Protokoll unseres Arbeitstreffens
- Ums Menschsein geht es... - Zukunftswerkstatt Jena 2001/2002

Protokoll 4.12.01:

Wir tragen zusammen, was wir uns seit dem letzten Mal überlegt haben:

A) Was findet jede/r wichtig?
B) Was würde wer selber machen?

Reiner nennt noch mal seine Idee für seinen Text (siehe Mail von ihm)

  • Neu durchdenken der Erfahrungen in und seit DDR mit Hilfe der Kategorien aus Kritischer Psychologie führt zu Erkenntnis, daß Selbstorganisationsprinzip noch nicht ausreicht
  • Für Situationseinschätzung ist 5-Schritt-Dialektik hilfreich (präziser als der allgemeine "Sprung" am Selbstorganisations-kritischen-Punkt) – bezieht sich auf Erfahrungen in der DDR wie auch darauf einzuschätzen, wo wir heute stehen (wahrscheinlich mitten "im" Sprung, der aber eben ein längerer Prozeß ist, kein kurzer Moment)
  • Wir wollen verstehen, warum die Leute in der DDR so gehandelt haben wie sie haben (daß soziale Sicherheit und Arbeit nicht ausreichend für Zufriedenheit war, sondern etwas anderes hat sie zum Widerspruch bewegt – das hängt wahrscheinlich mit Hauptbedürfnis Handlungsfähigkeit zusammen ... noch mal analysieren)
  • Auch heute fragen wir uns: was machen wir Menschen jetzt in dieser Situation, welche Interessen bewegen uns (und die anderen) – wie können wir Einfluß nehmen? Dazu kann Nachdenken über Handlungsfähigkeit, Möglichkeitsfelder und Motive helfen.

Carmen nennt als Thema, das sie bearbeiten will, das Thema "Lernen" und findet ansonsten noch wichtig das Thema "Vergesellschaftung"

Petra möchte sich mit der (inter-)personellen Ebene beschäftigen: zukunftsfähige Beziehungen zwischen Menschen und findet den Aspekt der Arbeit sehr wichtig

Ralf ergänzt die Wichtigkeit der gesellschaftlichen Ebene der Produktion und interessiert sich, worin das Neue bei der 5-Schritt-Dialektik gegenüber dem früheren besteht.

Annette betont den grundsätzlichen Paradigmenwechsel durch den Subjektstandpunkt und erläutert ganz kurz den Zusammenhang zwischen individueller, kooperativer und gesellschaftlicher Ebene (siehe unten).

Zusammenfassung: Es stellt sich also heraus, daß eigentlich alle sich besonders beziehen auf die Handlungsfähigkeit (und die 5-Schritt-Dialektik). Um zu einer Struktur des Themengebiets zu kommen, können wir also als Erstes diese in den Mittelpunkt stellen und die "Anwendungen" drum herum gruppieren:

Zum Paradigmenwechsel:

Bisher haben wir (und andere) die gesellschaftliche Welt so interpretiert:

Gesellschaftliches Sein bestimmt individuelles Sein (auch für "gute Gesellschaft")® Gesellschaftskonzept primär – dann Frage, wie Menschen dazu "erzogen" /gebildet werden können...

bisher: Einzelner Mensch war (u.a.) dazu da, "Gesellschaft aufrecht zu erhalten", zu funktionieren für Erhalt oder eben auch Abschaffung der Gesellschaftsform etc. – er war Mittel und hatte zu funktionieren für etwas übergeordnetes Gesellschaftliches

Jetzt Paradigmenwandel: Ausgehen von Individuum:

Ausgehen vom Individuum, aber nicht dem bürgerlich-isolierten, sondern dem "natürlich-gesellschaftlichen" menschlichen Individuum.

Zusätzlich (zu den Individuen und ihren unmittelbaren Interaktionen) gibt es noch die gesellschaftliche Ebene, die notwendig ist, weil sie die Voraussetzung für die spezifische Möglichkeitsbeziehung des Menschen gegenüber der Welt ist.

Also: die Gesellschaft ist für die (einzelnen) Menschen da (nur Mittel zum Zweck). Das Ziel ist nicht die "perfekte Gesellschaft", sondern die Selbstentfaltung der Menschen (die sich dann die Gesellschaft dazu basteln, die sie brauchen).

Das ist ein inhaltlicher und ein methodischer Paradigmenwechsel:

    • inhaltlich: Wie denken wir das Verhältnis Mensch-Welt, Individuum-Gesellschaft (nämlich anders als vorher) – gerade die spezifische Möglichkeitsbeziehung ist nur unter diesem neuen Paradigma überhaupt (inhaltlich) ableitbar
    • methodisch: wir können nur über "je mich" etwas erkunden oder schreiben, niemals aus Sicht eines Beobachters, der "über den Dingen schwebt".
      Wir können nichts "für" die anderen machen wollen (z.B. "Bedingungen schaffen"), weil wir dann diese Menschen immer unter den (von uns wohlwollend gemachten) Bedingungen vorstellen, statt zu akzeptieren, daß Menschen aufgrund ihrer Möglichkeitsbeziehung nicht Bedingungen unterliegend, sondern sie selbst schaffen.
      ® Weg von allen Normen, wie sie/wir sein "sollten".

Was machen wir nun mit den ganzen zusammengetragenen Inhalten?

Eine gute Struktur fällt uns noch nicht ein. Reiners Text deutet auch eine mögliche Fragen- und Argumentationsreihenfolge an, aber wir wollen uns noch nicht festlegen.

Grundsätzlich: die zusammengetragenen Punkte haben einen unterschiedlichen Status, sie sind

  1. theoretische Wissensinhalte: natürliche Gesellschaftlichkeit der Menschen, spezifische Möglichkeitsbeziehung, Handlungsfähigkeit
  2. methodische Prinzipien (Subjektstandpunkt, 5-Schritt-Dialektik), die bei allen inhaltlichen Fragen zu berücksichtigen sind (Subjektstandpunkt IMMER, 5-Schritt-Dialektik bei Entwicklungsfragen)
  3. "Anwendungen": DDR, Situationsanalyse jetzt, Lernen, interpersonelle Beziehungen,

Dafür wäre eine geschickte Reihenfolge zu entwickeln:

Anwendungsfrage zur Motivation des Themas

® erster theoretischer Inhalt ®

® nächste Anwendung, in der der theoretische

Inhalt z.B. erweiterter/vertieft werden kann® nächster theoretischer Inhalt ®

... ®

bis hierher Protokoll von Annette

weitere Anmerkungen von A.:

Für den logischen Ableitungszusammenhang der theoretischen Inhalte gibt’s als "Kurzfassung" meine 4 Texte:

Textkapitel

in Thur.de

in Opentheory

1. Die Menschwerdung

www.thur.de/philo/kp/anthropogenese.htm

http://www.opentheory.org/proj/anthropogenese/v0001.phtml

2. Jeder Mensch ist natürlich gesellschaftlich

www.thur.de/philo/kp/naturmensch.htm

http://www.opentheory.org/proj/natur_d_mensch/v0001.phtml

3. Die spezifische Möglichkeitsbeziehung und Handlungsfähigkeit

www.thur.de/philo/kp/freiheit.htm

http://www.opentheory.org/proj/freiheit/v0001.phtml

4. Was tun?

www.thur.de/philo/kp/wastun.htm

http://www.opentheory.org/proj/wastun/v0001.phtml

Wodurch Gesellschaft im Unterschied zur Kooperation gekennzeichnet ist, beschreibt Stefan im "Dschungel"-Text (www.opentheory.org/dschungel/v0002.phtml) besonders unter den Punkten (8) bis (11)

Ich würde bitten, Diskussionen (nachfragen, sich gegenseitig-erklären) dazu auch in OT öffentlich zu machen, das gibt mehr Leuten die Möglichkeit, sich zu beteiligen. Bei solchen schriftlichen Verständigungen gibt’s oft auch schon schöne Formulierungen, die wir dann übernehmen können.

Wir haben nicht ausgemacht, wie wir genau weiter vorgehen. Ich würde folgendes vorschlagen:

I.

Ich denke, wir müssen uns noch mal klarmachen, was wir wem mitteilen wollen. Das Ganze hat ja einerseits den Charakter, daß wir individuell vieles neu sehen. Was davon ist warum für andere mitteilenswert? Bisher hatten wir geklärt (siehe Protokoll oben): Was interessiert MICH? – jetzt sollten wir davon auswählen: Was wollen wir wem warum mitteilen?

II.

Schaue doch mal jede/r nach, inwieweit folgende Punkte für das jeweils interessierende Thema von Bedeutung sind:

    1. Subjektstandpunkt ("je ich") (selbst einnehmen und auch – jeweils bezogen aufs Thema – erklären, was das bedeutet...)
    2. Ableitungszusammenhang:
    3. gesellschaftliche Natur des Menschen ®

      spezifische Möglichkeitsbeziehung®

      zwei Formen der Handlungsfähigkeit

      Bei welchen Themen verwenden wir das? Könnten wirs anderen erklären?

      Das kann dann ruhig mehrmals auf unterschiedliche Weise vorkommen! (auch durchaus unterschiedlich erklärt, das ist didaktisch sogar gut).

    4. 5-Schritt-Dialektik: auch hier: wer brauchts wo wie?

III.

Wir sollten beim nächsten Mal versuchen, eine grobe Systematik aufs Papier zu bekommen. Dafür brauchen wir von jedem inhaltlichen Anhaltspunkt die möglichen Anschlüsse zu jeweils anderen Themen und inhaltlichen Schwerpunkten. Also z.B.

Vielleicht können wir dann alle schon wie ein Puzzle zusammenlegen...

Dann sehe ich es auch wie Reiner, daß wir dann anfangen, die Punkte einfach auszudiskutieren. Das sollte gar nicht mit ausformulierten Texten passieren, sondern nur mit Stichpunkten.

Dabei sollten wir ruhig unterscheiden

A) die je eigenen Themen
B) die Theoriestücke, die eh alle brauchen.

zu A) könnte jede/r dann mal sein Thema strukturieren entlang der Fragen:

  • Was ist meine Frage?
  • Wie will ich sie beantworten? (was brauche ich an Theorie dazu)
  • Wie mache ich das?
  • Wie sieht die Antwort ungefähr aus?

    Bei der zweiten Frage sieht ja jede/r, was an Theorie (B) gebraucht wird.

    Zu B) sehe ich da durchaus Sinn darin, daß wir (mindestens) die Inhalte der 4 Texte von mir alle noch mal durchgehen. Dabei teilen wir dann einfach ein, wer sich mal mit welchem Theoriestück beschäftigt (möglichst das, was er in A) sowieso braucht)und es einfach noch mal den anderen erzählt. Da Katja nicht beim Seminar war, können wir uns sicher auch gut drauf einstellen, daß jede/r von uns ihr halt einen Teil erzählt.

    Also dann, bis 18.12.!!!

    Ahoi Annette

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