Neue Arbeit für Mühlheim

Institut für Neue Arbeit

Wege aus der Krise der Arbeit

... und anderswo

 

 
FAZ zur SSM-Veranstaltung "Colonia Corrupta" im Museum Ludwig

F.A.Z. vom 30.4.02

Der Kölner Spendenskandal
in der Trödelecke

von Andreas Rossmann

In eine gleißende Flanierpassage, die die Passanten förmlich in sich hinein zieht, möchte Kasper König das Foyer des Museums Ludwig in Köln verwandeln. Schon im November 2001 sollten die Entwürfe des "Office for Metropolitan Architecture" (O.M.A.) von Rem Koolhaas realisiert sein. Doch ganz so schnell ließ sich mit der Kirche, die dafür vier Quadratmeter abtreten müßte, kein Einvernehmen erzielen. Die Entrümpelung steht weiter aus und zumindest in der südöstlichen Ecke sieht es derzeit aus wie auf dem Flohmarkt: Eichenschwere Küchenbüfetts von Oma selig, Kleiderstangen und Bücherregale stehen herum, Trödel der "SSM", der "Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim e.V.", die hier im Rahmen der Ausstellung "Ökonomien der Zeit" (F.A.Z. vom 21. März) ihren Gebrauchtwaren-Laden betreibt. Am Sonntagabend bietet dieser die Kulisse für ein Thema, das, obwohl in seiner jüngsten Erscheinung noch keine zwei Monate alt, viele in der Stadt gerne dem Sperrmüll überantworten würden: "Colonia Corrupta". Mehr als fünfzig, sechzig Zuhörer hat es nicht hinterm Ofen hervorgelockt, denn in Köln, das sich gerne die "nördlichste Stadt Italiens " nennt, herrschen schon länger dortige Medienverhältnisse. So ist es unter den Zeitungen vor Ort ausgerechnet die "Bild"-Zeitung, die bislang die kritischste Serie zur Korruption in der Stadt veröffentlichte. Die drei Gazetten des marktbeherrschenden Verlags hatten die Veranstaltung keiner Ankündung und drei der fünf im Rat vertretenen Parteien - folglich? - auch nicht ihrer Teilnahme für wert erachtet: SPD und FDP sagten erst zu, dann kurzfristig wieder ab, die CDU reagierte gar nicht. Blieben die Grünen, mit einem amtierenden und einem ehemaligen Ratsherrn, ein Stadtrat der PDS, der wacker die bewährte Teilung der Welt in "fortschrittliche und reaktionäre Kräfte" herbetete, sowie zwei Publizisten der linken Szene. "Colonia Corrupta" heißt auch das Buch des Journalisten Werner Rügemer, der zunächst daraus - Erscheinungstermin ist Mitte Mai - vorlas. Das Kapitel lenkte den Blick auf einen SPD-Genossen, den viele in Köln für eine Schlüsselfigur der Bestechungsaffäre um die Müllverbrennungsanlage halten: auf den ehemaligen Oberstadtdirektor Lothar Ruschmeier, der 1998 aus dem Amt schied und - vom Rat, der das hätte unterbinden können, unbeanstandet - wenige Tage später Geschäftsführer eines Immobilienfonds wurde, zu dessen Projekten auch die KölnArena gehört. Was Rügemer andeutete, sprach der ehemalige Grünen-Chef Rolf Stärk in der Diskussion aus: Ruschmeier habe die Öffentlichkeit getäuscht und den Rat unter Druck gesetzt, indem er den Eindruck vermittelt habe, die Stadt müsse, wenn sie dem Bau der Müllverbrennungsanlage nicht zustimme, mit einer Schadensersatzklage rechnen. Die keineswegs neue Aussage stand im Raum, und es kann gut sein, daß sie dort zwischen dem vielen Nippes auch stehen bleibt. Denn wie in Köln mit dem Skandal inzwischen umgegangen wird, gleicht einer Betrachtung, die sich auf die Spitze des Eisbergs richtet, ohne zu fragen, was sich unter der Wasserfläche verbirgt. Die Aufklärungsrhetorik, die den Sumpf trocken zu legen verspricht, geht mit einer Aufklärungspraxis einher, die Jagd auf 38 Spendenquittungen macht. Den Skandal in eine Ecke zu schieben, in der Altlinke und Boulevardpresse zu einer kuriosen Koalition zusammenfinden, ist auch eine Variante, ihn zuverdrängen. Im Museum scheint er da, lange vor der Zeit, ganz gut aufgehoben.

 

 

weitere Texte:

 

Satzung

 

SPENDENAUFRUF

 

Berichte

 

Grundlagentexte

 

Veranstaltungen

 

Links

 

siehe auch:

 

 

Keime für Neues Arbeiten

 

 

e-Mail-Kontakt

Home-Page