Der Sog der Kriegstreiberei oder:
Wer ist alles Taliban?

Es begann mitten im Jubel über die Vereinigung der beiden deutschen Teile. Das Kapital ließ sich von uns Ossis das Volkseigentum in den Rachen schmeißen, und wurde immer hungriger. Wenn das Kapital uns bei seinem Raubzug über den Rest der Welt einige Bröckchen an Wohlstand überließ, damit unser sozialer Friede nicht gefährdet werde, waren wir recht zufrieden - zumindest bis Hartz IV kam.

Heute wissen wir, dass die Eingemeindung des östlichen Landesteils in die kapitalisierte Wirtschaft nur ein eher kleiner Schritt im Sturmeslauf der "Globalisierung" war, aber dass dieser Sturm nicht einfach dem besseren Funktionieren der kapitalistischen Ökonomie zu verdanken ist, sondern weit mächtigere Kampfmittel einsetzt, konnten wir auch seit damals wissen. Nicht umsonst verkündete der promovierte Geschichtsexperte Kohl in seiner Regierungserklärung von 1991:


"Deutschland hat mit seiner Geschichte abgeschlossen. Es kann sich künftig offen zu seiner Weltmachtrolle bekennen und soll diese ausweiten."

Der Umbau der Bundeswehr zu einer globalen Interventionstruppe war seitdem beschlossene Sache. Viele von uns standen zwar wie vor dem Ende der DDR mit brennenden Kerzen im Kreis vor der Kirche - aber das neue System ließ sich längst nicht so leicht einschüchtern. Immer wieder vereinigen wir uns auch in großen Friedensdemonstrationen. Die Polizeiübergriffe tun mindestens genau so weh die auf dem Alexanderplatz am 7.10.89 - aber wen störts denn schon. Im Gegenteil: Wer den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan fordert, wird in die Nähe der Taliban gerückt, wie es dem LINKEN-Sprecher Gysi im Bundestag geschah. Und wie gegen die Taliban vorgegangen wird, erleben wir seit Jahren.

Es hat wieder einmal funktioniert: Zuerst wurde der böse Feind im Äußeren lokalisiert, ganz weit weg, außerhalb unsrer Schmerzgrenze. In Jugoslawien wurde die Menschenrechts-Verteidigungs-Ideologie zurecht geschmiedet und wer nach einigen Jahren der Gewohnheit und den ersten "eigenen" Toten immer noch in der Lage ist, zu durchschauen in wessen Interesse das Ganze sich abspielt, wird schließlich selbst zum Feind erklärt. Es trifft ja nicht nur Politiker, die vielleicht ein starkes Wort wegstecken können. Ich selbst geriet beim G8-Protest in mehrere recht brachiale Personenkontrollen und wer heutzutage eine Demo anmeldet, muss für alles, was dabei eventuell geschehen könnte, haften. Grundrechte, die einst als Vorzug des Westens gegen den Osten propagiert wurden, geraten unter die Räder der Militarisierungsmaschinerie.

Übrigens: Um ganz ehrlich zu sein, müssen wir uns dabei immer noch fragen, inwieweit wir als BürgerInnen eines Staates, der ganz vorne steht im globalen Kapitaldurchmarsch, nicht einerseits gegen seine Politik protestieren - aber andererseits auch insgeheim profitieren vom wirtschaftlichen Ertrag seiner Raubzüge. Mit "Ein bißchen Frieden" ist es nicht getan!

Alles Taliban,
oder was?

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