2.3. Alternative, angepaßte Technologie

Einer der ersten Vordenker einer ökologischen Gesamtproduktion ist Frederic Vester, der aus systemtheoretischer Sicht grundlegende Prinzipien einer ökologisch verträglichen Produktionsweise entwickelte. Wichtig sind hier folgende Prinzipien (Vester, S. 86):

  • Negative Rückkopplung in verschachtelten Regelkreisen muß über über positive Rückkopplung dominieren
  • Die Funktion muß unabhängig von Mengenwachstum sein,
  • Die Produktorientierung muß durch Funktionsorientierung ersetzt werden
  • Jiu-Jitsu-Prinzip zur intelligenten Steuerung und Nutzung vorhandener Kräfte: Energiekaskaden, -ketten und -kopplungen
  • Recycling muß zu Kreisprozessen führen
  • Symbiose unter Nutzung kleinräumiger Diversität
  • Biologisches Grunddesign beachten: Vereinbarkeit technischer mit biologischen Strukturen erreichen, Feedback-Planung und -Entwicklung durchführen.

Er erkennt auch bereits, daß die Umsetzung dieser Prinzipien eine andere Art der Vergesellschaftung und grundlegend neue Produktions- und Lebensformen erfordert. Stückweise werden seine Gedanken inzwischen innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise im Sinne des Versuchs, sie "zukunftsfähig" zu erhalten, umgesetzt, wobei der ursprüngliche ganzheitliche Charakter allerdings verloren geht.

Im Bereich alternativer politischer Bewegungen wird unter dem Stichwort "alternative" oder "angepaßte" Technologie eine ökologische und humane Verträglichkeit der Technologie gefordert. Im Allgemeinen beschränkt man sich hier jedoch auf jene Technologien, die unmittelbar ökologische Relevanz haben: Energie, Verkehr, Ernährung, Wohnen. Wichtig ist dabei die Orientierung auf die konkreten Bedürfnisse der Menschen "vor Ort", die es ablehnt, Großtechnologien in die alle Länder der Welt zu exportieren und dabei die Lebensgrundlagen der Menschen zu zerstören.

"Die entscheidende Frage dafür, ob eine Technologie angepaßt ist oder nicht, ist jedoch nicht ihre Größe oder irgend ein anderes technisches Kriterium, sondern, ob sie von der betroffenen Bevölkerung entwickelt oder zumindest nach den vorhandenen Bedürfnissen ausgewählt wurde." (Schuldt)

Ob allerdings für diese Menschen eine 40-Stunden-Normalarbeitswoche zu ihren Bedürfnissen gehört, dürfte fraglich sein. Wenn gefordert wird, daß Angepaßte Technologie "arbeitsintensiv sein" sollte, widerspiegelt das lediglich den im Kapitalismus typisch gewordenen übertriebenen Arbeitsethos, ohne zu berücksichtigen, daß menschliche Bedürfnisse über das Arbeiten hinausgehen können und sollten. Es wäre eine verhängnisvolle Rückentwicklung, ökologisch verträgliche technische Mittel nicht einzusetzen, um Menschenkraft verschwenden zu können.

Udo Schuldt korrigiert meine Interpretation
in seinem Beitrag unter http://ag2100net.de/Produktion.htm

Auf jeden Fall liegen diese Möglichkeiten auf einem "bewahrenden Pfad":

Natur und Umwelt werden soweit als irgend möglich geschützt, bewahrt, vielleicht auch wiederhergestellt. Wirtschaft und Technologie richten sich nach den Leitlinien einer ökologischen, sozialen und kulturellen Nachhaltigkeit aus. Auch die eigene biologische Natur des Menschen wird bewahrt: Eingriffsverbote und hohe ethische Barrieren schützen den menschlichen Körper gegen einen "technologischen Umbau". (Steinmüller/Steinmüller)

Eine bloße Erhaltung, d.h. der Versuch der Erhaltung eines sowieso selbst niemals stabilen ökologischen Gleichgewichts, kann erhebliche Einschränkungen menschlicher Entwicklungsmöglichkeiten beinhalten. Dem ständigen Ungleichgewicht der Natur selbst gemäßer wäre eine bewußte Ko-Evolution - also nicht Erhaltung sondern Weiterentwicklung - von Mensch und Natur auf einem "kybiontischen" Pfad:

"Der Mensch begreift sich als "Verbesserer" der Natur. Künstliche Intelligenz, Gentechnik, Nanotechnologien ermöglichen eine Integration lebender und technischer Systeme, einen generellen Umbau der Natur nach menschlichen Zwecken und ebenso einen zumindest partiellen Umbau des Menschen. Die großenteils zerstörte natürliche Umwelt des Menschen wird techno-organisch erneuert - je nach Interpretation als schlechter Ersatz für das Verlorene oder neuer Schritt in der Evolution." (Steinmüller/Steinmüller)

Die berechtigte Forderung, daß auch die Technikentwicklung zu demokratisieren ist, braucht künftig auch methodische Hilfestellungen. Jeder Mensch hat zwar grundlegend die Fähigkeit, kreativ zu sein, aber auch das technische Erfinden kann wesentlich gefördert werden, wenn die Erfahrungen des sowjetischen Autors Altschuller und der Erfinderschulen in der DDR (Rindfleisch, Thiel) genutzt und weiterentwickelt werden.

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2.4. Allgemeine Produktionstechnologie


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