Wissenswertes über das Klo

Von Elisabeth Rindke

Jahresarbeit 9.Klasse der Freien Waldorfschule Jena 1997

Am Anfang der 9.Klasse bekamen wir die Aufgabe, über ein selbst gewähltes Thema eine Jahresarbeit zu schreiben. Fast alle waren konfus und wußten nicht, über was man berichten könnte. Doch nach und nach fanden immer mehr eine Lösung für dieses Problem und machten sich an die Arbeit.

Mich reizte die Idee, über die Geschichte des Klosetts zu berichten.
Bald stellte ich jedoch fest, daß dies eine heikle Geschichte war. Überall wo ich nachfragte, wurden die Auskünfte meist nur ungern und kurz gegeben. In Bibliotheken und Buchhandlungen bekam ich nur sehr wenige Informationen. Nachbarn und Freunde kamen sich zum Teil veralbert vor, wenn ich versuchte, durch sie etwas über dieses anrüchige Örtchen zu erfahren. So war ich über jede Auskunft, die mir gegeben wurde froh.
Nach und nach bekam ich einiges Material zusammen, auch durch die Hilfe von Eltern, Verwandten, Lehrern und Schülern.

Misthaufen auf dem Lande

Trotzdem dauerte es jedoch Monate, bevor ich diese in einem Referat zusammenfassen konnte.

Seit jeher müssen Menschen die Nahrung, die im Körper (Magen) nicht verdaut werden kann, ausscheiden. Doch früher war die Erfindung des heutigen Wasserklosetts noch weit, also blieb den Menschen damals nur Baum, Busch oder ein Loch in der Erde. Diese Methode erinnert an Katzen, welche sehr reinliche Tiere sind und ihren Kot mit der Erde bedecken.
In ländlicheren Gegenden war und ist noch der Misthaufen, der Ort der für den Kot der Tiere bestimmt ist. Dieser Ort wurde damals auch für die menschliche Notdurft gebraucht, da ja der Geruch des Mistes alle Geruchsorganen ein schweres Leben macht, ist der Stuhlgang eines Menschen für ihn keine Konkurrenz.

Toilettenanbau an der Leuchtenburg

Die ersten Abortanlagen sollen jedoch schon 2800v.Chr. in Mesopotamien bestanden haben. Sie sind auch in kretisch-mykenischen Palästen vorhanden gewesen und hatten einen unmittelbaren Anschluß ans Meer, das die Fäkalien fortspülte. Auf Kreta waren die sanitären Einrichtungen und die Kanalisation auch 2000v.Chr. sehr hoch entwickelt. Der große Palast von Minos in Knossos enthielt ein gut durchdachtes Kanalisationssystem. Das Regenwasser wurde vom Dach aus durch eingemauerte Rohre bis in unterirdische Abflußkanäle geleitet, ebenfalls das Abwasser aus Badezimmern.
In den antiken Städten mündeten die Abflüsse in die großen Abwasserkanäle, die Kloaken (Cloaka maxima in Rom).
Auch in Side, der größten Hafenstadt des antiken Pamphyliens, hat man bei Ausgrabungen unter der Hauptstraße und selbst unter den engsten und kleinsten Gassen ein ausgezeichnetes Kanalsystem gefunden, welches mit Bogengewölben überdeckt war. Außerhalb der Stadtmauern Sides befand sich die monumentale Brunnenanlage (Nymphäum), sie bestand

Side - Byzanz – Bad

aus einer sehr reich geschmückten Fassade mit drei Nischen und einem Wasserbecken davor. Das für den Brunnen nötige Wasser wurde mittels Rohren herangeführt und floss aus den Wasserspeichern in der Mitte der Nischen. Die öffentliche Toilette (Latrium) ist das best erhaltene und zugleich prächtigste Exemplar Anatoliens. Unter den 24 Toiletten verlief die Kanalisation und vor ihnen floss durch einen Kanal das Wasser zum Waschen.

Side – Latrium

Diese wahrhaft fortschrittlichen Anlagen wurden durch Kriege und den damit verbundenen Untergang der Kulturen, zerstört und vergessen. Nachfolgende Generationen verwendeten wieder primitivere Anlagen.
Im Frühmittelalter benutzten die Menschen den Donnerbalken, der es ermöglichte, nicht mehr hocken oder stehen zu müssen, während man seinen Blähungen im Magen - Darmbereich freien Lauf lies.
Im 13.Jahrhundert waren die Straßen Eng und ungepflastert. Abfälle und Kot versetzten sie in einen schlimmen Zustand. Auch die Schweine tummelten sich dort. Da das direkte Betreten der Straßen unter diesen Umständen nicht möglich war, benutzte man zum Laufen Springsteine und Holzzapfen.
Häufig verwendeten die Bürger Bach- und Flußwasser in ihren Küchen. Da die Wasserläufe gleichzeitig die Abfälle aufnahmen, förderte dies das Auftreten von Krankheiten. Seuchen wie Cholera und Pest forderten das Leben tausender Menschen.

Altes Wohnhaus

In der Mitte des 14. Jahrhunderts war die Hygiene auch nicht die Beste, vielerorts lief noch die Jauche auf die Straße. In Nürnberg soll es dann jedoch im 15.Jahrhundert öffentliche Bedürfnisanstalten gegeben haben. Die, so heißt es, aber nur einmal im Jahr entleert wurde. Häusliche Einrichtungen gleichen Zwecks bestanden in den sogenannten Sekrethäusern über der Straße oder einer Gelegenheit im Hofe. Die, zugunsten der Hausbewohner, hoffentlich nicht nur einmal im Jahr geräumt wurden.
Diesen unhygienischen Zuständen standen die Menschen eher gleichgültig gegenüber. Sie interessierten sich in dieser Zeit mehr für Kunst, Technik und Wissenschaft.

Klosettschuppen

Im 15.Jh. wurde dann aus dem Donnerbalken das Plumpsklo, das meist mit einem Häuschen versehen außerhalb und weit weg vom Haus, wegen der Geruchsbelästigung, seinen Platz hatte. Vorher war das stille Örtchen auch als Nische oder Erker Teil des Wohnhauses.

Toilettenanbau

In der Zeit des Barocks mag Geldmangel Auch ein Grund für die noch immer schlechten sanitären Verhältnisse gewesen sein.
Vielerorts lagen, wie im Mittelalter, die Düngerhaufen vor den Häusern und das umherlaufende Vieh behinderte die Passanten.
1596 konstruierte John Harrington aus Stepney/ England das sogenannte Hebersystem, eine genial einfache Art der WC-Spülung mit ventillosem Auslauf, die auf dem Unterdruck-prinzip basierte. Es kam jedoch zu keiner über die Landesgrenzen tretenden Allgemeinverbreiterung.

Englisches Spülklosett

In Berlin, das nach dem Dreißigjährigen Krieg in wenigen Jahrzehnten von sechstausend auf zwanzigtausend angewachsen war, sorgte man allerdings schon für eine gewisse Reinlichkeit. So erließ man 1680 die Verordnung: "Wer aus Höfen und Ställen den Unrat auf die Straße werfe, dem solle er wieder ins Haus geworfen werden."
Doch Parfüm und Puder wurden für die Körperpflege mehr verwendet als Wasser. Dieser Mangel an Reinlichkeit begünstete das Ungeziefer, gegen das man sich mit besonderen Geräten, vornehmlich "Kratzhändchen" ZUR Wehr setzte. Im krassen Gegensatz zu dieser Unsauberkeit stand das parfümierte Spitzentaschentuch, das bei oberen Schichten im Barock aufkam..
Ende des 18.Jh. mit der Industrialisierung vergrößerte sich in kurzer Zeit die Anzahl der in den Städten lebenden Menschen, dadurch kam es unter anderem zu hygienischen Problemen.
Das in großen Mengen anfallende Abwasser aus den Städten verursachte eine starke Verschmutzung der Gewässer, so daß deren biologische Selbstreinigung nicht mehr ausreichte.

Bau einer Kanalisation
Mehrfamilienhaus mit Anschluß

Große Persönlichkeiten wie z.B. Virchow und Pettenkofer erkannten die lebensbedrohlichen Folgen, die durch das Abwasser verursacht werden konnten und forderten wirksame, gesetzliche Maßnahmen zum Schutze des Menschen und seiner Umwelt.
Die ersten zentralen Anlagen zur Abwasserableitung und –reinigung wurden 1842 in Hamburg und 1856 in Paris gebaut.
In der darauffolgenden Zeit war das Klosett wieder im Haus vorzufinden.
Vorwiegend an der Nordseite, da die Sonnenwärme Geruchsbelästigungen hervorruft. In Mehrfamilienhäusern waren sie auf den Zwischenpodesten des Treppenhauses untergebracht. Damals gab es folgende Systeme:

  1. Das Grubensystem: Die Auswurfstoffe wurden in gemauerten Gruben gespeichert und in gewissen Abständen abgefahren.
  2. Das Kübel – Tonnensystem: Hier wurde alles in auswechselbaren Kübeln unmittelbar unter dem Abortsitz, oder in Tonnen außerhalb des Abortraumes, gesammelt.

    Man verwendete zur Bindung des Geruchs Torfmull oder Asche, wodurch sich der Inhalt in eine fast trockene Masse verwandelte.
  3. Die direkte Beseitigung: Die Ausscheidungsprodukte (Exkremente) wurden hier nicht mehr gespeichert, sondern durch Spülwasser in die Straßenkanalisation abgeleitet.
    Diese mußten dann als Schwemmkanalisation eingerichtet sein und in regelmäßigen Zeitabschnitten mit Druckwasser durchgespült werden.

Tonnenwagen und Pumpe in Thätigkeit

Im 19.Jh. also 2000 Jahre, nachdem der Engländer Harrington das Wasserklosett (WC) erfunden hatte, konstruierte man auch in Deutschland das WC. Doch an eine flächendeckende Nutzung war nicht zu denken.
Nach dem 2.Weltkrieg wurden die Wasserklosetts beim Wiederaufbau der Gebäude gleich mit in den Wohnungen installiert. Das noch bis in diese Zeit gebrauchte Nachtgeschirr, welches man verwendete um sich den nächtlichen Gang über den Hof, zur Toilette, zu ersparen, verlor somit seine Notwendigkeit. Nun konnte man sein "Geschäft" im Warmen verrichten.
In der Gegend um Bad Klosterlausnitz konnten sich die Bauern und Handwerker jedoch erst im Verlaufe der nächsten 10-15 Jahren ein Wasserklosett leisten und einbauen.

Städtische Errungenschaften: Wasserklosetts und Badewanne.

Doch die sanitären Einrichtungen haben bis in unsere Zeit einen enormen Fortschritt gemacht. Die heutigen Toiletten und Bäder z.B. in Hotels sind sehr luxuriös eingerichtet; in seltenen Fällen sind die Aborte sogar mit einer vergoldeten Klobrille versehen und die Wasserhähne mit Gold überzogen.
In den Haushalten begnügt man sich jedoch schon mit Chrom, was auch nicht immer der Fall sein muß, denn manche Menschen bevorzugen eben ein luxuriöses Ambiente.

Luxus – Bad

Mit der zunehmenden Technisierung unserer Gesellschaft wurde es nötig, weitere Toilettenvarianten zu entwickeln. Denn es kennt bestimmt jeder dieses Gefühl, dringendst mal ein gewisses Örtchen aufsuchen zu müssen, und da kommt einem schon die Vielfältigkeit der Aborte, in den verschiedenen Verkehrsmitteln, gerade recht. Sei es im Reisebus, in der Bahn, in der Luft per Flieger, oder auf dem Ozean, überall dort gibt es entsprechende Möglichkeiten, dem inneren Druck nachzugeben.
Während man in der Vergangenheit keine Rücksicht auf den Wasserverbrauch und die Entsorgung nahm, versuchen heute schon einige engagierte Menschen umweltverträgliche, wasserentlastende und –sparende Varianten zu entwickeln.
Eine Möglichkeit ist, z.B. das man Abwasser, welches beim Duschen und Waschen entsteht, zur Toilettenspülung weiterleitet. Auch Regenwasser eignet sich gut als Spülflüssigkeit. Regenwassernutzanlagen stoßen deshalb auf großes Interesse.
Die Umweltexperten beschäftigen sich aber auch mit einer umweltgerechten Entsorgung der Fäkalien. So gibt es neben den bestehenden Klärwerken, die Abwasser chemisch reinigen, auch Pflanzenkläranlagen, die nach biologischen Gesetzmäßigkeiten arbeiten.
Letztere stoßen jedoch bei den Wasserbehörden und Kanalbauern nicht auf Gegenliebe, obwohl mit der Biologischen Reinigung des Abwassers ein höherer Reinigungsgrad erreicht werden kann. Außerdem entsteht hierbei kein verseuchter Klärschlamm, welcher hernach, bei der zentralen Kläranlage, zu einem unlösbaren Entsorgungsproblem wird.

Pflanzenkläranlage

Eine Pflanzenkläranlage besteht aus einem oder mehreren Becken, die mit Kies oder Sand gefüllt sind. Als Bepflanzung verwendet man Sumpfpflanzen. Im Untergrund sind die Gruben mit Teichfolie abgedichtet.
Pflanzenkläranlagen können jedoch die zentralen Klärwerke nicht ersetzen. Einen ökonomischen Nutzen hätten sie jedoch für kleine Dörfer und Einzelgehöfte, da dort ein Anschluß an das zentrale Klärwerk für die Einwohner hohe Kosten verursacht. Doch die Wasserbehörden sträuben sich gegen biologische Entsorgung, bei der man auch guten Humus für den Garten gewinnen kann, und so werden Pflanzenkläranlagen wohl Einzelexemplare bleiben.

Trockenklo

Keine Kläranlage brauchen jedoch nur die "Trockenklos", welche man meist in Kleingartenkolonien und in Lauben vorfindet. Doch nicht alle Laubenbesitzer sind so umweltfreundlich, häufig werden auch die umstrittenen Chemietoiletten verwendet. Bei welchen die Desinfektionsmittel Keime abtöten und unangenehmen Geruch binden sollen. Doch der Umgang mit solchen Sanitärflüssigkeiten ist gefährlich, da sie meist ätzende Substanzen enthalten, wo Allergien und Verätzungen nicht auszuschließen sind.
Wenn mit solchen Mitteln behandelte Exkremente auf den Komposthaufen kommen, weil auf der Verpackung "biologisch abbaubar" stand, was natürlich bei solchen starken Mitteln nur in großer Verdünnung und in zentralen Klärwerken gewährleistet werden kann, hat dies für den Komposthaufen und seine Funktionen erheblichen Folgen.

Rindenschrottoilette

Eine Rindenschrotttoilette ist dagegen ideal für die Gartenlaube und schluckt nicht nur den Stuhlgang eines Menschen sondern organische Küchenabfälle. Nach zweijährigen Rotteprozeß kann der Inhalt als fertiger Kompost entnommen werden.
Im herausnehmbaren Behälter wird festes von Flüssigem schon automatisch getrennt.

Öffentliche Toilette in Griechenland

Andere Länder andere Sitten. In Griechenland und in Frankreich zum Beispiel, bestehen die öffentlichen Klosetts bloß aus einer Keramikschüssel, die in den Boden eingelassen ist, die Fußabstellfläche ist etwas erhöht. In den privaten Haushalten gleichen sie doch den deutschen Klos wie ein Ei dem anderen.

Der Aufbau und die Funktionsweise eines Spülkastens und eines WC´s:


Das WC besteht aus einem Spülrohr, dem Spülkasten, der Toilettenschüssel und dem Abfluß. Die Betätigung des Knopfes oder eines Kettenzuges löst einen Hub der Saugglocke aus, damit öffnet sich das Ablaufventil. Das Wasser strömt in das Spülrohr, bis der Schwimmer so niedrig schwimmt, daß durch ihn der Zufluß der Wasserleitung geöffnet wird und so lange offen bleibt, bis der Wasserbehälter wieder aufgefüllt ist und der Schwimmer den Zufluß wieder verschließt.

Die im unteren Teil des Klosetts stehende Wassermenge verhindert das Eindringen der Kanalgase in den Abortraum.

Nun nachdem ich die Toilette von oben bis unten gründlich inspiziert habe und auch in die Vergangenheit "gerutscht" bin, befinde ich mich wieder in der Gegenwart und kann nun nach arbeitsreichen Stunden mit Kennerblick den Toilettendeckel schließen und einmal kräftig ziehen.

 

Literaturnachweis:

Brockhaus, Abort - Abtritt
Kulturgeschichtliches: S.41

Kayhan Dörtlük, (Archäologe) "Antalya" Keskin color Kartpostalik Ltd. Sti. Matbaasi 1993

Walter Zöllner, "Reise in die Gotik" Prisma Verlag Zenner und Gürcht, Leipzig 1979

Hans Brechstein, "Reise in die Renaissance" Prisma Verlag Zenner und Gürcht, Leipzig 1980

Edith Fründt, "Reise in das Barock" Prisma Verlag Zenner und Gürcht, Leipzig 1985: Seite 46, 49, 56

Dieter Grundmann, " Grundlagen der Abwasserbehandlung" VEB Verlag für Bauwesen, Berlin 1986

Intewa, Ingenieur – Gesellschaft für Energie – und Wassertechnik mbH, Prospekt 1995

Elisabeth Melzer, "Kraut und Rüben" BLV Verlagsgesellschaft mbH Prospekt 1991

Der Spiegel, "Spurloses Gleiten" 1996


Text von Elisabeth Rindke, HTML von Norbert Ehms

- Diese Seite und ist zu Gast in quot;Annettes Philosophenstübchen" 1997-2000 - http://www.thur.de/philo/klo2/Das_Klo.htm -

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