Was hätte man sonst tun können?

Allgemein:

Die Chance zur "Zivilisierung der Außenpolitik" wurde durch die NATO-Länder, speziell die BRD nach dem Ende des "Kalten Krieges" nicht genutzt. Konsequent wurde in der Außenpolitik und auf weitere Einsatzfelder als früher ausgedehnt ("Interessenverteidigung": Blut für Öl und Einflußgebiete...) die Militarisierung fortgeführt.

Insgesamt sanken zwar die Verteidigungsetats seit 1990, jedoch funktioniert unter dem einstigen Kriegsdienstverweigerer Clinton eine massiver Rüstungsexport: "Manche Leute mögen unsere Exportpolitik abstoßen finden, aber das sichert unsere Arbeitsplätze und gibt uns Macht und Einfluß im Ausland" zitiert die Zeitschrift WirtschaftsWoche einen Waffenhändler.

Für die UNO wurden z.B. 1995 in einem Bericht von R.v.Weizsäcker und M. Quereshi Aufgaben für eine Umgestaltung vorgestellt. Die Umsetzung dieser Aufgaben hätte ihre jetzige Hilflosigkeit verändert. Es ist nach den Ursachen und den dahinterstehenden Interessen zu fragen, die dies verhindert haben.

Der Generalinspekteur Naumann sprach bereits 1993 offen aus: Für ihn gelten "nur noch zwei Währungen in der Welt: wirtschaftliche Macht und die militärischen Mittel, sie durchzusetzen." (SPIEGEL 18.1.93). Von vornherein wird von ihm sogar ein "vorbeugender Einsatz von Streitkräften vorgesehen".

Den Keime einer Friedens- und Konfliktforschung - speziell in der BRD - wurden mehr und mehr das Wasser abgegraben, sie wurden institutionell ausgehungert.

Die Einschätzung der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN von 1996: "Traditionelle staatliche Außenpolitik hat bislang vor der Aufgabe versagt, angesichts dieser Tragödien neue Ansätze für ein Konzept der Früherkennung, zivilen Konflikteindämmung und Friedensstiftung zu entwickeln" hätte spätestens nach der Regierungsbeteiligung zu verstärkten Aktivitäten in dieser Hinsicht führen müssen.

Statt militärischer Gewalt wurden damals die Mittel ökonomischer struktureller Gewalt gegen Aggressoren empfohlen. "Wir treten für den Aufbau des entsprechenden Sanktions-Instrumentariums unter der Kontrolle einer demokratisierten UNO ein. Wir sehen darin die zivile politische Alternative zu den gegenwärtigen Vorschlägen zur Militarisierung der UNO."

Nur unterstreichen (und den heutigen Kriegstreibern um die Ohren schlagen) kann ich die damalige Feststellung:

"Die Alternative und der Ansatzpunkt jeder modernen Sicherheitspolitik ist die Schaffung einer ökologisch-solidarischen Welt und die Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklung in allen Regionen. Diese internationale Strukturpolitik wirkt konfliktpräventiv."

Dazu noch ein Zitat aus meiner eher philosophischen Lektüre:

"Die Lanzen werden erst sicher zu Pflugscharen, sobald der Boden, worüber der Pflug geht, allen gehört; keine Stunde früher, keine später." (Ernst Bloch, Das Prinzip Hoffnung, S. 1035)

Zur Kosovo-Krise:

Es wurde der Eindruck erweckt, als wären vor dem Militäreinsatz alle anderen wirtschaftlichen und politischen Mittel versucht worden. Dies stimmt aber nicht. Weder gab es Waffenembargos gegen die Beteiligten (z.B. die durchaus auch nicht als Unschuldslämmer zu betrachtende UCK), noch wurden wirtschaftliche negative oder positive Sanktionen durchgesetzt. Auch auf der politischen Ebene hat sich herumgesprochen, daß der Vertrag von Rambouilet nicht optimal, sondern tatsächlich auch etwas hinterhältig gegenüber Serbien war. Wenn schon nicht bewußt hinterhältig, so dumm, was nicht weniger schlimm ist an solch sensiblen Punkten des Weltgeschehens.

Nicht zu vergessen ist auch die Schwäche der UNO eine Folge der Entscheidung der USA, den Vorschlag des UNO-Generalsekretärs Boutros Ghali abzulehnen die UNO-Mitgliedsländer sollten innerhalb ihrer Armeen kleinere Truppenteile so organisieren, daß sie auf Anforderung des UN-Generalsekretärs für friedenserhaltende oder auch friedenserzwingende Maßnahmen kurzfristig einsetzbar wären.

 

Der international bekannte Friedensforscher Johan Galtung betonte 1995, daß es in Jugoslawien, wie überall darauf ankomme, "das Legitime in den Zielsetzungen aller Konfliktparteien zu erkennen und in der Lösungsfindung zu berücksichtigen". Außerdem sieht er das Prinzip der Nationalstaaten prinzipiell als eine Gefahr für Stabilität an. Besser wäre eine Orientierung an einem nichtterritorialen Föderalismus.

Praktisch schlägt er den Einsatz von Friedensbrigaden vor, die in den Kriegsgebieten mit den Menschen tagtäglich mindestens 1000 Friedenskonferenzen in den Städten und Dörfern durchführen, die dann miteinander vernetzt werden. (nachzulesen in der "Graswurzelrevolution", einer Zeitschrift, die laut Einstellungsbogen des öffentlichen Dienstes im Freistaat Thüringen eine Tendenz zum Extremismus trägt...).

Wenn diese Vorschläge utopisch sind, dann ist das Überleben der Menschheit utopisch und wir verdienen den Untergang der menschlichen Zivilisation!


siehe auch: Memorandum von Juristinnen und Juristen

Alles zum Krieg in Jugoslawien

Erst mal wieder
ins Philosophenstübchen

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