DIE MEDIEN, KOSOVO UND "NEUE" NATO

Deutsche Kommentare "Serbiens Wahl: NATO-Bomben oder NATO-Soldaten" (Peter Münch, SZ, 17.2.99), "Bonner Ellbogen-Diplomatie" (Rudolph Chimelli, SZ 30.1.99) und "Hilflos im Kosovo" (Joachim Käppner auf erster Seite von Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt, DAS, 22.1.99), befürworten den militärischen Eingriff der NATO: "Und die OSZE? Ihre unbewaffnete Beobachter können nicht eingreifen. Ihre Mission,......... ist gescheitert. Die OSZE ... ist in einem heißen Konflikt die falsche Truppe am falschen Platz. Die NATO steht Gewehr bei Fuß.... Gegen Völkermord hilft nur eine sehr ernsthafte Drohung". Der DAS-Journalist instrumentalisiert den Begriff Völkermord, der hierzulande mit dem Holocaust verbunden ist und so wahrgenommen wird, um militärische Gewalt der ohne gleichen übermächtigen militärischen Organisation zu legitimieren. Verdreht wird die Tatsache, daß überall dort, wo ausreichend OSZE-Beobachter vorhanden sind, keine Kämpfe stattfinden. (Bonner Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye nach Pressemeldung 23.1.99).

Die Aufrufe zur militärischen Intervention (SZ, 27.1.99) von Volker Rühe und General Naumann waren in fast allen Medien zu lesen, ohne daß Kritik laut wurde. Unter solchen Umständen wäre es ratsam gewesen, ein deutliches Signal gesetzt zu haben, wenn nicht die Abwesenheit mindestens die strikte Zurückhaltung vom deutschen Außenminister Joschka Fischer bei der Sicherheitskonferenz in München gegenüber militärischen NATO-Akzenten, gerade dann, als in Rambouillet über Frieden politisch verhandelt wird und der französische Präsident Jacques Chirac den Friedensakzent "auf unserem Kontinent", wie er ausdrücklich sagte, auf Europa setzte.

Jacques Chirac und der britische Außenminister Robin Cook haben sich bemüht, Friedensverhandlungen zwischen der serbischen Regierung und ihrem Kosovo-Partner erfolgreich zu befördern. Kein Ton von Bedrohung war von beiden zu hören. Der erfolgreichen Reise von Außenminister Robin Cook nach Belgrad Ende Januar wurde hierzulande kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Nicht zufällig. Seit seinem ersten Gespräch mit dem jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic hat der britische Außenminister vor der internationalen Presse seine Bereitschaft zu verhandeln versichert.

Diese angemessene Haltung von London, einem offiziellen Mitglied der Balkan-Kontaktgruppe, kam hierzulande sehr ungelegen, wo gerade das Gegenteil verbreitet worden ist, ein Feindbild konstruiert und verkauft wurde, um damit Militärschläge zu begründen. Dieses perfide Bild wurde vom britischen Außenminister nicht gefördert. Während das Parlament in Belgrad offiziell eine Delegation nach Rambouillet unterstützt, unterschlagen deutsche Medien die Position Belgrads und die Sitzung des Sicherheitsrats in New York, die auf Bitte von Jugoslawien zustande kam. Deutsche Medien sind lieber Sprachrohr der NATO.

Der internationale französische Fernseh-Kanal TV5 zeigte die Belgrader Delegation, während hier am Sonntag 8.2.Vormittag im ZDF Programm Halb Zwölf (Eser mit Gäste) diese offizielle Delegation ignoriert blieb. Statt dessen wurde eine Frau einer albanischen, pro UCK Partei als Garant des Friedens präsentiert, gerade Sympathisantin jener Gruppierung, die UCK, die von Belgrad als terroristisch angesehen und aufgrund dessen nicht anerkannt wird. Bilder von den terroristischen Gruppierungen der UCK, die nach einer NATO-Intervention im Kosovo schreien, wurden hier verbreitet.

Für diese separatistisch terroristische Vereinigung gibt es in Deutschland überhaupt kein Problem, politisch offiziell zu wirken im Gegensatz zu ähnlichen Gruppen anderer ethnischer Minderheiten wie die PKK oder die entsprechende Organisation der Tamilen aus Sri Lanka. An jedem großen Bahnhof liegen inzwischen eine Vielzahl Zeitungen in albanischer Sprache aus, von denen einige laut Impressum in Deutschland hergestellt werden und die nach den Abbildungen zu urteilen, die Terror-Anschläge der UCK verherrlichen. Wie ist das möglich? Ist es nicht vorzustellen, was dann die Intervention eines Vernichtungsapparates wie den der NATO für solche rebellischen Kräfte bedeuten könnte? Keine verantwortliche Regierung würde eine solche Intervention eines Militärapparates auf ihrem souveränen Territorium freie Bahn lassen. Für jeden Beobachter ist offensichtlich, hinter wem die NATO mit unabsehbaren Konsequenzen steht.

Schon das britische Parlament hat sich mit dieser Gefahr befaßt und davor gewarnt. Salonkrieger in Politik und Kirchen wissen noch nicht, wo sie stehen, was das Völkerrecht oder die reine Vernunft gebieten. Es wurde ebenso eine wichtige Tatsache verschwiegen, die das französische Fernsehen am ersten Tag der Verhandlungen in Rambouillet verbreitete: beide Partner einigten sich, ein gemeinsames Komuniqué zu veröffentlichen, in dem beide Seiten die Gewalt in Kosovo verurteilen.

Bezeichnend für dieses merkwürdige Verhalten der deutschen Medien war auch das ZDF-Mittagsmagazin (19.1.99, 13 Uhr): An den Korrespondenten in Belgrad richtete sich die unglaubliche Frage, ob Belgrad den Krieg wolle. Natürlich wolle niemand den Krieg, antwortete unmißverständlich und seriös der deutsche Korrespondent aus Belgrad: alle Vorschläge für eine politische Lösung liegen auf dem Tisch und niemand versteht in Belgrad, noch anderswo, was dazu Generäle beitragen können, was sie in Belgrad eigentlich im Januar (17./18.1.99) zu suchen hatten.

Schon der Titel "Belgrad blockiert Aufklärung des Massakers von Racak" und

"Müssen erst Hundertausende sterben?" von Dieter Schröder in der Berliner Zeitung vom 19.1.99, verweist auf die herrschenden Propaganda-Lügen, die bei wichtigen deutschen Medien in bezug auf Serbien offensichtlich sind.

Die serbische Regierung war von Anfang an daran interessiert, das unaufgeklärte Massaker von Rack aufzuklären. Diese Aufklärung ist an erster Stelle eine Sache der inländischen offiziellen Stellen. Zu diesem Zweck wurden finnische Gerichtsmediziner von der jugoslawischen Regierung eingeladen, Beweismittel im Zusammenhang des Massakers zu sichern. Statt darüber unparteiisch sachlich zu berichten, haben Medien Deutschlands Berichte aus der amerikanischen Washington Post, die die serbische Seite belasten, unkritisch reproduziert.

Seit dem ersten Tag der Verhandlungen in Rambouillet hat Präsident Chirac, also Frankreich den Ton für ein Europa des Friedens gegeben. Nicht Deutschland. Völkerrechtliches Bewußtsein und Achtung für die gegebene Weltordnung signalisiert die französische Regierung deutlich. Sie erkennt die UN als die Organisation, der sich alle anderen, politischen und militärischen, unterzuordnen haben, so explizit Verteidigungsminister von Frankreich im offenen notwendigen Widerspruch zum amerikanischen Außenminister Cohen, der sich in München wagte, einen Militäreinsatz der NATO ohne UN-Mandat fürmöglich zu halten und ein Gespräch mit deutschem Verteidigungsminister Scharping anzumelden, um eine Erhöhung des deutschen Militäretats zugunsten der NATO zu fordern.

Außenminister Fischer hat sein Engagement für den Frieden und europäische Friedensinstitutionen geschwächt, indem er den militärischen Schlag ohne Mandat der UNO, als Ausnahme, als ultima Ratio auf der Münchner Sicherheitskonferenz (8.2.99) neben Schäuble und Cohen bezeichnete, ohne zu merken, daß er sich somit in den Teufelkreis der größten Irrationalität der europäischen Gegenwart begibt und die Vision eines integrierten Europas auf der Basis einer zivilen Konfliktlösung beerdigt.

Keine Ratio, keine Vernunft, deshalb auch keine ultima ratio, rechtfertigt heute den Einsatz von militärischen Mitteln angesichts der modernen Waffentechnologien, über die die NATO verfügt mit ihren unabsehbaren Folgen von Leid und Tod für Massen unschuldiger Zivilisten.

Unter dem aktuellen Druck aus Washington, das sich anmaßt, Verärgerung über Kanzler Schröder zu manifestieren, weil er die offene Debatte zum atomaren Erstschlag als legitime Diskussion erkannte, (SZ 7.2, BR-Fernseh-Sendung zur Münchener Sicherheitstagung am Sonntag 8.2.), wäre es ratsam und wirksam gewesen, seine Reise nach Washington abgesagt oder mindestens verschoben zu haben. Weiterhin liest man hier lediglich von militärischer Drohung. Das ZDF (13.2. um 19 Uhr) bringt die militärische Drohung der amerikanischen Außenministerin, die plötzlich in Rambouillet erscheinen will, gerade als Belgrad, die Unterzeichnung der Präambel der Friedensvereinbarung durch die serbisch-jugoslawische Seite verkündete, die die Souveränität Jugoslawien anerkennt. Wie paßt mit dieser Anerkennung die Drohung von Madeleine Albricht Truppen oder eine militärische Intervention aus dem Ausland anzustiften gegen den Willen eines anerkannten souveränen Staates? Der mittlerweile nach Rambouillet entsandte serbische Präsident Milan Milutinovic lehnte die Stationierung von NATO-Truppen auf jugoslawischem Territorium ab und den ungewöhnlichen Druck von Außenministerin Albricht auf die serbischen Seite. Der russische Außenminister Igor Iwanow erschien in Rambouillet und unterstütze die Position Belgrads. (ARD, 15.2.99).

An wen richten sich die deplazierte Drohung und Anmaßung der amerikanischen Außenministerin? Welches Land in Europa wird in die Falle einer solchen Aggression tappen?

Währenddessen verbreitet man in Deutschland Nachrichten über militärische Vorbereitungen, um in die Region Kosovo einzumarschieren. Offensichtlich geht es für die NATO-Bürokratie um Javier Solana und den langen Arm aus dem Pentagon und dem Weißen Haus in Washington, den Kosovo-Konflikt als Vorwand zu benutzen, um die "neue" NATO rechtfertigen zu können. Dabei fällt auf, daß sich die NATO, ob neu oder alt, im aktuellen Europa als völlig überflüssig erweist.

Seit 1992 strengen sich hohe CDU- und SPD-Politiker an, die Militarisierung der Außenpolitik zu legitimieren, bewußt davon, daß es dafür bei der deutschen und europäischen Bevölkerung keine Basis gibt. Man tut so, als wären militärische Eingriffe friedensschaffende Maßnahmen, um humanitäre Katastrophen zu verhindern, um Menschenrechte zu schützen. Hier liegt das Paradox und die Perversion des Denkens. Es sind gezielte Propaganda-Parolen, um die neue NATO der Öffentlichkeit zu verkaufen. Das Völkerrecht und die OSZE sind Hindernisse für diese Irrationalität; deswegen kommen Parolen en vogue wie Sonderweg, Alleingang, Bündnisfähigkeit, Zuverlässigkeit oder Kontinuität im Sinne der Erhaltung eines überflüssig gewordenen Bündnisses in Europa. Nicht einmal "Die Zeit" hat etwas erläuterndes dazu beigetragen. Selbst Helmut Schmidt konnte sich nicht von der Irre befreien, auch wenn er erkannt hat, daß es heute kein Feindbild für ein solches Militärbündnis gibt. Allerdings zieht der ehemalige SPD-Kanzler nicht die logische Konsequenz aus dieser in Europa deplazierten Organisation.

Es gibt offenkundig Kräfte, die ihrer Neigung zum militärischen Angriff nicht widerstehen können, wie aus der unpolitisch aggressiven Erklärung von Volker Rühe (BZ, 20.1.99) zu entnehmen ist ebenso wie aus dem Kommentar von Dieter Schröder (BZ, 19.1.99). Als vormaliger SZ-Chefredakteur hat er sich seit 1990 auffällig in der SZ darum verdient gemacht, damit militärische Optionen wieder salonfähig werden. Dazu ließ er die Redaktion entsprechende Intelligence-Mittel nutzen. Trotz seiner verwirrend verstellten Art konnte der BZ-Komentator sein Gusto für einen militärischen Eingriff nicht verheimlichen: Es ist berechtigt, sich damit zu beschäftigen, welche kriegstreiberischen Kräfte dahinter stehen. Wer hat hierzulande Interesse an dem Scheitern der OSZE? Vielleicht sogar an ihrer Auflösung? Wie kommt es, daß deutsche Medien den Militärs, der NATO applaudieren, nach militärischer Intervention rufen und die OSZE abqualifizieren? ("Machtlose Zuschauer", SZ 23.1.99) Warum ist das nicht umgekehrt, wie man es von einem friedvollen Land erwartet?

Ein Blick in die Berliner Morgenpost erläutert gründlich den Hintergrund dieser Anormalität: "Nach dem Willen der USA sollte bereits in den vergangenen zwei Wochen ein Militärschlag gegen Serbien geführt werden". "Die Vereinigten Staaten seien aber von den Europäern unter deutscher Führung daran gehindert worden. Die USA wollten nach der Auseinandersetzung in Racak Mitte Januar der Führung in Belgrad ein kurzfristiges und unannehmbares Ultimatum stellen, um so eine Legitimation für Luftschläge der NATO zu erhalten. In dieser Situation habe Bundesaußenminister Joschka Fischer die Initiative ergriffen und sich vehement dafür eingesetzt, daß zunächst im Rahmen der Balkan-Kontaktgruppe und damit unter Einbeziehung Rußlands ein Konzept mit einer Perspektive für eine politische Konfliktlösung erarbeitet werden konnte".

(Berliner Morgenpost, Freitagsausgabe 5.2.99 laut Berliner Zeitung vom 6/7.2.99).

"Deutsche Soldaten werden psychologisch geschult" liest man inzwischen in der SZ (11.2.99). Eine Einstimmung auf Krieg begann schon 1992: Rückständige Äußerungen wie die vom Verteidigungsminister Volker Rühe "die Deutschen brauchten aufgrund ihrer "Instinkte" 10 Jahre bis sie psychologisch für Kampfeinsätze gewappnet sind" (Berliner Zeitung, 22.6.92) finden Anhänger nicht nur in der Union, sondern auch bei der SPD: Ähnliche Äußerungen, die bedeuten können, den Geist von 1905 in 10 Jahren zu restaurieren, waren Anfang der neunziger Jahre vom damaligen SPD-Vorsitzenden und gegenwärtigen Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschußes Ulrich Klose zu vernehmen.

Psychologisch kalkuliert und bedacht für Deutschland ist auch der lanzierte Begriff Völkermord. Die Perversion des Denkens kennt keine Grenze: Ausschwitz wird gezielt instrumentalisiert. Eine ZDF-Heute Sendung (13.2.) brachte die Nachricht über Kosovo und die militärische Drohung von Madeleine Albright, dann Besuch Scharpings in Ausschwitz, dann Gedenken an Bombardierung von Dresden. Eine merkwürdige Sequenz (militärische Bedrohung Jugoslawiens-Auschwitz-Dresden), denn nach der militärischen Drohung von Albright wäre es angebracht gewesen, Dresden als makabere Bekundung von geworfenen Bomben und Feuer auf Menschen und Städte zu zeigen. Gerade diese schrecklich anschauliche Aufklärung mußte man verhindern: dazu kam Ausschwitz dazwischen. Später am selben Tag in der Tagesschau ARD um 20 Uhr war kein Dresden zu sehen, aber der Besuch Scharpings in Ausschwitz mit deutschen Soldaten, einer von ihnen spricht von Jugoslawien in unglaublicher Assoziation mit Ausschwitz. So läuft die angesagte Schulung von deutschen Soldaten zum Krieg.

"Die NATO als Schutz von Europa" (Gerhard Schröder, SZ, 10.2.99) wäre ein Alptraum für alle friedfertigen Länder der Welt. Vielmehr sollte der SPD-Kanzler eine neue Ostpolitik im Rahmen der Friedensorganisation der OSZE betreiben. Hier gilt die zutreffende Vision von stellvertretendem Vorsitzender der SPD-Fraktion im Bundestag als wertvolle Einschätzung und Orientierung: Gegenüber "früheren militärischen Bedrohungen, muß man heute den Akzent auf Kooperation statt Abschreckung setzen". "Die Amerikaner sind offenbar bereit, die derzeitige Schwäche Rußlands auszunutzen, um nationale Interessen durchzusetzen.... ...Im Kosovo-Konflikt wird keine Rücksicht genommen. Die derzeitige Rüstungspolitik ist geradezu ein Affront... Und diese Rücksichtslosigkeiten aus Washington kränken das russische Selbstwertgefühl. Bei der NATO-Osterweiterung "könnte es zu einer offenen Rüstungssituation kommen, mit neuen Elementen des kalten Krieges. Das wäre sicher ein zu hoher Preis für die Erweiterung. Wir brauchen eine neue, europäische Ostpolitik und einen kritischen Dialog mit Washington. Letztlich geht es um die Frage, ob es gesund ist, daß Amerika das politische Weltsystem allein bestimmt" (DAS-Interview mit Gernot Erler, 5.2.99).

Gerade als mühsame Fortschritte bei den Friedensverhandlungen in Rambouillet erzielt werden (SZ, 10.2.99), schaltet sich überraschend die amerikanische Außenministerin aus Washington ein, um die laufenden Friedensverhandlungen in Europa zu präjudizieren, indem sie mit Gewaltanwendung der NATO droht (SZ, 12.2.99). Unmißverständlich erklärt sie darüber hinaus: "Unsere Diplomatie stützt sich auf die Anwendung von Gewalt".... Es ist klar, daß es sich um die NATO-Gewalt handelt. Diese ungeheuerliche Haltung der USA als Mitglied der Balkan-Kontaktgruppe gibt Anlaß genug, um einzusehen, daß die USA gar kein Interesse haben, zum Frieden oder zum Erfolg in Rambuillet beizutragen, sondern eher im Gegenteil sind sie am Scheitern der Friedensgespräche interessiert, damit ihre NATO freie Bahn zum Eingreifen haben kann.

Diese Absicht verrät sich auch durch die unglaubliche Forderung der Kosovo-Albaner, die gleichzeitig mit der amerikanischen Gewalt-Drohung die Teilnahme der NATO an den Gesprächen zu fordern wagen. Ist es zufällig, daß der Besuch von Kanzler Gerhard Schröder in Washington von der Diplomatie des Weißen Hauses ganz im Sinne der militärischen Gewalt ausgenutzt wird? Eine gemeinsame Drohung von Clinton und Schröder aus Washington wurde (12.2.99) auf allen Fernseh-Kanälen verbreitet. Nach Fischers Bremsen eines Angriffs nach dem Massaker von Racak war für die Amerikaner dringend geworden, den deutschen Außenminister zu desavouieren.

Dazu bestellten sie in aller Eile den deutschen Kanzler ins Weißen Haus. Wenn SPD-Kanzler Schröder sich so bedauerlich in das amerikanische Spiel begibt, anstatt Distanz vom Weißen Haus zu bewahren, verliert Deutschland so unterwürfig an der Seite Amerikas als Mitglied der Balkan-Vermittlergruppe an Seriösität und erforderliche Unvoreingenommenheit für die schwierigen Friedensgespräche in Rambouillet. Staatsminister Ludger Volmer hat die Sachlage der Friedensverhandlungen betont: "Die Bundesregierung hat darauf hingearbeitet, die Steuerung der politischen Entscheidungsprozesse zum Kosovo in die Kontaktgruppe zurückzuverlagern. An der Kontaktgruppe ist auch Rußland beteiligt - von daher ist dies gar nicht in erster Linie ein Entscheidungsprozeß auf NATO-Ebene, auch wenn das in der Öffentlichkeit immer suggeriert wird... Institutionen der OSZE (werden) weiter gestärkt, vor allem personell ausgebaut werden". Profiliert sich im Kosovo nicht gerade die NATO als entscheidende Ordnungsmacht des 21.Jahrhunderts...? "Es gibt vielleicht Kräfte, die das so wollen. ..." (Interview mit Staatsminister Ludger Volmer, Freitag 12.2.99)

Um so stärker hörten sich Schröders Worte aus Washington als Mißklang an, wenn man die europäischen Anstrengungen für den kontinentalen Frieden wahrnimmt.

Während sich Diplomaten der Weltstaatengemeinschaft um ein gutes Klima vor dem Treffen bemühten, las man hierzulande in der Berliner Zeitung: "Die Bundesregierung plant erstmals den Einsatz von Leopard-Kampfpanzern der Bundeswehr im Ausland...."(4.2.99). Ob eine Werbung für die deutsche Rüstungsindustrie oder nicht, ist diese Art von Berichterstattung absolut unzulässig, unverantwortlich irrational, wenn es um Friedensstiftung geht. Und die Rheinische Post veröffentlichte am 1.2. einen Leitartikel: "Das Kosovo-Ultimatum", obwohl kein Ultimatum von der Balkan-Kontakt-Gruppe zu hören war, weder aus London, noch aus Frankreich, auch nicht aus Moskau, denn alle Verhandlungspartner sind wirklich an konstruktiven erfolgreichen Verhandlungen interessiert. Trotzdem wagte Rheinische Post in ihrem propagandistischen Leitartikel zu fragen "ernsthafte Verhandlungen oder Bomben?" (1.2.99) Ist etwa nicht hier die Antwort auf die ungeheure Frage der britischen Boulevard-Presse, die wagte, die Londoner Öffentlichkeit mit der alarmierenden Frage zu konfrontieren: "Versuchen die Deutschen jetzt zu erreichen, was sie im Zweiten Weltkrieg nicht geschafft haben?" (Massenblatt Sun, laut SZ 3.2.99). Eine Erklärung für diese unerhörte Kühnheit bieten die deutschen Medien selbst.

- Luz María Destéfano de Lenkait, Juristin und Diplomatin a.D., Kamperweg 16, 40670 Meerbusch -


Zum Krieg in Jugoslawien

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