Kölnische Rundschau vom 5.2.02
SSM Mülheim
Klage gegen Mieter eingereicht
els - Heute wird das Amtsgericht Köln über die Räumungsklage der
Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim (SSM) e.V. gegen Frank Heimann,
Geschäftsführer der Reha-Training GmbH, entscheiden. Die SSM hatte
sich zu diesem Schritt entschlossen, weil Gisela und Frank Heimann
dauerhaft keine Miete gezahlt hätten und keine der vertraglich
vereinbarten Unterstützungsleistungen einbrächten.
Die Selbsthilfe will nun ihre Sichtweise darlegen, weil der
langjährige Konflikt inzwischen Stadtgespräch in Mülheim sei. Familie
Heimann zog laut einer Pressemitteilung der SSM im Jahr 1982 auf das
Gelände der Düsseldorfer Str. 74, um das Prajekt zu unterstützen. Die
Ausbauleistung ihrer Wohnung sei in einem Gutachten mit etwa 70.000
Mark errechnet und der SSM als erbrachte Sanierungsleistung zuerkannt
worden. Den Auflagen, stetig Unterstützungsarbeit zu leisten und
Hilfsbedürftige zu betreuen, habe sich die Familie verweigert, so die
SSM.
KStA vom 14.2.02
Ehemalige Mitstreiter verklagt
Ein lange schwelender Streit findet seine Fortsetzung vor dem
Amtsgericht. Prozessgrund: eine Räumungsklage der Sozialistischen
Selbsthilfe Müheim.
von Sebastian Züger
"Scheiden tut weh" hat die SSM ihre aktuelle Stellungnahme zur
Räumungsklage gegen die Familie Heimann überschrieben. Und weiter: "Es
waren die Selbstständigkeit, die Freiheit, sein Leben nach eigenem
Ermessen zu gestalten, die Solidarität und Wertschätzung
untereinander, die die Gruppe zusammenwachsen ließen." Von dieser
"tollen Aufbruchsstimmung" Ende der Siebziger Jahre, als eine Gruppe
von Alternativen, Studenten, Obdachlosen und Behinderten ein leer
stehendes Gewerbegelände in der Düsseldorfer Straße 74 besetzten,
scheint rein gar nichts mehr übrig zu sein. Auch mit der
Selbstbestimmung ist es nicht mehr allzu weit her, seit die Initiative
1993 einen Mietvertrag mit der Stadt unterschrieb. Seither muss die
SSM fürchten, zwischen munter (und nicht nur nach Wahlen) wechselnden
politischen Mehrheiten zermahlen zu werden. Der letzte Satz der
Erklärung, die in einem Schaukasten am SSM-Gelände aushängt, klingt
daher wie ein Hilferuf: "Wir können nirgends anders hin".
Gegenteilig verhält es sich - so zumindest sehen es die Verfasser -
mir der Familie Heimann. Gisela und Frank Heimann bewohnen mit ihren
fünf Kindern auf demselben Grundstück ein rund 170 Quadratmeter
umfassendes Domizil, das sie - damals noch in Einklang mit der SSM -
renoviert und ausgebaut haben. Die Heimanns firmieren bis heute als
"Unterstützer" der Selbsthilfe. Längst sind sie nichr mehr, wie die
regulären Mitglieder der Initiative, in irgendeiner Weise bedürftig -
Frank Heimann betreibt eine Reha-Praxis in Leverkusen. Ihr Recht zum
mietfreien Wohnen sollen sie laut Abmachung durch tätige oder
finanzielle Mithilfe im laufenden Betrieb erwerben.
Über die konkrete Umsetzung dieser Vereinbarung gehen die Ansichten
jedoch offenbar so weit auseinander, dass das Verhältnis beider Seiten
mittlerweile vollends zerrüttet ist. So traf man sich dieser Tage vor
dem Amtsgericht wieder, um zu besprechen, was im einfachen Gespräch
auf dem Hof nicht mehr zu besprechen ist. Die Selbsthilfe hatte eine
Räumungsklage eingereicht. Frank Heimann wehrt sich: "Wir sind keine
Schmarotzer. Wir würden jedoch in der Öffentlichkeit so erscheinen,
wenn wir jetzt das Gelände verlassen würden."
Ein Urteil wird für den 21. März erwartet. Heinz Weinhausen von der
SSM schwant böses: "Nach dem bisherigen Verlauf der Verhandlung sieht
es nicht gut für uns aus."
KSTA-Leserinbrief vom 28.2.02
Mieterschutz ohne Miete?
Sie berichteten freundlicherweise über die Räumungsklage der
Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim und schreiben, daß Familie Heimann
ein Recht zum mietfreien Wohnen durch Unterstützung der SSM erwerben
können. Dies entspricht nicht den Tatsachen. Selbst die bedürftige
SSM, die wichtige gesellschaftliche Aufgaben bei der Integration
ausgegrenzter Menschen übernimmt, zahlt eine reduzierte Miete an die
Stadt Köln. Familie Heimann hat dagegen keinen Mietvertrag mit der
Stadt Köln und weigert sich beharrlich mit der SSM einen
Untermietvertrag abzuschließen, sprich Mietzins zu zahlen. Die
wohlhabenden Heimanns wollen alle Schutzrechte von Mietern in Anspruch
nehmen ohne einen Pfennig an Miete zu zahlen. Wenn das Amtsgericht
dies anerkennt, wird ein neues Kapitel in der Geschichte des
Wohnrechtes geschrieben. Unglaublich, aber wahr.
Dr. Luzie Wingen, Köln
KSTA-Leserinbrief vom 28.2.02
"So was wie Gäste"
Was ich beim Konflikt SSM gegen Familie Heimann nicht verstehe, ist
die Weigerung der Familie eine vertragliche Grundlage für ihr Wohnen
in der Düsseldorfer Straße 74 zu schaffen. Ein Mietvertrag ist doch
nicht umsonst das übliche Verfahren. Sonst sind die Heimanns doch "so
was wie Gäste", wie die Richterin beim Amtsgericht sich ausdrückte.
Wie aber wiederum Gästen aller Schutz des Mietrechtes zustehen soll,
bleibt mir unerklärlich. Und das bei Wohnraum, den die Stadt Köln für
ausgegrenzte Menschen vorgesehen hat.
Gisela Emons, Köln
KSTA-LeserInnenbrief vom 28.2.02
Sozial engagierte Familie
Frank Heimann meint zur Räumungsklage der Sozialistischen Selbsthilfe
Mülheim, daß er als Schmarotzer erscheinen würde, wenn er jetzt
ausziehen würde. Dies hat die SSM e.V. niemals behauptet. Im Gegenteil
schätzen wir Familie Heimann für ihr soziales Engagement im Stadtteil.
Wie jedermann hat aber auch sie die Pflicht, einen Mietvertrag
abzuschließen und Miete zu zahlen. Im Besonderen weigert sie sich,
eine Geschäftsordnung über ihre eingegangenen Unterstützungspflichten
gegenüber der SSM abzuschließen. Daher halten wir es im sozialen Sinne
nur für konsequent und anerkennenswert, wenn sie ihren Wohnraum in
Zukunft Bedürftigen zur Verfügung stellt und auszieht. Die
finanziellen Möglichkeiten dazu hat sie bekanntermaßen.
Heinz Weinhausen, SSM und 12 weitere Unterzeichner der SSM
KSTA- LeserInnenbrief vom 7.3.02
Die Investitionen wurden als Miete verrechnet
Zum Artikel "Ehemalige Mitstreiter verklagt" vom 14.01.2002:
Als ehemalige Mitbewohner und Unterstützer des Selbsthilfeprojekts
Düsseldorfer Straße 74 möchten wir zu den von der SSM gegenüber
Familie Heimann erhobenenVorwürfen Stellung nehmen. Es erscheint uns
wichtig, einige wesentliche Punkte noch einmal klarzustellen, da sie
uns als ehemalige Mitbewohner auch betreffen. Der Vorwurf, die das
Gelände mitbewohnenden Familien, das heißt auch die Familie Heimann,
hätten keine Miete bezahlt, ist falsch.
Wie im Mietvertrag mit der Stadt Köln festgelegt, wurden ihre bei dem
Wiederaufbau des Geländes Düsseldorfer Straße 74 getätigten
Investitionen als Miete verrechnet. Zusätzlich trugen die Familien den
wesentlichen Anteil (sechs Siebtel) der das Gelände betreffenden
Ausgaben wie Grundsteuer, Gebäudeversicherung sowie die üblichen
Nebenkosten. Darüber hinaus hat es nie eine Abmachung mit der SSM
bezüglich weiterer (Miet)-Zahlungen gegeben.
1997 verließ die SSM das mit den Familien gemeinsam gebildete Gremium
der "Hausgemeinschaft" welches für die Verwaltung bzw. die
Instandhaltung des Geländes zuständig war. Die Bemühungen der
Familien, mit Hilfe wohlmeinender Bürger und Institutionen in Mülheim
die inzwischen mit der SSM entstandenen Differenzen aufzulösen, bzw.
durch ein gemeinsames Gutachten oder anderweitige
Schlichtungsverfahren das Projekt weiter bestehen zu lassen, blieben
ohne Erfolg.
Keiner der Mitbewohner - ursprünglich insgesamt 16 Personen - hat das
Gelände freiwillig verlassen; vielmehr wurden seitens der SSM nicht
nur gegenüber der Familie Heimann, sondern auch gegenüber den anderen
Familien Kündigungen und Räumungsklagen ausgesprochen. In dem
ursprünglichen Konstrukt der Hausgemeinschaft wurden sechs Siebtel der
anfallenden Grundsteuer von den mitbewohnenden Familien getragen.
Dadurch, dass die SSM sich inzwischen von diesem Konzept verabschiedet
hat, ist sie nicht mehr in der Lage, die anfallenden Kosten alleine zu
tragen und ist dementsprechend mit den Zahlungen gegenüber der Stadt
Köln in Verzug.
Ulrike Bieler, Dr. Peter Stankowski, Köln
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