Unternehmens-Organisations-Modelle:

Virtuelle Unternehmen

Die Umstrukturierung zur Erhöhung der einzelbetrieblichen Flexibilität und Innovationskraft bringt eine Konzentration auf die jeweiligen Kernkompetenzen mit sich. Zur Gestaltung komplexer Produktionszyklen müssen sich deshalb verschiedene Einzelunternehmen vernetzen. Diese Vernetzung kann nicht lediglich marktförmig über einzeln ausgehandelte Zuliefer-, Abnahmepreis- und Konditionsverhandlungen erfolgen, sondern es müssen neuartige Kooperationsbeziehungen entwickelt werden. Typisch für moderne Unternehmensorganisationsmodelle ist bspw:

  • Bei der Komponentenzulieferung werden auch die Zulieferer in den kontinuierlichen Verbesserungsprozeß einbezogen (Womack, S. 153) und es werden Zuliefererverbände mit einer geeigneten Hierarchie entwickelt.
  • Statt eines Preismarktes regeln langfristige Vereinbarungen der Zusammenarbeit mit sinnvollem Rahmen für Kostenanalyse, Preisfestsetzung und Gewinnteilung die für alle beteiligten gewinnbringende Kooperation.

Das Ziel ist ein Netzwerk, in dem insgesamt die Wertschöpfung optimiert wird - wobei die Komplexität bei den einzelnen Beteiligten reduziert wird.

Dabei kommen die Fortschritte in der Informations- und Kommunikationstechnologie gerade recht, denn sie ermöglichen es, zumindest teilweise, räumliche und zeitliche Grenzen zu überwinden (de Vries).

Auch innerhalb moderner Einzelunternehmen agiert weniger eine formale Hierarchieordnung, sondern ein lebendiger Interaktionszusammenhang. Es entstehen nun Netzwerke, in denen nicht mehr reine Marktbeziehungen oder formale Mitgliedschaften, sondern Kooperationsbeziehungen auf Basis von Kompetenz, Verfügbarkeit und Vertrauen entwickelt werden.

Virtuelle Unternehmen entstehen, wenn rechtlich eigenständige Firmen oder selbständige Einzelpersonen an einem bestimmten Projekt oder für bestimmte Abnehmer zusammenarbeiten. Die Zusammenarbeit ist dabei oft zeitlich begrenzt, regional verteilt, oft sogar global, und sie nutzt oft die Datennetze als zentrales Kommunikationsinstrument (Pyschik).

Beim Auftreten einer Marktchance schließen sich mehrere rechtlich und wirtschaftlich selbständig bleibende Unternehmen zusammen, um das meist zeitlich begrenzt vorhandene Marktpotential als Virtuelles Unternehmen auszuschöpfen. Der Auf- und Abbau der Kooperation erfolgt schnell und ohne die Einrichtung zusätzlicher Koordinationsstellen oder die Aushandlung genau spezifierter Verträge (Zmija).

"Virtuell" bedeutet dabei, daß das interorganisationale Netzwerk nach außen als homogener und eigenständiger Marktpartner in Erscheinung tritt, real jedoch nicht als örtlich klar bestimmbares Unternehmen identifiziert werden kann ("Als-ob-Unternehmen") (Basiswissen Wirtschaftsinformatik).

P.S.: Das Begriffskonstrukt "virtuelles Unternehmen" geht auf eine Analogie zum virtuellen Speicher im Bereich der Speicherungstechniken bei Computersystemen zurück: Der virtuelle Speicher erscheint dem Benutzer eines Computers in vollem Umfang als Schnellspeicher vorhanden zu sein, tatsächlich aber werden die aktuell nicht benutzten Speicherbereiche mit sog. Paging-Algorithmen auf einem langsameren Sekundärspeicher ausgelagert.(ebd.)

 

Literatur:
Basiswissen Wirtschaftsinformatik 1 - Betriebswirtschaftliche Grundlagen, E.-Karls-Universität Tübingen; in Internet: http://www.wiwi.uni-tuebingen.de/grund01/Kapitel 3/3.3 Integration.htm
Vries de, in Internet:
http://www.uni-wh.de/de/wiwi/virtwirt/unterneh/devries.htm
Pyschik, G., : Telearbeit, in: IGM (Hrsg.), Multimedia und Datenautobahnen, in Internet:
http://www.bildung.hessen.de/fbereich/alehre/material/tb06/tel12-2.htm
Womack, P., J., Jones, D., T., Roos, D., Die zweite Revolution in der Autoindustrie. Konsequenzen aus der weltweiten Studie aus dem Massachusetts Institute of Technolgy, Frankfurt/ New York 1994
Zmija, M., Das Virtuelle Unternehmen, in Internet:
http://www.zmija.de/mz/virtuell.htm
 

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© Annette Schlemm 1999