Hintergrund: NATO-Doktrin nach dem Ende des kalten Krieges Ich beziehe mich bei den folgenden Ausführungen auf einen Vortrag des Flottenadmirals E. Schmähling am 8.4.99 (auf Einladung der PDS) in Jena. (- ergänzt durch Inhalte meines Archivs. Eventuelle Fehlinterpretationen meinerseits sind möglich, ich bin ja schließlich keine Militär- und Völkerrechtsexperte...) Die Gründungsidee der NATO wurde demnach vorwiegend von der Vorstellung des Gegensatzes der großen Machtblöcke getragen und nach dem NATO-Vertrag von 1949 sind nur Verteidigungsmaßnahmen vorgesehen, wenn ein oder mehrere Mitglieder im Vertragsgebiet einem bewaffneten Angriff ausgesetzt sind. Seit 1990 hatte die NATO in diesem Sinne eigentlich keine Existenzberechtigung mehr - gab sich aber nicht auf, sondern suchte nach neuen Aufgaben. Die NATO-Gipfeltreffen seither dokumentieren den dabei eingeschlagenen Weg.
Als neue Bedrohung wurde die Bedrohung des Wohlstandes und der Stabilität der Mitgliedsstaaten ganz allgemein definiert. "Unsere" Sicherhheitsinteressen bestanden seitdem nicht mehr nur in der militärischen Verteidigung, die territorial begrenzt war, sondern es wurden als neue Feinde ausgemacht:
Der Einsatz der Bundeswehr war seit 1992 für den sicheren Zugang zu Märkten und Rohstoffen geplant. Seit 1994 wurde auch der Export von Rüstungsgütern in OECD-Staaten per Gesetz in der BRD erleichtert. Die komplette Neuorientierung der deutschen Außen- und Militärpolitik wurde 1994 von Verteidigungsminister Rühe mit den "Verteidigungspolitischen Maßnahmen" ohne Beteiligung des Parlaments und öffentlicher Diskussion durchgesetzt. Das Wort "Verteidigung" wurde durch das Wort "Interessenwahrnehmung" ersetzt. Schleichend, fast unbemerkt verschwanden solche Hinweise auch in meinem Archiv... Dieser schleichenden Umdefinierung des Ziels der NATO entsprach auch die Umstrukturierung des Militärs, indem mobile Einsatzverbände entstanden, die auch außerhalb des eigenen Territoriums agieren können sollten. Bisher stand dem Einsatz dieser NATO-Truppen in fremden Ländern (wo sie nicht mal laut NATO-Vertrag etwas zu suchen hätten) noch das völkerrrechtlich bindende Gewaltmonopol der Vereinten Nation entgegen. Seit Mitte der 90er Jahre wurde diese Bindung an das UN-Mandat öfters verbal in Frage gestellt.
Nach dem Bosnieneinsatz der NATO bekräftigte der Nato-Chef Solana: "Die Allianz muß künftig flexibel auf lokale Krisen und Konflikte reagieren können." Gleichzeitig blockten die USA die Forderung des UNO-Generalsekretärs Boutros Ghali ab, der gefordert hatte, die UNO-Mitgliedsländer sollten innerhalb ihrer Armeen kleinere Truppenteile so organisieren, daß sie auf Anforderung des UN-Generalsekretärs für friedenserhaltende oder auch friedenserzwingende Maßnahmen kurzfristig einsetzbar wären. E.Schmähling machte darauf aufmerksam, daß die Ende des Monats vom NATO-Treffen in Washington ausgehenden Texte wahrscheinlich nur noch von einer "Übereinstimmung mit den Zielen der UN" sprechen werden, sich aber nicht mehr an den Text der UN-Charta halten werden (demnach wäre das Gewaltmonopol der UN anzuerkennen). Diese Dinge werden also sorgfältig zu verfolgen sein - deutlich erkennbar wird sein, ob sich die NATO weiterhin an den Art. 51 der UN-Charta zu halten gedenkt, oder eben nicht. Innerhalb der NATO gibt es dabei verschiedene Spannungen. Während das bisherige Selbstverständnis die unterschiedlichen Interessen verdeckte, weil eine "Verteidigung gegen Aggression" reicht eindeutig definierbar ist; ist die Definition von "gemeinsamen Sicherheitsinteressen" mit der Interessenverschiedenheit der einzelnen Länder belastet. Die USA hat ein großes Interesse daran, daß die NATO in Europa die Weltgendarmenfunktion übernimmt und die USA (bei Wahrung ihrer Interessen!) entlastet. Deshalb profitieren die USA machtpolitisch daran, daß der Krieg die einzelnen NATO-Staaten jetzt "zusammenzwingt". Deshalb hat die faktisch unerhebliche Beteiligung der BRD eine enorme politische Signalwirkung. Dabei würde der Einsatz der Bundeswehr sogar bei vorhandenem UN-Mandat für die NATO unser eigenes Grundgesetz brechen! Der jetzige Kriegseinsatz der NATO in Jugoslawien zementierte die Machtverhältnisse der einzelnen NATO-Staaten und offenbarte die Schwäche der UNO. Alles zum Krieg in Jugoslawien |
Erst mal wieder |