten bereit sind, die Anliegen der SSM zu unterstützen. Und dann wäre da noch das Finanzamt. Ich frage mich, ob es rechtlich überhaupt haltbar ist, eine Summe von über 40.000, - DM nachzufordern, eine Summe, die die SSM von sich aus kaum aufzubringen vermag. Immerhin beruht die Nachzahlungsforderung nicht auf selbst verschuldeten Rückständen, sondern auf einer nachträglichen Neufestsetzung der Grundsteuer durch das Finanzamt. Wieso kommt das Finanzamt auf so unterschiedliche Sätze, immerhin mit einer Spannbreite von über 7000, - DM pro Jahr? Und kann das Finanzamt, wenn der Berechnung eigene Fehler zu Grunde liegen, für einen Zeitraum von mehreren Jahren Nachzahlung verlangen? Diese Frage wäre zu klären, und wenn dies nach gültigem Recht nicht zu bestreiten ist, sollte die Stadt mit der SSM schnellstens eine Regelung treffen, die das Weiterleben der SSM mit ihrem bestehenden Konzept ermöglicht: Integration von Behinderten und Ausgegrenzten ohne staatliche Alimentation.



Frank Sorgen, Bergisch - Gladbach

Sehr geehrte Damen und Herren,

seit 1994 sind mir der SSM, dessen Mitglieder sowie deren Handlungs- und Arbeitsweisen ausreichend bekannt, um beurteilen zu können, dass einige gegen den SSM gerichtete Aussagen in Ihrem Artikel vom 28.3. 2001 unrichtig sind.

Es dürfte bekannt sein, dass sich die Mitglieder des SSM in hohem und nicht weit verbreitetem Maße für die Belange von Bürgern, sozialen Randgruppen und Behinderten einsetzen. Die Mitglieder des SSM verzichten auf die Inanspruchnahme von Sozialhilfe, Arbeitslosengeld o.ä.; sie verdienen sich ihren nicht gerade luxuriösen Lebensunterhalt durch harte Arbeiten wie z.B. Entrümpelungen und Wohnungsauflösungen. Über diese harte Arbeit hinaus leisten die Mitglieder des SSM in ihrer "Freizeit" eine enorme Arbeit für die Bürger im Stadtteil Köln-Mülheim und über dessen Grenzen hinaus. Ich selbst hatte und habe das große Glück, die Initiativen des SSM kennen lernen zu dürfen und teilweise daran mitzuwirken. Man kann den SSM als Ausgangspunkt vieler sozialer Projekte zum Wohle von Mitmenschen bezeichnen. Jeder, der mit dem Umfeld des SSM Kontakt hat, weiß, welche Arbeit dort geleistet wird, ohne die es vielen Menschen schlechter ginge als es derzeit der Fall ist. Die Autoren Ihres Artikels haben m. E. nicht ausführlich genug recherchiert und trotzdem nahezu eine halbe Seite des Kölner Stadtanzeigers gefüllt. Dies ist schon fast bewundernswert.

Ich selbst habe an vielen Besprechungen in den Räumen des SSM teilgenommen. Als ich den SSM 1994 kennenlernte, habe ich das Zusammenleben der "gut situierten Familien" mit dem SSM so verstanden, dass die Mitglieder dieser Familien den SSM bei seinen sozialen Projekten unterstützen. [...]

Ich möchte an dieser Stelle davon absehen, auf die in Ihrem Artikel veröffentlichten Zahlen einzugehen. Ich lade Ihre Redakteure jedoch gerne dazu ein, nach vorheriger Terminabsprache auf dem Gelände des SSM einmal ein ausführliches Gespräch mit den Mitglieder des SSM, dessen "echten Unterstützern" und mir zu führen. Vielleicht sind Ihre Redakteure ja danach so einsichtig und fair, sich zukünftig vor einer Presseveröffentlichung besser über die Hintergründe eines Themas zu informieren.


Dr. Erasmus Schöfer, Köln

Ich beobachte und unterstütze die Arbeit der Selbsthilfegruppe SSM in Köln - Mülheim seit einigen Jahren.

Ich halte das dort praktisch erprobte Konzept einer mitmenschlichen und weitgehend selbstbestimmten Lebensweise für ein vorgelebtes Beispiel, wie Menschen sich von inhumanen Arbeits- und Konsumzwängen befreien und ihrer sozialen Ausgrenzung entgegenwirken können. Auch wenn man diesen schon über zwanzig Jahre erfolgreichen Versuch nicht für übertragbar auf größere Bereiche der deutschen Gesellschaft hält, so sind doch die Denkanstöße wie die sozialen Initiativen, die von der SSM ausgehen, ein nicht unwichtiges Kapitel der Stadt Köln. Auf jeden Fall müssten sie für die Stadtverwaltung und die Kölner Politiker ein hinreichender Grund sein, alles zu tun, um die Weiterexistenz dieser vorbildlichen Gruppe zu ermöglichen und sie nicht etwa durch die Anwendung für diesen Fall kontraproduktiver Vorschriften oder Erlasse zu zerstören. Ich bitte den Herrn Oberbürgermeister, die Stadtverwaltung und die Ratsfraktionen, ihre Aufgabe in diesem, einem produktiven und zukunftsoffenen Sinn, wahrzunehmen.


Miroslawa Szreniawska
Öffentlich bestellte u. vereidigte Übersetzerin für die deutsche Sprache,
Torun

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe soeben, wie immer und wie mal mit der SSM abgemacht, den "Kölner Stadtanzeiger" in die Hand bekommen. Das freut mich übrigens sehr, dass ich auf diesem Wege auch die Möglichkeit habe, an Zeitungen in deutscher Sprache heranzukommen. In meinem Fall, wo ich den anderen Deutsch und die Landeskunde von deutschsprachigen Ländern beibringen oder verschiedener Art polnische und deutsche Unterlagen übersetzen soll, bleibt der Zugang zu der Tagespresse nicht ohne Bedeutung. Im Rahmen des Socrates Comenius Projekts beschäftigen wir uns allerdings mit dem Vergleich der lokalen Presse. Dies kann ich dank des Projektes der SSM verwirklichen und realisieren.

Es ist aber natürlich nicht alles, worüber ich nach dem Erhalt der Zeitung schreiben möchte. Die Tätigkeiten der SSM kenne ich in Einzelheiten. Ich kann und will es auch persönlich nachweisen. Die SSM leistet regelmäßig große Hilfe der Schule, in der ich als Deutschlehrer arbeite. Ab September dieses Schuljahres hat sie dank seiner Tätigkeit das Sprachlabor in meiner Schule völlig ausstatten können und ausgestattet. Ich erhielt eine ganze Menge von Lernmaterial aus dem Bereich der Landeskunde, etliche Dias, CD - Platten, Spiele für Deutschunterricht und aber auch einige Geräte, die sehr behilflich beim Sprachunterricht sind. Es waren u.a. Computerzubehör, eine Leinwand mit einem Projektor für Dias und ein Drucker. Diese erst entwickelte Zusammenarbeit hat große Aussichten für die Zukunft, vor allem in Anbetracht der Zusammenarbeit im Rahmen der EU mit den mitteleuropäischen Ländern, die in Zukunft mal auch zu den EU-Ländern gehören werden und im Kontext der vom Socrates - Programm verwirklichten Ideen. Als Übersetzer bekam ich übrigens auch mehrmals Hilfe von der SSM u.a. in Form verschiedener Vordrucke, CD - Platten mit Vorschriften (Gesetze 3.0)), Formulare (Musterverträge, Formulare und Checklisten), ABC des Lohnbüros u.ä., was für einen Übersetzer von großer Bedeutung ist.

Ich bin empört, dass man bei solch einem wertvollen Projekt irgendwelche Bedenken hat, die Grundsteuer abzusenken. Beim Lesen mancher Zeilen stehen die Haare zu Berge. Einem Verein wie der SSM, der sich zur Aufgabe gestellt hatte, Hilfsbedürftigen die Existenz unabhängig von staatlichen Geldern zu ermöglichen oder zu erleichtern, und der es tatsächlich in die Tat umsetzt, und dies nicht nur im Lande, sondern auch im Ausland sollten alle Hindernisse aus dem Wege weggeräumt und nicht in den Weg gelegt werden. Wie kann sich der Besitzer eines sicherlich gut prosperierenden Unternehmens im Zusammenhang mit den oben genannten Aufgaben und mit dem einerseits kleinen andererseits aber nachahmenswürdigen Beispiel, wie es in die Tat umgesetzt werden kann und wird, ausgenutzt sehen ?

In Hoffnung, dass das Echo aus dem Ausland nicht ohne Echo bleibt


Prof. Dr. Heide Berndt, Berlin

Soeben erreicht mich ein Notruf des SSM-Köln-Mülheim, dass das ganze Projekt gefährdet ist, weil durch eine falsche Berechnung der Grundsteuer eine horrende Nachzahlungssumme vom SSM gefordert wird.

Ich bitte Sie dringend, die vom Liegenschaftsausschuss der Stadt Köln geforderte Summe von 41.000, - DM aufzuheben und auf eine niedrigere Bewertung des Grundstückes, auf dem sich das SSM befindet, hinzuwirken, da es sich eindeutig um ein soziales und nicht ein kommerzielles Unternehmen handelt.

Ich möchte betonen, dass das SSM sozialen Vorbildcharakter hat, der weit über die Grenzen Kölns hinausgeht. Ich sage das aus gutem Grund, weil ich mich seit einiger Zeit mit der neueren Geschichte der Sozialarbeit beschäftige und deswegen für Ende Juni 2001 einen Kongress an der Alice - Salomon - Fachhochschule plane, der einen wichtigen Teil dieser Geschichte erinnerlich machen soll. (Siehe Kongressankündigung)

Wie Sie aus der Kongressplanung ersehen können, habe ich Rainer Kippe, der das SSM mit aufgebaut hat, an wesentlicher Stelle des Kongresses eingeplant, weil die Grundidee des Projektes, sich durch Selbsthilfe eine eigene Existenzgrundlage zu erwirtschaften, gar nicht genug gewürdigt und verbreitet werden kann. Nicht umsonst ist das Projekt auch von anderen Seiten, nicht zuletzt vom Land Nordrhein-Westfalen als "Zukunftsprojekt" mit Preisen ausgezeichnet worden. Soll dieses Projekt jetzt auf "kaltem Wege" durch die Berechnung der Grundsteuer vernichtet werden? Deswegen nochmals meine dringende Bitte: bitte sorgen Sie dafür, dass der Liegenschaftsausschuss die Grundsteuer auf der Grundlage berechnet, wie sie für soziale Projekte angemessen sind, also nicht 8.700, - DM pro Jahr, sondern höchstens 2.500, - DM.


Werner Lützen, Bergisch Gladbach

Als langjähriger Unterstützer und Kenner der SSM frage ich: "?Warum denn in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah?" Diesen Spruch sollten die verantwortlichen Politiker bei der SSM berücksichtigen, anstatt ihre Existenz zu bedrohen. So werden heute in der Sozialen Arbeit viele tausend Mark für Abenteuerpädagogik in ausländischen Gefilden ausgegeben. Ausgezeichnete neue Wege werden betreten, wo die Teilnehmenden auf sich gestellt schwierige Situationen meistern müssen, daran wachsen und dabei die Stärke einer Gruppe, aber auch die Rücksichtnahme auf die einzelnen lernen.

Solch ein Konzept moderner Sozialarbeit hat die SSM schon seit 20 Jahren erfunden und lebt es täglich in Mülheim. Die fast 20 Mitglieder sorgen durch Wohnungsentrümpelungen und Verkauf der entsorgten Möbel für ihren finanziellen Unterhalt, sie bauen sich Wohnungen selber aus, um kostengünstig zu wohnen, und lernen es miteinander solidarisch auszukommen. Menschen, die obdachlos, heroinabhängig oder alkoholkrank waren, können hier ein befriedigendes Leben finden, das sie von der Sucht fern hält. Menschen, die als Kinder gedemütigt und klein gehalten wurden, können hier Selbstvertrauen gewinnen. Toleranz wird groß geschrieben, so dass selbst zwei erwachsene geistig behinderte Menschen seit vielen Jahren ihren Platz gefunden haben. An vielen Einzelbeispielen ist nachzuweisen, dass die SSM ein besonders erfolgreiches Projekt der Integration von Menschen darstellt, die zeitweilig oder langfristig nicht in der Lage sind, die Anforderungen der oft knallharten Berufswelt zu bestehen.

Anstatt die Erfahrungen auszuwerten und in neuen Formen weiter zu entwickeln, mutet die Stadt der Selbsthilfe fast Übermenschliches zu. Anstatt für günstige Rahmenbedingungen zu sorgen, soll die SSM - obwohl Mieterin! - die normalen Grundsteuern bezahlen [...] Anstatt Hilfe zur Selbsthilfe zu geben, wird die SSM an den Rand des finanziellen Ruins gedrängt.

Warum zitieren Sie denn nicht aus dem Ihnen vorliegenden offenen Brief der SSM, wo diese nach eigenen Berechnungen der Stadt und der Allgemeinheit Kosten von 250.000 Mark jährlich erspart, weil Heimkosten, Sozialhilfekosten und Arbeitslosengelder entfallen? Warum stellen Sie nicht klar, daß die Sozialarbeiter und Krankenpfleger in dem Projekt auf ihren Tariflohn verzichten, um mit allen Gruppenmitgliedern auf gleicher Augenhöhe zu sein und tatsächlich im selben Boot zu sitzen.Dann wäre doch überdeutlich geworden, was Köln nicht nur ideell an der SSM hat.


Rolf Wilhelm Stärk, Köln

[...]

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe mit Aufmerksamkeit den am 28.3. erschienenen Artikel „Das Ende einer einstmals nützlichen Freundschaft“ gelesen und war sehr erstaunt, wieviel Platz Sie der Kritik am SSM einräumen und bin besorgt zu welchem falschen Bild der Artikel verleitet.Bei einem kürzlichen Besuch des Vereins konnte ich mich selbst davon überzeugen, wie der SSM arbeitet und wem er hilft. Wenn Menschen aufgrund ihrer persönlichen Motivation, und eben nicht wie in der verstaatlichten Socialarbeit und dem Socialen als Dienstleistung am Rande der Gesellschaft stehenden Menschen und Behinderten helfen, so ist die Kritik des „Mobbings“ für mich zumindest unverständlich und geht nicht mit dem zusammen, wie ich die Leute und das Projekt kennengelernt habe. Dann verstehe ich auch die Position der Stadt nicht. Insgesamt wird doch die Arbeit des SSM von der Verwaltung laut“... Beschluss-Vorlage als positiv... bewertet. Warum ist es für den Verein auf der anderen Seite dann so mühsam, überhaupt irgendwelche Unterstützung von der Stadt zu bekommen. Es legt die Vermutung nahe, dass nicht-staatliche oder nicht-vermarktete sociale Tätigkeit bei uns nicht erwünscht ist. Ist das wirklich so? Dann stellt sich natürlich die Frage, ob`s einen Socialstaat geben kann ohne sociale Bürger.


Luzie Ursula Wingen, Dipl. Biologin, Köln

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ihrem Artikel entnehme ich, daß dem SSM eine Grundsteuer-Nachzahlung von über 41.000 DM ins Haus steht.

Es erscheint mir ein merkwürdiges Vorgehen von Stadt oder Finanzamt, eine Nachzahlung der Grundsteuer der vergangenen 7 Jahren zu verlangen – und das zumal bei einem Selbsthilfe-Projekt, welches im Interesse der Stadt arbeitet. Eine integrative Unterbringung von Behinderten wird sicher an keinem anderen Ort der Stadt so kostengünstig durchgeführt.

Die Forderung in einer solchen Höhe läßt die Vermutung aufkommen, daß dieses Projekt politisch nicht mehr gelitten ist und daher finanziell ausgeblutet werden soll.

Ich bedauere das Vorgehen der Stadt sehr, da ich denke, daß wir viel zu wenig Orte haben, wo Behinderte mit Nicht-Behinderten zusammen arbeiten und leben. Hoffentlich überdenken die Verantwortlichen diese Entscheidung und entscheiden zum Nutzen der Stadt und zum Nutzen des SSMs für eine Absenkung der Grundsteuer auf den alten Satz.


Ariane Dettloff, Köln

[...]

Und dieses Projekt ist nicht nur insofern von gesellschaftlichem Nutzen, als es Behinderte und Arbeitslose integriert, den Müll unserer Überflußgesellschaft neuer Verwendung zuführt (Gebrauchtwarenladen) und zukunftsweisende Vortrags-Veranstaltungen (Institut für Neue Arbeit) organisiert, es unterstützt auch ähnlich gelagerte Projekte wie die Initiative „Bauen Wohnen Arbeiten“ in der ehemaligen Kaserne Klerken (ein Obdachlosen-Projekt) und entwickelt gemeinsam mit anderen Stadtteil-Konzepte wie das für die Industriebrache in Mülheim (ehemaliges Gelände Felten-Guillaume) und macht sich für umweltfreundliche grüne Wildnis-Inseln im öden Böcking-Park stark.

Unverständlich bleibt, daß SSM, obleich Mieter, dennoch auch Grundsteuer zahlen soll.


Bernhard Barthel, Köln

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ich habe den SSM Ende 1999 kennen gelernt bzw. die Menschen, die sich dort nützlich machen und zum Teil auch in ihrer Persönlichkeit verwirklichen. Persönlich kann ich sagen, dass ich dort eine Menge gelernt habe. Wie z.B. die Integration von Behinderten in der Gruppe wie auch in den verschiedenen Arbeitsbereichen. Was ich in dieser Form nicht für möglich hielt, aber eben dort beim SSM erleben durfte und noch immer kann! Das hat mich derart begeistert, dass ich dem SSM meine Hilfe angeboten habe, die daraus besteht, dass ich unentgeltlich dort in meiner Freizeit die Arme hochgekrempelt habe und in den verschiedenen Bereichen meine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt habe - und das mit wachsender Begeisterung.

[...]


Dirk Makoschey, Köln

Sehr geehrter Herr Schramma,

ich bitte Sie, sich dafür einzusetzen, daß dem SSM e.V. weiterhin günstige Miet- und Steuer-Konditionen von der Stadt Köln eingeräumt werden. Der Erhalt dieser wertvollen, in mehrerer Hinsicht integrativen Wohnform, dieVorbildfunktion für weitere Wohnprojekte darstellt, ist nicht nur für Köln wichtig.


Bürgerzentrum Alte Feuerwache e.V., Annetraut Grose, Köln

mit Bestürzung haben wir vernommen, daß die Existenz und Arbeit der Sozialistischen Selsbsthilfe Mülheim (SSM) durch Nachforderung von Grundsteuern in Höhe von 41.000 DM gefährdet ist.

Die SSM leistet in Mülheim und für Köln wertvolle Hilfe, indem sie mit Behinderten, Arbeitslosen, ehemaligen Obdachlosen Wohnraum und Arbeitsplätze geschaffen hat. Durch diese Arbeit spart die Stadt Köln nicht nur Geld,sondern sie beherbergt damit auch ein zukunftsfähiges Modellprojekt für Eigeninitiative und Selbstorganisation, das zudem auch die Stadtteilpolitik in Mülheim belebt.

Vor diesem Hintergrund fordern wir die Stadt Köln auf, die Existenz der Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim durch dem Projekt angemessene Vertragsbedingungen abzusichern.


Dr.I. Schmidhuber, Bonn

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Schramma,

in Ihrem Wahlkampf haben Sie mit Recht hervorgehoben, dass Sie ein echter Kölner sind, ein echter Kölner Junge, der die Stadt von drinnen und draussen kennt. Dann wird Ihnen auch die einmalige Kölner Obdachlosen-Initiative SSM bekannt sein, die aus der gleichartigen Initiative SSK (Salierring und Ehrenfeld) hervorgegangen ist, die noch heute dort besteht.

Es handelt sich sich um ein Projekt, das seinesgleichen nicht in der Bundesrepublik findet. Die Mitglieder, obwohl völlig mittellos , haben sich verpflichtet, weder Arbeitslosenunterstützung noch Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen, sondern aus ihrer eigenen Kraft im Wege der Eigen- und Selbsthilfe ihre Existenz zu sichern. Der SSM ist eine Zuflucht für am Rande der Gesellschaft lebende Menschen. Er gibt ihnen ein Zuhause, verschafft Arbeit und ein sinnvolles Leben mit dem Gefühl, nützlich zu sein, und zwar von staatlicher Unterstützung unabhängig. Während alles nach dem Staat drängt, hat sich hier eine Einrichtung selbst durchgeschlagen. Wo gibt es so etwas nochmal - nirgends. Die Stadt Köln soll DM 250 000 jhl. ersparen.

Nun ist die Existenz des SSM durch eine Grundsteuernachforderung von DM 41.000 bedroht, die er nicht aufbringen kann und die unberechtigt von einer sozial derart engagierten Einrichtung erhoben wird. Noch 1999 haben das Land und das Städtenetzwerk NRW den SSM als Zukunftsprojekt im Rahmen des Robert-Jungk-Wettbewerbs ausgezeichnet. Jetzt droht die Zukunft des SSM zerstört zu werden; die Verwaltung soll beabsichtigen, den SSM zu kündigen, falls die Summe von DM 41.000 nicht bezahlt wird, was unmöglich ist.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, bitte nehmen Sie sich persönlich der Sache an, damit diese verdienstvolle soziale Einrichtung weiter existieren kann. Sie werden nicht dulden, dass diese einmalige soziale Einrichtung in Köln unter Ihrer Ägide zugrundegeht.


Gertrud Koch,Oberstudienrätin, Paderborn

Sehr geehrte Damen und Herren,

in Ihrer Sitzung Anfang April haben Sie über die Existenzgrundlagen des SSM Köln zu beschließen. Für Ihre Entscheidungsfindung möchte ich Ihnen meine positiven Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit dem SSM-Köln schildern.

In meiner Funktion als Lehrerin in der sozialpädagogischen Abteilung des Helene-Weber-Berufskollegs Paderborn bin ich für die Suche von geeigneten sozialpädagogischen Praxisstellen und für die fachliche Begleitung der Praktikantinnen und Praktikanten zuständig. Es geht um VorpraktikantInnen, Block-PraktikantInnen der Fachschule für Sozialpädagogik im zweiten Ausbildungsjahr und BerufspraktikantInnen.

In diesem Rahmen habe ich den SSM als fachlich fundiert und engagiert arbeitende Institution kennengelernt. Bei Praktikumsauswertungen wurde von den SchülerInnen oft im Vergleich zu anderen speziellen, z.B. Behinderten-Einrichtungen hervorgehoben, ein wieviel höheres Maß an Selbstbestimmung, Partizipation im gesamten Prozess des Alltags den SSM-BewohnerInnen hier möglich ist. Immer wieder wurde das als elementares Kriterium für Menschenwürde und Lebensqualität begriffen, wenn auch materielle Rahmenbedingungen in anderen Einrichtungen oft günstiger sind. Auf Anregung von PraktikantInnen des SSM habe ich mit deren Klasse von Paderborn nach Köln eine Studienfahrt zum SSM mit positiver Resonanz durchgeführt.

Das Prinzip des SSM besteht im solidarischen Zusammenleben von Nichtbehinderten mit Behinderten bzw. anderen Menschen gesellschaftlicher Randgruppen auf der Basis der gesellschaftlichen Arbeit für die eigene Existenz. Dass diese Alternative zu den üblichen staatlichen oder von Wohlfahrtsverbänden getragenen Institutionen nun schon auf gut 20 Jahre erfolgreiche Arbeit/Leben zurück blicken kann, spricht für eine gesicherte Qualität und ist innerhalb Deutschlands eien grosse Ausnahme. Hierfür erhielt das SSM 1999 vom Land und Städte Netzwerk NRW im Rahmen des Robert-Jungk-Wettbewerbs eine Auszeichnung.

Auch finanziell bedeutet das SSM für die öffentliche Hand eine Entlastung, denn außer der nun zur Entscheidung anstehenden Frage der Grundsteuerschulden und zukünftigen Miethöhe arbeitet das SSM ohne Staatszuschüsse. Die Integration von Menschen in die Gesellschaft, die sonst lebenslänglich auf öffentliche Unterstützung angewiesen wären, entlastet die Stadt Köln. Bitte, bedenken Sie meine positiven Erfahrungen und die langfristig finanziellen Entlastungen für die Stadt Köln bei Ihrer anstehenden Entscheidung.


Förderverein Krisis – Verein für kritische Gesellschaftswissenschaft e.V. Norbert Trenkle, Fürth

Sehr geehrter Herr Schramma,

seit über fünf Jahren kennen wir den SSM e.V. und seine Arbeit, die wir sehr schätzen, weil hier sozial Ausgegrenzte nicht „verwaltet“ werden, sondern sich zusammengetan und durch großen persönlichen Kraftaufwand einen eigenen Lebenszusammenhang geschaffen haben. Wir fänden es skandalös, wenn nun dieses Ergebnis eines mehr als zwanzigjährigen Engagements und damit die soziale und ökonomische Existenzgrundlage von fast zwanzig Personen zerstört würde.

Deshalb bitten wir Sie, sich dafür einzusetzen, die 41.000,- DM Grundsteuerschulden zu erlassen und darüber hinaus die Grundsteuer auf das bisherige Niveau abzusenken, damit sie für den Verein auf Dauer bezahlbar bleibt.


[...]

Seit 1997 arbeitslos, unterstütze ich als Gründungsmitglied des INA die SSM und das INA durch theoretische Analyse, mehr noch durch konkretes "Anpacken" beim Umbau und Ausbau von SSM-Räumen (Wohnung, Kleiderladen, Fahradüberdachung) und INA (180 qm Parkett, Toiletten, Küchenboden). Eine handgreifliche oder wenigstens finanzielle Beteiligung durch "Unterstützer-Familien", immerhin der Grund für die Stadtverwaltung, die Miete des SSM statt auf 20%, auf 50% festzusetzen, habe ich nur ein einziges mal erlebt - zu Beginn der Umbaumaßnahmen im Kleiderladen an einem(!)Tag. Danach aber nimmer. Nur so viel zu den sogenannten "Unterstützer-Familien". Die "anderen finanziellen Probleme" die der SSM "ins Haus stehen können" und die Sie scheinbar mitfühlend als quasi naturgesetzlich hereinbrechen sehen, hätten Sie richtiger auf der politisch-ideologischen Ebene eingeordnet und zwar in der eher autokratischen Ecke, denn die sattsam bekannten Geld-Daumenschrauben sind ein wirklich perfides Folterinstrument. Die Existenz einer sozialen Initiative wie des SSM wird so auf unerträgliche Weise und ohne Not prekarisiert. DM 8700.-/Jahr Grundsteuer aber (statt DM 2500.-), und das noch rückwirkend (fast 50.000.-DM!) - wie jeder weiß, wäre das der absolute finanzielle Ruin der SSM, angezettelt und ausgeklügelt im Dunstkreis des Liegenschaftsausschusses, nur notdürftig getarnt als ganz normale "legale" Besteuerung. Ob Sie, Herr Schramma den noch stoppen können und wollen? - Das scheint mir sehr fraglich, zumal klammheimliche Freude quer durch alle Ratsfraktionen Ihnen sicher scheint. Dem sich hochherrschaftlich aufführenden Liegenschaftsausschuss erscheint jedenfalls - voll im Trend - die SSM wohl nur als eine lästige Zecke am zu straffenden kölnischen Volkskörper. Vergessen jeder Charme Rheinischen Kapitalismus' kölscher Prägung? - Weg damit? - "Stolz auf Deutschland können wir in Köln nur ohne SSM sein!", steht deutlich lesbar zwischen den Zähnen manch eines rechten Liegenschafts-Deutschen. Aber vielleicht sehe ich auch nur zu schwarz, und es wird alles noch gut?

H.Ribbeck


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