Hintergründe: Anerkennungspolitik der BRD gegenüber den jugoslawischen Teilgebieten Kroatien und Slowenien:

  • SUPERILLU (Nr. 14, 31.3.199, S. 9): "Als Jugoslawien 1991 zerbrach, gelang es Milosevic mit Hilfe der jugoslawischen Armee viele Gebiete von Kroatien und Bosnien für sein "Großserbisches" Reich zu okkupieren."

Was zerbrach wann und warum?

  • Am 25. Juni 1991 erklärten die jugoslawischen Republiken Slowenien und Kroatien ihre Unabhängigkeit.

Sachlich ist zu vermerken, daß das anerkannte "Recht auf Selbstbestimmung" NICHT automatisch die Anerkennung eines eigenen Nationalstaates für jede Ethnizität bedeuten muß. In letzterem Fall ist die Gewährung von Minderheitenrechten grundlegend, was die Kommission prüfen sollte.

  • Schon im Januar 1991 hatte der "Verteidigungsminister" Kroatiens in einem TV-Interview von der "unumgänglichen Ausrottung der Serbenhochburg Knin" gesprochen. Er hatte dazu 36 000 Maschinengewehre aus Ungarn besorgt.

  • Zwei Tage nach der Unabhängigkeitserklärung begann die Jugoslawische Bundesarmee mit der bewaffneten Verteidigung der jugoslawischen Grenzen. Dabei kam es u.a. dazu, daß die jugoslawischen Soldaten in ihren eigenen Kasernen von der neuen kroatischen Territorialarmee blockiert wurden. Die ersten Toten des Krieges waren Serben.

Dies kann man wohl kaum als "Okkupation ... mit Hilfe der jugoslawischen Armee" interpretieren.

  • In dieser Zeit befürworteten auch die USA und die meisten EG-Staaten einen einheitlichen jugoslawischen Staat.

Diese Situation kann verglichen werden mit dem Kampf um Selbstbestimmung des kurdischen Volkes gegenüber dem türkischen Staat. Hier "sind die Interessen andere" wie Clinton 1999 auf entsprechende Befragungen antwortete. Es geht also durchaus (zumindest auch und nicht unerheblich) um ANDERE Interesse, als lediglich die der vor Ort betroffenen Menschen, sondern um Machtpolitik.

  • Die BRD (Außenminister Genscher) erkannte im Dezember 1991 Slowenien und Kroatien an und setzte sich damit über das EG-Übereinkommen hinweg, nach dem eventuelle Anerkennungen erst ab 15.2. 1992 vollzogen werden sollten und die Ergebnisse der Badinter-Kommission abzuwarten seien. "Der deutsche Alleingang schuf vollendete Tatsachen."
  • "UN-Generalsekretär J.P.de Cuellar hatte die deutsche Bundesregierung im Dezember 1991 noch gewarnt, daß eine Anerkennung von Slowenien und Kroatien zu einer Ausweitung der Aggression führen werde."
  • "Auf der Grundlage einer sachlichen Prüfung wäre bezüglich der Anerkennung der Republiken des ehemaligen Jugoslawiens zu differenzieren gewesen." (Axt, H.-J.; Hat Genscher Jugoslawien entzweit? In: Der Krieg auf dem Balkan, Verlag für int. Politik Bonn 1994).
  • Die Anerkennung Kroatiens machte die dort lebenden Serben über Nacht zu einer Minderheit. Das kroatische Parlament hatte am 25. Juli 1990 Ergänzungen zur Verfassung beschlossen, die eine systematische Unterdrückung der Serben einleitete. Die Anerkennung OHNE das Stellen von Bedingungen an die kroatische Führung (wie von der EG geplant) gab die Möglichkeit aus der Hand, nationalistische Tendenzen (in Kroatien gegen die Serben, die dann als provozierter Vorwand für die serbischen Angriffe dienten) zurückzudrängen.
  • Die Kroaten vertrieben dann auch 1995 mit westlicher, besonders US-Unterstützung 200 000 - 250 000 Menschen in die serbisch kontrollierten Gebiete Bosniens.

Davon abgesehen, daß jeder einzelne vertriebene Mensch einer zuviel ist, zeigt dies, daß zumindest die Medien und Politiker eine extreme Asymmetrie in der "Wichtigkeit" der Flüchtlingsmengen erzeugen. Hunderttausende flüchtende Serben werden zur geschichtlichen Fußnote gemacht, während die von Serben vertriebenen Menschen ab ca. Zehntausend medial zur weltgeschichtlichen Katastrophe werden.

  • Sogar die Bosnier und Mazedonen opponierten gegen die Anerkennung von Slowenien und Kroatien, weil sie sich dann selbst gzwungen sahen, die Unabhängigkeit zu erklären. Daß ein solcher Schritt die Serben provozieren und zu einer Eskalation der Gewalt führen würde, war der politischen Führung in Sarajewo klar." (ebd.)
  • Danach folgte die Unabhängigkeitserklärung Bosniens (auf Grundlage eines Referendums, das die Serben in Bosnien boykottierten) und der Krieg in Bosnien.
  • Für das Nachvollziehen der Motive der Anerkennung von Slowenien und Kroatien ist es nicht unerheblich zu wissen, daß Mazedonien damals NICHT anerkannt wurde, obwohl es hier keine Bedenken gegeben hatte. Hier gab es nämlich Widerstand von Seiten Griechenlands.

  • Alles zum Krieg in Jugoslawien

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