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Perry Rhodan - der Erbe des Universums ...

... die größte Weltraumserie

...hat auch mich im Griff seit fünf Jahren. Die 4 25-Groschenhefte jeden Monat lassen mich für einige Stündchen wegtauchen in eine Zukunft - die auch nicht so viel anders aussieht, als die jetzige Welt. Der kapitalistische Waren- und Weltmarkt ist nur um einiges größer geworden. Vom Reiz der DDR-Utopie, nämlich andere Lebensmöglichkeiten durchzutesten, ist da nichts zu spüren.

Und doch - wenn da nichts Besseres da ist, was soll man lesen?

Im Moment verliert die Heftreihe sogar noch ihren kosmologischen Reiz, den sie im letzten Zyklus (ca. 50 Hefte lang) mit dem Aufbruch ins andere Universum (auf der anderen Seite des Möbius"band"-Raums) hatte.

Während die "Helden" der Serie in diesem anderen Universum ihre Probleme lösten, ging im Milchstraßensystem etwas Eigenartiges vor sich: Händler von weither eröffneten Basare auf Umlaufbahnen um die Stern- und Planetensysteme und verkauften Ramsch. In einigen dieser Ramschartikel jedoch befand sich etwas ... das jeden, der es besaß, glücklich machen konnte. Derjenige vergaß dann alles um sich herum und wollte nur noch dieses Stück ansehen, in den Händen halten, berühren... Er wurde süchtig danach.

Auch die Erdregierung konnte nicht verhindern, daß vor den "Toren" der Erde das Zeugs vekauft wurde. Immer mehr Menschen wurden süchtig.

Doch die Wirkung des "Imprints" in den Waren ließ irgendwann nach und die Menschen wurden gierig nach Nachschub, doch die Händler hatten die Basare inzwischen geschlossen. Die typischen Suchterscheinungen machten ein normales Leben unmöglich und als sie fast unerträglich wurden, meldeten sich die Händler wieder und teilten mit, daß in einer weit entfernten Galaxie der Verkauf wieder weiterginge. Unter Mord und Totschlag bemächtigten sich die Süchtigen aller fliegenden Fuhrwerke und los gings...

Als die Süchtigen aller Zivilisationen in der Galaxie ankamen, mußten sie noch einmal lange warten, suchen - wobei sie den hier ansässigen Zivilisationen arg mitspielten. Als der Nachschub kommt, sind die glücksbringenden "Imprinte" in nur unscheinbaren Würfeln, aber das reicht. Alle werden wieder glücklich...

... bis sie eines Tages von ihren Raumschiffen einfach verschwinden. Sie lösen sich spurlos auf.

Nach einigem Hin und Her stellt sich heraus, daß sie auf Planeten eines Systems wieder auftauchen, das von "Gomasch Endredde" beherrscht wird. Ihr Würfelchen interessiert sie nicht mehr - sie sind von etwas anderem beherrscht: der Sucht, innerhalb der technischen Einrichtungen der Planeten irgendetwas reparieren zu sollen, "um Gomasch Endredde zu helfen". Sie bekommen Nahrungsbrei in Kantinen, können sich frei bewegen - solange die überwachenden Robots den Eindruck haben, daß sie nur fleißig reparieren. Was und wie - ist gleichgültig. Keiner kennt die zusammengewürfelte Technik auf den Planeten - das Herumbasteln macht oft mehr kaputt als ganz... Und die ersten Lebewesen verrecken überarbeitet...


Leserbrief:

Arndt Ellmer
VPM
Postfach 2352
76413 Rastatt

ein paar Jahre las ich Perry Rhodan kommentarlos, denn beim Ausflug in ferne Welten kann halt jeder seine Vorstellungen schweifen lassen.

Beim neuen Zyklus jedoch habe ich mehr und mehr den Eindruck, eigentlich zu Hause zu bleiben. Ihr probiert zweifelsohne eine noch interessantere kosmologische Situation aus, als sie Euch mit Zwiebelschalenmodell des Universums oder dem Möbius-Raum gelang. Diesmal muß die Galaxis Hirdobaan ganz in der Nähe von dem Planeten Erde liegen (und auch da nur in einigen geographischen Regionen, die allerdings denken, der Nabel der Welt zu sein). Speziell "Endreddes Bezirk", die Welt des zwanghaften Herumreparierens, scheint mir ... in jedem von uns selbst zu liegen.

Euer literarischer Trick war, den Empfang der "glücklich"-machenden Waren und den Zwang zur Leistung zeitlich auseinander zu legen. Bei uns Menschen passiert das immer wechselseitig. Ich gehe tagsüber frustriert arbeiten - und abends oder am Wochenende lasse ich mich im Einkaufs-Erlebniszentrum glücklich machen.

Auch wir unterliegen doch dem Zwang (man kann es auch feiner als "Ethos" ausdrücken), immer nur arbeiten zu wollen, zu sollen, zu wollen...

Wer nicht arbeitet - kann nur das essen, was ihm zuwächst oder was er wirklich braucht. Der ist dann kein Kunde für das Wegwerf-Konsumparadies!

Gomasch Endredde - das GEld, beherrscht auch unsere Welt. Unsern Lebens-Frust vertuschen wir mit Vergnügungen aus der Waren-Welt, die uns einen Ersatz vorgaukeln für das, was wir verloren haben an menschlicher Nähe und befriedigender Tätigkeit.

Die Maschinen nehmen uns immer mehr Arbeit ab - Hurra! ... müßten wir doch schreien und aus der gewonnenen Lebens-Zeit irgendwas Gescheiteres machen!

Aber nein, wir betteln erst um "Arbeitsplätze" und jammern dann heimlich beim Aufstehn in der Frühe, beim frierenden Gang zur Arbeit, schauen entnervt auf die Uhr am Fließband, ob die Fron nicht bald endet. Die paar, die wirklich glücklich sind bei ihrer Arbeit, sich einbringen und verwirklichen können, haben noch Glück.

Und wer "arbeitslos" ist, freut sich über "beschaffte Arbeit", auch wenn sie sinnlos ist und nur Beschäftigungstherapie.

Sobald ich mir gegenüber zugebe, daß ich eigentlich was Besseres zu tun fände in meiner Lebens-Zeit, daß ich den Job bloß wegen dem notwendigen Geld mache - sehe ich mich im Widerspruch zu dem Zwang, "arbeitswillig" sein zu sollen. Das soziale Netz schützt mehr und mehr kaum noch vor "dem letzten Dreck", denn fast alles ist inzwischen für fast jeden "zumutbar".

Wie lange muten wir uns das noch zu?


P.S. Einiges aus diesem Brief erschien in der Leserecke des PR, daraufhin erhielt ich auch einen interessanten Brief...

 


  • Zu den aktuellen Arbeitsmarktproblemen habe ich noch mehr geschrieben...

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