209 C 308/01
Verkündet am 25.04.02
AMTSGERICHT KÖLN
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit der Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim e.V., ges.
vertreten durch Vorstand, Herrn Michael Birkenbeul und Frau Maria
Michels, Düsseldorfer Str. 74, 51063 Köln,
Klägerin,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Comes, Haakshorst,
Hüsken, K 1101, Boissereestr.
3 –K 1101-
, 50674 Köln – AZ: SSM./.
Heimann -
gegen
den Herrn Frank Heimann, Haus 3 Düsseldorfer Str. 74, 51063 Köln
Beklagten zu 1),
die Frau Gisela Heimann, Haus 3 Düsseldorfer Str. 74, 51063 Köln
Beklagte zu 2),
den Herrn Manu Heimann, Haus 3 Düsseldorfer Str. 74, 51063 Köln
Beklagten zu 3),
die Frau Lissy Heimann, Haus 3 Düsseldorfer Str. 74, 51063 Köln
Beklagte zu 4),
den Herrn Ronny Heimann, Haus 3 Düsseldorfer Str. 74, 51063 Köln
Beklagten zu 5),
die Frau Nina Heimann, Haus 3 Düsseldorfer Str. 74, 51063 Köln
Beklagte zu 6),
den Herrn Jimmy Heimann, ges. vertreten durch Eltern, Gisela u. Frank
Heimann, Haus 3 Düsseldorfer Str. 74, 51063 Köln
Beklagten zu 7),
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Hüttemann, Nickel u. Hoepner,
Franz-Kail-Str. 2,
51375 Leverkusen -AZ: 04087 /
01 / 11 – Heimann. / .SSM-
hat das Amtsgericht Köln
aufgrund der mündlichen Verhandlung 05.02.2002
durch die Richterin am Amtsgericht Finster
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt
nachgelassen, eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von
2.500,-- € abzuwenden, wenn nicht zuvor die Beklagten Sicherheit in
dieser Höhe leisen.
Tatbestand
Der klagende Verein ist gemäß Mietvertrag mit der Stadt Köln vom
7.7.1993 Mieter des Grundstücks Düsseldorfer Str. 74 in Köln, das zum
Teil zu Wohnzwecken, zum Teil zu Erwerbszwecken genutzt wird. Durch di
esen Vertrag wurde eine zuvor bestehende Hausbesetzung durch
Mitglieder des Vereins sowie weitere Personen legalisiert. Der Kläger
betreibt auf dem Grundstück ein Selbsthilfeprojekt, in welchem u.a.
Menschen am Rande der Gesellschaft ein Zuhause gefunden haben und sich
durch eigene Arbeit innerhalb des Selbsthilfeprojektes, z.B.
Wohnungsentrümpelungen, selbst unterhalten. Der Kläger, der nach
eigenen Angaben nur ein geringes Bareinkommen erwirtschaftet, zahlt
den Mitgliedern ein geringes Taschengeld. Dementsprechend wird der
Wohnraum an die Mietglieder und Mitbewohner und Unterstützerfamilien
nicht gegen Entgeld vermietet sondern im Rahmen des
Selbsthilfeprojektes zur Verfügung gestellt. Gezahlt werden von den
Bewohnern die auf ihrem Wohnraum entfallenden Nebenkosten und ggf.
eine Fehlbelegu8ngsabgabe an die Stadt Köln. Die ehemals besetzten
Wohnungen wurden von den damaligen Besetzern, zu denen auch die
Beklagten zu 1) und 2) gehören auf eigene Kosten mit erheblichen
finanziellem Aufwand saniert. Der Mietvertrag des Klägers mit der
Stadt Köln sieht deshalb vor, dass neben den Vereinsmitgliedern und
Bedürftigen auch solche Personen in die Wohnnutzung mit einbezogen
werden dürfen, die die arbeit des Klägers in dem oben genannten Sinne,
in einer Präambel zu dem Mietvertrag festhalten, unterstützen und dass
im Verhältnis zwischen den Vertragsparteien die damals vorgenommenen
Investitionen mit dem Mietzins verrechnet werden sollten, so dass der
Mietzins für ca. 15 Jahre beglichen war. Die Bewertung der
Investitionen erfolgt in einem Gutachten, aus dem sich auch die von
den Beklagten getätigten Investitionen ergeben.
Die Beklagten, von denen die Beklagte zu 1) an der Besetzung und auch
an den Vertragsverhandlungen mit der Stadt Köln beteiligt war, bezogen
1982 eine Wohnung auf dem Gelände. Seit 1997 streitet der Kläger mit
den Beklagten über den von den Beklagten als Nichtmitglieder sondern
sogenannte Unterstützer zu leistenden Arbeit bzw. die nicht geleistet
Unterstützung im Sinne des vom Kläger auf dem Grundstück betriebenen
Selbsthilfeprojektes. Die Beklagten betreuen sporadisch zwei geistig
behinderte Männer, die in der Wohngemeinschaft des Klägers leben. Im
übrigen beteiligen sie sich nicht an der Erwerbstätigkeit des Klägers,
sondern gehen außerhalb des Vereins einer eigenen Erwerbstätigkeit
nach. Sie unterstützen den Verein nicht durch besondere finanziellen
Zuwendungen, sondern zahlen die anfallenden Nebenkosten und eine
Fehlbelegungsabgabe an die Stadt Köln, da sie die Voraussetzung für
einen Wohnberechtigungsschein nicht erfüllen. Die Beklagten wohnen im
übrigen ihre Investition in Höhe von DM 70,-- in die bewohnte Wohnung
ab.
Nachdem es diverse, zum eil an die Öffentlichkeit getragene, Querelen
gegeben hatte, kündigte der Kläger mit Schreiben vom 27.6.2001, auf
das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, ein möglicherweise
bestehendes Untermietverhältnis zum 30.6.2001 und forderte die
Beklagten zur Räumung auf. Die Kündigung wurde damit begründet, dass
die Beklagten ihre Unterstützungs- und Arbeitspflichten verletzen
würden. Es sei die Hausgemeinschaft und ein möglicherweise bestehendes
Mietverhältnis zu kündigen. Im übrigen würden die Wohnräume dringend
für Mietglieder/Unterstützer benötigt, nämlich für aktive Mitglieder,
die durch LKW-Transporte und Laden den wirtschaftlichen Tragpfeiler
des Klägers unterstützen und auf kostengünstigen Wohnraum angewiesen
seien. Die Bedarfspersonen wurden namentlich benannt. Die Beklagten
seien auf Grund ihrer persönlichen, beruflichen und familiären
Situation nicht mehr berechtigt das Gelände zu bewohnen.
Nachdem der Kläger die Klage gegen den Beklagten zu 3) zurückgenommen
hat,
beantragt er,
die Beklagte zu 1), 2), 4) bis 7) zu verurteilen, die von ihnen
genutzten Wohnräume in der Düsseldorfer Str. 74 in Köln, Haus 3
(Ladengebäude), Dachgeschoss (3. Etage) geräumt herauszugeben.
Die Beklagten beantragen Klageabweisung und erheben Hilfswiderklage
auf Zahlung.
Sie behaupten, Unterstützung angeboten zu haben, diese sei jedoch
abgelehnt worden. Sie unterfielen im übrigen unabhängig davon, ob als
Vertragspartei des Mietvertrages Mit der Stadt Köln oder als Dritte
dem Schutz des mit der Stadt geschlossenen Mietvertrages und zwar
hinsichtlich des Mieterschutzes und des Kündigungsausschlusses, der
sich aus dem Recht auf Abwohnen der Investitionen ergebe. Sie
bestreiten den Eigenbedarf bzw. Betriebsbedarf.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig. Nach rügeloser Einlassung durch die Beklagten,
kann die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts dahinstehen.
Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen
Anspruch auf Rückgabe der Mietsache. Das Gericht geht davon aus, dass
zwischen den Parteien jedenfalls ein Vertrag mit mietrechtlichen
Schutzregelungen zugunsten der Beklagten anzuwenden sind. Erforderlich
ist eine Kündigung für die Beendigung des Nutzungsverhältnisses, die
den Mietrechtlichen Anforderungen entspricht. Dies gilt auch unter
Berücksichtigung des Umstandes, dass als Miete Naturalleistungen
geschuldet werden und die sich aus dem Nutzungsvertrag ergebenden
Pflichten im Hinblick auf die besonderen Formen des Zusammenlebens in
der Hausgemeinschaft von denjenigen, die sich aus dem klassischen
Mietverhältnis nach BGB ergeben, abweichen. Diesem Umstand ist bei der
Beurteilung der sich aus dem konkreten Rechtsverhältnis ergebenden
Ve5rpflichtungen und behaupteten Pflichtverletzungen Rechnung zu
tragen.
Die Kündigung hat nicht zur Beendigung des Mietverhältnisses geführt.
Es ist davon auszugehen, dass in diesem Rechtsverhältnis durch aus die
erhebliche Verletzung von Mitarbeits- und Unterstützungspflichten
einen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen können. Der
Kläger hat jedoch nicht vorgetragen, welche Pflichten konkret verletzt
worden sind. Voraussetzung wäre gewesen, darauf wurde der Kläger auch
im Termin hingewiesen, dass vorgetragen wird, welche Pflichten den
Beklagten oblegen hätten und nicht von ihnen erfüllt worden sind.
Konkrete Arbeiten für bestimmte Zeiten, die dem Beklagten übertragen
worden sind, sind nicht dargetan. Der pauschale Vorwurf, die Beklagten
kämen den ihr bekannten Pflichten nicht nach sind nicht ausreichend.
Da der Kläger konkrete Pflichtverletzungen nicht vorträgt, ist eine
Überprüfung, ob so gravierende Pflichtverletzungen vorliegen, die eine
Fortsetzung des Nutzungsverhältnisses unzumutbar machen nicht möglich.
Hierfür ist jedoch der Kläger darlegungspflichtig, so dass dies zu
seinen Lasten geht.
Soweit der Kläger sich auf Eigenbedarf/Betriebsbedarf bezieht, trägt
sein Vortrag einen Kündigungsgrund nicht. Nach dem Mietvertrag mit der
Stadt Köln und der tatsächlichen Umsetzung durch den Kläger durch
Nutzung des Geländes durch Mitglieder sondern auch bürgerliche
Unterstützer Bedarfspersonen im Sinne dieser Kündigungsgründe sind, so
dass ein Vorrang der vom Kläger angeführten Bedarfspersonen nicht ohne
weiteres erkennbar ist. Im übrigen gilt auch hier, dass nicht dargetan
ist, welche Pflichten konkret übertragen sind auf die beklagten, so
dass sich nicht nachvollziehen lässt, dass ausgerechnet die Beklagten
ihre Wohnung räumen sollten. Dass keine Alternativen bestehen, wird
nicht dargetan. Dass die Stadt Köln möglicherweise die Miete weiter
reduziert, wenn keine bürgerliche Familie das Gelände bewohnt, reicht
nicht aus, da die Reduzierung auf nur 50% mit Rücksicht auf die
Struktur der Bewohner dem Vortrag immanent ist.
Nach alledem ist eine Beendigung des mindestens mietähnlichen
Verhältnisses unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt erfolgt.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 269 Abs. 3 Satz
2 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Gez. Finster
|