Information der »Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim« vom 4.6. 02
Skandal in der Düsseldorfer Str. 74
Frank Heimann darf mietfrei wohnen
Richterin Finster stuft Unternehmer als bedürftig ein
Die SSM ist gegen die Familie Heimann vor Gericht gezogen. Die Familie
wohnt auf dem Gelände in der Düsseldorfer Straße 74, ohne aber
Mitglied unserer Selbsthilfegruppe zu sein. Das Verhältnis ist seit
Jahren zerrüttet, weil Frank und Gisela Heimann keine Miete an die SSM
zahlen und keine tatkräftige verbindliche Unterstützung leisten,
obwohl es eine vertraglich eingegangene Pflicht gibt. Zudem haben sie
der SSM öffentlich Mobbing und Diffamierung nachgesagt. Richterin
Finster vom Amtsgericht Köln hat die Räumungsklage der SSM gegen
Familie Heimann am 25.5.02 abgewiesen. Damit hat sie Recht gesprochen,
was nicht rechtens sein kann.
Es kann nicht rechtens sein, daß einer wohlhabenden Unternehmerfamilie
ebenso wie der SSM die Miete zur Hälfte erlassen wird. Sie ist
keineswegs bedürftig wie die SSM-Mitglieder es sind und sie leistet
keine soziale Arbeit.
Es kann nicht rechtens sein, daß den Heimanns ebenso wie der SSM der
Ausbau und die Renovierung ihrer eigenen Wohnung in Höhe von 70.000 DM
als gemeinnützige Sanierungsleistung anerkannt wird und sie dies 14
Jahre lang als Miete abwohnen können.
Es kann nicht rechtens sein, daß die Heimanns sich seit Jahren
beharrlich geweigert haben, einen ordentlichen Untermietvertrag mit
der SSM einzugehen, weiterhin eine Geschäftsordnung abzuschließen, in
der eine allwöchentliche Unterstützung der Selbsthilfegruppe
konkret-verbindlich festgeschrieben worden wäre.
Es kann nicht rechtens sein, daß die Heimanns nach Gutdünken Wohnraum
für Bedürftige blockieren können, obwohl seit Jahren ihrem
REHA-Unternehmen ein leerstehendes Familienhaus angegliedert ist und
für sie nutzbar war. Darüber hinaus haben sie die finanzielle
Möglichkeit, sich ein bestes neues Eigenheim zu leisten.
Es kann nicht rechtens sein, daß dadurch Sozialhilfeempfängern und
anderen ausgegrenzten Menschen die Chance verbaut wird, bei unserer
Selbsthilfe ein eigenständiges und von der »Stütze» unabhängiges Leben
zu beginnen.
Verkehrte Welt
Die Mitglieder der SSM engagieren sich seit vielen Jahren bei der
Wiedereingliederung von ausgegrenzten Menschen - ohne einen Pfennig
Gehalt dafür zu bekommen. Um sich am Markt behaupten zu können,
braucht das Selbsthilfe-Projekt allerdings Vergünstigungen bei der
Miete. Familie Heimann verdient ihr Geld durch ein eigenes
Unternehmen, die REHA-Training GmbH. Warum in aller Welt soll den
Heimanns dann unter die Arme gegriffen werden, nur weil sie auf
unserem Gelände wohnen?
- Stellen denn die Heimanns von ihren 170 qm Zimmer frei für einen
geistig Behinderten oder ehemals Drogenabhängigen?
- Machen sie mit ihnen eine Wohnungsauflösung, damit sie lernen
selbständig zu werden und Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen?
- Repariert Frank Heimann den LKW der Selbsthilfegruppe, wenn etwas
beschädigt wurde?
- Muß Gisela Heimann um ihr Taschengeld bangen, wenn zu wenig
Aufträge bei der SSM reingekommen sind?
- Ist den Heimanns die Integration von Ausgegrenzten so wichtig, daß
sie mit diesen zusammen ihren Unterhalt erwirtschaften?
All dies ist bei der SSM der Fall. Gisela und Frank leisten seit
vielen Jahren nichts für uns. Vielleicht bezeichnen sie sich selbst
als Unterstützerfamilie der SSM, weil sie selbst der Unterstützung
bedürfen? In Geld ausgedrückt haben sie unserer Selbsthilfe nach ihrer
eigenen Einschätzung jährlich 14.892 DM (bei 170 qm 1.241 DM mtl.) an
Miete verweigert. Von 1993 bis heute macht dies 134.028 DM
Wie konnte Frau Richterin Finster zu diesem Fehlurteil kommen?
Die Antwort erschließt sich aus ihrer Begründung des Urteils. Frau
Finster geht von einem uns äußerst befremdlichem Tatbestand aus und
kommt zu verqueren juristischen Konsequenzen.
1) Miete
Sie schreibt in der Urteilsbegründung: »Der SSM, der nach eigenen
Angaben nur ein geringes Bareinkommen erwirtschaftet, zahlt den
Mitgliedern ein geringes Taschengeld. Dementsprechend wird der
Wohnraum an die Mitglieder und Mitbewohner und Unterstützerfamilien
(!) nicht gegen Entgelt vermietet, sondern im Rahmen des
Selbsthilfeprojektes zur Verfügung gestellt.«
Das ist hanebüchen. Hiermit stellt Richterin Finster Frank Heimann,
der sein Geld als erfolgreicher Unternehmer verdient, auf eine Stufe
mit den einzelnen SSM-Mitglieder, die sich nur ein Taschengeld
genehmigen können und keinen Mietzins bezahlen. Selbstverständlich muß
aber der Verein SSM an die Stadt Köln Miete zahlen. Weil unsere
Selbsthilfegruppe über Jahre erfolgreiche Sozialarbeit leistet, ohne
dafür ein Entgelt zu bekommen, weil sie der öffentlichen Hand jährlich
mindestens 250.000 DM an Sozialausgaben erspart, hat die Stadt Köln
ihr die Miete zu 50% erlassen. Wohlgemerkt der SSM, keineswegs aber
der Familie Heimann.
Richterin Finster schreibt weiter: »Der Mietvertrag der SSM mit der
Stadt Köln sieht deshalb vor, daß neben den Vereinsmitgliedern und
Bedürftigen auch solche Personen in die Wohnnutzung mit einbezogen
werden dürfen, die die Arbeit der SSM unterstützen und daß im
Verhältnis zwischen den Vertragsparteien die damals vorgenommenen
Investitionen mit dem Mietzins verrechnet werden sollten, so daß der
Mietzins für 15 Jahre (eigentlich 14 Jahre) beglichen war.«
Frau Finster übersieht dabei, was der städtische Dezernent Fruhner in
einem Schreiben vom 4.5.01 feststellte: »Vertragspartei ist die SSM
e.V., nicht die Hausgemeinschaft und nicht die Familie Heimann.« Die
vorherigen Investitionen auf dem Gelände sind allein dem Projekt SSM
auf die Miete angerechnet worden, weil es gesellschaftlich wichtige
Aufgaben übernommen hat. Familie Heimann hat demnach keinen Anspruch
darauf. Wie können Gisela und Frank Heimann diese Vergünstigungen
seitens der Stadt für sich in Anspruch nehmen, welche Bedürftigen und
der Förderung moderner Sozialarbeit zugedacht sind? Dieses Rätsel
wissen wir nicht zu lösen.
Im Vertrag der SSM mit der Stadt Köln heißt es: »Die Untervermietung
zur Benutzung als Wohnraum ist zulässig.« Dieses Recht wird uns bei
der Familie Heimann verwehrt. Unseren gewichtigsten Kündigungsgrund,
nämlich daß Heimanns sich weigern, Miete zu zahlen, hat Richterin
Finster einfach nicht zur Kenntnis genommen, hat ihn gewissermaßen in
Luft aufgelöst.
2) Unterstützungsleistungen
Familie Heimann wie auch andere Familien hatten bereits vor dem
Vertragsabschluß mit der Stadt Köln im Jahre 1993 in den besetzten
Häusern der Düsseldorfer Str. 74 gewohnt und die SSM regelmäßig
unterstützt. Wie aber konnten diese auf dem Gelände eines sozialen
Projektes wohnen bleiben, obwohl sie keine Mitglieder und nicht
bedürftig waren? Diese Frage war eine große Hürde, die bei der
Vertragseinigung der SSM mit der Stadt Köln zu überwinden war. Die
Lösung sah vor, daß die SSM zur Untervermietung berechtigt ist und
darüber hinaus die Mitbewohner regelmäßig wichtige Aufgaben
beispielsweise beim Ausbau und der Unterhaltung der Gebäude
übernehmen.
Zur jahrelangen Verweigerung der Zusammenarbeit legt Richterin Finster
dar: »Die SSM hat jedoch nicht vorgetragen, welche Pflichten konkret
verletzt worden sind. Konkrete Arbeiten für bestimmte Zeiten, die
Familie Heimann übertragen worden sind, sind nicht dargetan. Der
pauschale Vorwurf, Familie Heimann käme den ihr bekannten Pflichten
nicht nach, ist nicht ausreichend.«
Wir haben natürlich vielmehr als Pauschales vorgetragen. Wir sind eine
Selbsthilfegruppe, daher ist uns das Prinzip von Befehl und Gehorsam
fremd. Also haben wir versucht, mit den Heimanns auszumachen, welche
Arbeiten sie verbindlich übernehmen. So schrieb die SSM am 21.4.1998
an Familie Heimann hinsichtlich der Konkretisierung ihrer
Pflichten. »Um zu Regelungen zu gelangen, die alle Seiten
zufriedenstellen, bitten wir Euch nunmehr, Eure Ankündigung
wahrzumachen und uns die angekündigten Vorschläge bis zum 12 Mai
schriftlich mitzuteilen. Auf der Basis eines solchen schriftlich
vorliegenden Vorschlages sind wir dann bereit, mit Euch mündlich zu
verhandeln.« Die Antwort vom 11.5.98 lautet: »Wir können uns mit der
von euch gesetzten Frist nicht einverstanden erklären, werden uns aber
dazu baldmöglichst erklären.« Die SSM hat bis heute keine Vorschläge
erhalten, mußte sich nur immer nachsagen lassen, daß sie »ein
mangelhaftes Demokratieverständnis bzw. fehlende Akzeptanz anderer
Lebensformen« hätte (Heimanns an die Ratsfraktionen am 16.11.00). Die
Haltung von Gisela und Frank Heimann ist eindeutig. Sie waren zu
keiner Zeit zu Absprachen über ihre Pflichten bereit. Wir konnten
ihnen keine konkreten Arbeiten übertragen, weil sie die Zusammenarbeit
überhaupt verweigerten.
Erst im Verfahren haben Gisela und Frank Heimann schriftlich
dargelegt, wie sie uns nach eigenem Gutdünken »unterstützt« haben
wollen all die Jahre. Daraus zieht Richterin Finster ein vernichtendes
Fazit : »Die Heimanns betreuen sporadisch (!) zwei geistig behinderte
Männer, die in der Wohngemeinschaft der SSM leben.« Darüber hinaus
vermag sie kein einziges Beispiel an Unterstützung durch Renovierung
oder Ausbau von Räumen der SSM zu nennen. Einerseits legt die
Richterin somit selbst die Nichterfüllung der Pflichten offen,
andererseits wendet sie die Klage ab, weil wir nicht angemahnt haben,
das Gisela und Frank Heimann beispielsweise das Treppenhaus bis dann
und dann nicht renoviert haben. Das verstehe, wer will.
Übrigens sind Gisela und Frank Heimann jetzt auf einmal doch zu einer
Zusammenarbeit bereit, wie sie am 11.5. über ihren Anwalt Herrn
Dreismann mitteilen ließen. Was ihnen jahrelang unmöglich war, geht
jetzt auf einmal wahrscheinlich aus gerichtstaktischen Motiven.
3) Eigenbedarf/Betriebsbedarf
Frau Finster schreibt: »Ein Vorrang der von der SSM angeführten
Bedarfspersonen ist nicht ohne weiteres erkennbar.« Es wäre davon
auszugehen, »daß auch bürgerliche Unterstützer (Familie Heimann)
Bedarfspersonen sind«. Was sollen wir dazu noch sagen? Vor Gericht
sind halt alle gleich, Unternehmer wie Bedürftige.
Unser Fazit:
Wir können beim besten Willen nicht verstehen, warum Richterin Finster
schon offensichtlich bei der korrekten Erfassung des Tatbestandes
gescheitert ist. Warum hat sie die widersinnigen Konsequenzen ihres
Urteils nicht besser bedacht? Wir können aber jetzt verstehen, warum
so viele Leute sagen, dass es keinen Sinn hat, zum Gericht zu gehen.
Weil Recht haben und Recht bekommen, zweierlei Dinge sind.
Wir wissen nicht mehr weiter.
Wir werden in Berufung gehen, aber können wir sicher sein, daß dann
nicht auch nach Schema 0815 formaljuristisch geurteilt werden wird?
Wird die wohlhabende Familie Heimann weiter Nutznießer aller Rechte
sein ohne einen Pfennig Miete zahlen zu müssen? Bedeutet das nicht
Verschwendung von Steuergeldern? Werden Gisela und Frank Heimann
weiterhin Wohnraum für ausgegrenzte Menschen blockieren können, obwohl
das Zusammenleben zerrüttet ist?
Unverhofft schickte uns Gerd Müller aus Mülheim eine Kopie eines
Briefes zu, den er nach Verkündung des Urteils am 11.5. an Frank
Heimann geschickt hat. Wir zitieren mit seinem Einverständnis: »Jetzt
komme ich zu dem Punkt, den ich nicht begreifen kann. Sie belegen und
bewohnen in dem Komplex eine Wohnfläche von ca. 170 qm. Eine Fläche,
die sinnvoll für bedürftige Menschen genutzt werden könnte und müßte.
Ich will gar nicht davon reden, daß Sie dort angeblich keine Miete
zahlen möchten und Sie sich auch sonst nicht ersatzweise engagieren
wollen oder können.
Der Skandal ist, daß Sie dort Wohnraum blockieren, obwohl Sie durchaus
in der Lage wären, woanders eine Wohnung zu bezahlen. Bitte ziehen Sie
AUS!! Ich will nicht an Moral appellieren, aber Sie möchten sich doch
wieder im Spiegel betrachten können, ohne ein ungutes Gefühl zu haben?
Sie mögen zwar formaljuristisch recht bekommen. aber es ist aus meiner
Sicht ein gestohlenes Recht.«
Wir denken, es ist an der Zeit, daß auch andere Menschen in Mülheim
und anderswo
den Mut finden, ihre Meinung zu äußern.
Briefe an:
Gisela und Frank Heimann, Düsseldorfer Str. 74, 51063 Köln
Sozialistische Selbsthilfe Mülheim, Düsseldorfer Str. 74, 51063 Köln
Auch Leserbriefe an den Kölner Stadt-Anzeiger, der regelmäßig zu der
Auseinandersetzung berichtete, finden wir wichtig.
Gerne versenden wir eine ausführliche Stellungnahme zu der Entstehung
des Konfliktes. Diese wie auch das Urteil sind hier Internet einzusehen.
Wir verweisen auch auf die Homepage
der REHA-Training GmbH, wo Frank Heimann Miteigentümer und
Geschäftsführer ist: www.reha-training.de Das oben erwähnte von ihm
jahrelang leerstehen gelassene Haus ist dort allerdings nicht
abgebildet.
Sozialistische Selbsthilfe Mülheim e.V., Düsseldorfer Str. 74, 51063
Köln,
Tel. 640 31 52, Fax 640 31 98, h.weinhausen@ina-koeln.org
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