Skandale und Skandälchen

(zusammengestellt von Jörg Bergstedt)

Ende 2000 *
Ökologie & Ökonomie *
    BAUMFRAU UND ÖKOKAPITALISMUS *
    Grüne Umweltpolitik mit Großkonzernen *
    Ökobank-VertreterInnenversammlung am 18.11.2000 *
    "Gewinne satt!" *
Harmonisierung und Methoden *
    Ehrung für Flughafen-Frankfurt-Mediatoren *
Esoterik und Ökofaschismus *
    Esoterik-Debatte *
   NPD und ÖKO *
    Eso-Werbung in Tierrechtszeitung VOICE *
Agenda & Nachhaltigkeit *
   AGENDA 21 IN LEIPZIG *
   Endrukaitis bei der GTZ *
Verbände, Filz und Staat *
   DNR *
   ATTAC (Netzwerk zur demokratischen Kontrolle internationaler Finanzmärkte) *
 

Ende 2000/ Anfang 2001

Ökologie & Ökonomie

BAUMFRAU UND ÖKOKAPITALISMUS

Wie die Diskussionsstränge so laufen und alles im entpolitisierten "Alles ist gut" untergeht, dokumentiert der Riemann-Verlag. Neben dem Buch "Ökokapitalismus" (wohlgemerkt: positiv gemeint) verlegt ausgerechnet dieser Verlag das Buch der Baumfrau Julia Hill (sicher auch nicht übermäßig politisch, aber irgendwie nicht gerade kapitalistisch).

Öko, das ist halt die irre Schlacht um den einzelnen Symbolbaum oder -wal und das großflächige Verwerten des Restes. So wie die Ausbeutung in der Welt verbunden mit der Spende für ai oder Brot für die Welt.

Grüne Umweltpolitik mit Großkonzernen

Nachfolgende der Wortlaut einer Einladung: "Liebe Freundinnen und Freunde, sehr geehrte Damen und Herren, am 4. Februar 2001 veranstaltet die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen in Berlin eine ganztägige Konferenz zum Thema "Neue Instrumente für die Umwelt". Veranstaltungsort ist, wie schon bei der letztjährigen Konferenz "Neue Allianzen für die Umwelt", die freie Waldorfschule in Berlin-Kreuzberg (Ritterstr. 78).

Redner sind u.a. Jürgen Trittin, Reinhard Loske, Alexander Porschke und Klaus Müller.

Als Gastredner sind u.a. geladen Michaele Schreyer, Mitglied der EU-Kommission, Norbert Walter von der Deutschen Bank, Angelika Zahrnt (BUND), Jochen Flasbarth (NABU) und Werner Pollmann (Daimler Chrysler). In der Veranstaltung soll es um das Verhältnis von ökologischer Steuerreform, Zertifikatehandel, freiwilligen Selbstverpflichtungen und Dialogprozessen gehen. Bitte notieren Sie sich den Termin vor. Eine Einladung mit dem genauen Programm wird demnächst verschickt.

Weitere Infos ab Dezember unter <http://www.loske.de/ Anmeldung im Büro von Dr. Reinhard Loske MdB unter Tel.: 030 / 227-71647. Herzliche Grüße Büro Dr. Reinhard Loske MdB"

 

Ökobank-VertreterInnenversammlung am 18.11.2000

Ziel der Versammlung war nur eines: Den Kurs der harten Sanierung und der Übernahme der Ökobank durch die Volks- und Raiffeisenbanken absegnen zu lassen. Das war schon Fakt, denn der Sanierungsvertrag überträgt alle wesentlichen Rechte der Bank auf die VR-Bankkreise einschließlich des Rechtes auf Auflösung der Ökobank durch Erklärung des Scheiterns der Sanierung. Entsprechend verlief die Versammlung. Die Debatte hatte Alibicharakter, Vorstand und Aufsichtsrat warten auf das Ende der Versammlung, drängten auf die zügige Abwicklung der Tagesordnung, um dann unter sich und pseudodemokratisch legitimiert weitermachen zu können. Am deutlichsten wurde das bei den wiederholten Antworten auf Fragen der VertreterInnen (immerhin das ranghöchste Gremium der Ökobank), die mit Verweisen auf Datenschutz oder Sätze wie "Verlassen Sie sich drauf, daß wir das im Griff haben" abgespeist wurden.

Einige Einzelvorgänge sind erwähnenswert und zeigen, wo die Ökobank gelandet ist. Das anwesende Publikum wirkte wie das Podium auch nicht mehr wie eine Versammlung etablierter Ex-Linker, sondern einfach klassisch wie die neue gesellschaftliche Mitte. Leute aus sozialen oder Umweltverbänden usw. waren kaum anwesend. Die Ökobank ist eine Bank, die mit dem Label "Öko" auf KundInnenfang geht. Mehr nicht.

 

  • Der Prüfungsbericht des Genossenschaftsverband war niederschmetternd. Er bezeichnete fast alle organisatorischen Einheiten als fehlerhaft organisiert usw.
  • Bereits 1997 war in einem Vermerk des Aufsichtsrates zum Geschäftsbericht zu lesen, daß die Bevorzugung von Großprojekten als problematisch bewertet würde. Ein Jahr später erfolgt die Anweisung an den Vorstand, sich stärker um Klein- und Mittelprojekte zu kümmern. Es war also alles bekannt, gehandelt hat niemand.
  • Zitate zum Selbstverständnis der Ökobank: Vorstand Wolfram Herath (kommt von VR-Banken) auf die Frage, ob alleinziehenden Personen passende Arbeitsstellen weiter angeboten würden: "Die Menschen müssen sich jetzt nach dem Unternehmen richten". Aufsichtsrat Jochen Mende (DER Vorzeige-Ex-Linke dort): "Ich teile die Befürchtung, daß inhaltliche Prämissen in der kommenden Zeit hintanstehen müssen" und "Bitte nehmt zur Kenntnis: Die Ökobank ist kein selbstverwalteter Betrieb. Sie ist ein ganz normales Unternehmen".
  • Vor allem ältere Menschen im Publikum (aber insgesamt nur wenige) bemängelten den inhaltlichen Verlust. Einer befürchtete, daß der Label Ökobank künftig nur noch wegen der Werbewirkung erhalten bleiben würde, die Bank selbst aber nichts mehr davon aufweisen würde.
  • Ich selbst hatte nur einen Wortbeitrag, in dem ich darauf hinwies, daß mehr zu bemängeln sei als Einzelfehler einzelner Personen in Geschäftsvorgängen. Als ich formulierte "Die Ökobank wird immer mehr zu einer kapitalistischen, profitorientierten Bank" gab es "Aufhören, Aufhören"-Rufe! Einer (etwas unbeholfen redenden) Frau schleuderte ein Typ aus dem Saal entgegen "Laß es, ..." (...=Vorname der Frau).
  • Auf eine Vielzahl von Fragen antworteten Vorstand und Aufsichtsrat gar nicht mit der Begründung des Datenschutzes (unter anderem bei ALLEN Fragen zu den Fehlern der Vergangenheit) oder Sätzen wie "Seien Sie sicher, daß wir das alles überlegt machen". Die Vorsitzende des Aufsichtsrates, Katrin Ostertag, insgesamt eine sehr hierarchisch vom Podium herunter agierende Person, antwortete auf die Kritik, daß der Aufsichtsrat zu dem Ganzen keine Stellungnahme verfaßt habe, daß er das noch tun würde, aber diese Stellungnahme nicht an die eigene VertreterInnenversammlung geben, sondern nur intern in Führungsgremien behandeln würde.
  • Der ethische Geldanlagefonds Ökovision soll verkauft werden (wenn jemand genug Geld dafür zahlt). Damit würde der hochgeputschteste Öko-Anlagefonds gefährdet – was sehr deutlich macht, welch dünnes Eis die Ökomarktwirtschaft bietet ... da kann noch soviel geschrieben werden über Glaubwürdigkeit usw. – am Ende wird das Ding einfach von jemandem anders aufgekauft.
  • Nicht fehlen durften natürlich die Harmoniefloskeln der Art "Wir sollten Vertrauen haben zueinander" usw.

Insgesamt eine Versammlung, bei der selbst etablierte Linke einfach Fremdkörper waren. Wo es langging, zeigte auch der äußere Rahmen: Auf dem Büffet gab es Weißmehlbrötchen mit Fleisch/Wurst – nicht einmal Käse. Auch das ist ein Signal: Ökos und Ex-Ökos, bleibt zu Hause!

"Gewinne satt!"

So lautet die Überschrift der Pressemitteilung zur neuen Politischen Ökologie. Dort geht um ökologische Geldanlagen. Weitere Zitate aus der Pressemitteilung: "Vom Sparbuch bis zur Aktie gibt es inzwischen alle Finanzprodukte auch in ethisch-ökologisch ausgerichteter Variante, Öko-Fonds sprießen förmlich aus dem Boden. Seit Anfang dieses Jahres trumpfen Umweltaktion an der Börse aus und verzeichnen enorme Zuwächse."

Das Heft selbst ist frei jeglichen Hinweises auch die Nicht-Vereinbarkeit von Ökologie und Markt. Die einzige Kritik geht (sanft) immer in die Richtung, ob auch alles öko ist.

Harmonisierung und Methoden

Ehrung für Flughafen-Frankfurt-Mediatoren

Die drei Mediatoren zum Flughafenausbau, darunter der ehemalige Flughafengegner Kurt Oeser, sind mit der höchsten hessischen Landesmedaille ausgezeichnet worden. Sie hatten ein Pseudo-Beteiligungsverfahren durchgeführt und "herausgefunden", daß ein Ausbau des Flughafens sinnvoll ist. Landespapi Roland Koch in der Laudation: "Das Maß des Gelingens spiegelt sich allein darin, dass keine Bilder von Polizeieinsätzen, von Hundertschaften an einer Startbahn durch die Weltpresse gehen". Womit wir jetzt auch aus offiziellem Mund wissen, wozu Mediationen da sind ...

Esoterik und Ökofaschismus

Esoterik-Debatte

Nach der Debatte auf dem Bundes-Ökologie-Treffen habe ich einige Connection-Ausgaben (die Zeitung, um die da gestritten wurde, ob für sei auf dem BÖT Werbung gemacht werden dürfe) durchgeguckt. Ich möchte ein paar Ergebnisse niederschreiben, um zu verdeutlichen, warum ich meine, daß das klar antiemanzipatorisch ist. Dabei nehmen ich nicht die Einzelklopfer, sondern die generelle Richtung, weil es mir wichtiger ist, klarzustellen, daß es eben nicht nur Details sind, sondern das Grundsätzliche, was falsch, weil antiemanzipatorisch ist. Untersucht habe ich die Frage des Geschlechterverhältnisses. Ich komme zu dem Ergebnis, daß die Zeitung klare Rollenzuschreibungen macht und die Geschlechter unterschiedlich definiert. Männer und Frauen haben dabei ganz verschiedene Ausrichtungen - und zwar kraft ihreres Mann- bzw. Frauseins, nicht sozialisiert, sondern aufgrund ihres biologischen Geschlechts. Folgende Belege möchte ich anführen:

  • Connection-Sonderhefte: Es gibt ein Sonderheft zu Männern. Dieses heißt "Männer - ein starkes Geschlecht". Und es gibt eines zu Frauen. Das heißt: "Frauen - zwischen Auflehnung und Hingabe". Schon diese beiden Titel zeigen einen sehr eindeutigen Unterschied. Auch das Titelfoto symbolisiert diesen Unterschied.
  • Ein Text im Heft über Männer lautet "Der Mann muß männlich sein, und die Frau muß weiblich sein". So ist der Text dann auch: "Positive Männlichkeit bedeutet Initiative, Kreativität, Abenteuer". Frauen wird dann zugeschrieben: "Empfänglichkeit ... Erwarten ... Andacht". Zur Gewalt weiß der Autor: "Wenn Gewalt zum Abenteuer wird, wenn Gewalt zur Entdeckungsreise wird, zur Erforschung des Neuen, des Unbekannten, ist es von enormen Segen". Autor ist Osho, eine immer wieder in der Connection hochgelobte und zitierte Person. Früherer Name: Bhagwan.
  • Ein weiterer Text im Männer-Spezialheft in der Einleitung: "Männer brauchen Frauen, um sich stark, lebendig und schön zu fühlen .... Aggressivität ist der natürliche Ausdruck männlicher Kraft. Sie wird nur destruktiv, wenn sie unterdruckt wird" (aha, männliche Gewalt ist die Folge von Unterdrückung, der Vergewaltiger ist das eigentliche Opfer!).
  • Im Frauen-Heft dagegen finden sich endlose Texte dazu, daß die Frau das passive Geschlecht ist. "Wenn eine eine Frau bei einem Mann sexuelle Anerkennung findet, dann entsteht in ihr auf der Stelle ein sexuelles Selbstbewußtsein ...". Zu Wort kommt auch Sabine Lichtenfels, Cheftheoretikerin des ZEGG und die Person, die formuliert hat, daß Vergewaltigungen ein Problem sind, weil die Frauen sie nicht genießen.
  • Und im Heft zu "Mann&Frau" (das es auch noch gibt): "Mann-sein ist auf einmal zur Hypothek geworden, die viele Männer dazu verführte, sich eine weibliche Identität zuzulegen. Inzwischen hat sich auch das als Irrweg erwiesen."

 

Interessant sind auch die Grundaussagen zur Sexualität insgesamt. Hier wird ständig das Natürliche, Biologische in den Vordergrund gerückt. Und: "Sexualität und Religion bergen in sich das gleiche Geheimnis." Gut geeignet sind die Hefte sicher, um sich unter der Bettdecke einen runterzuholen, denn viele Seiten sind voller Detailberichte von sexuellen Handlungen – vorzugsweise (aber nicht nur) des wollustigen Beschreibens weiblicher Geschlechtsorgane.

Und als Abschluß ein allgemeiner Beleg für antiemanzipatorische Position der Titel eines Sonderheftes: "Meditation - tausend Wege, eine Wahrheit" (mensch beachte das "eine").

Ich meine daher: Zur kritischen Reflexion dient jeder Scheiß, Werbung sollten wir für so etwas niemals machen!!! Die Debatte auf dem BÖT zeigte, daß wir offensichtlich unfähig sind zum Handeln. In dieser Situation war die direkte Aktion (von wem auch immer), die Werbezettel einfach zu entfernen, richtig - und ein angenehmer Kontrast zu Ankündigungen, zum Thema Texte zu verfassen u.ä., was dann alles nicht geschah ...

NPD und ÖKO

Es gibt Infos, die die NPD sich im Verfahren um das Verbot neben einem eigenen Justitiar von Horst Mahler (Ex-RAF, jetzt Nationalrevolutionär/-anarchist) und von Dr. Klaus Sojka vertreten läßt. Sojka kommt aus Hamburg (oder Umgebung) und ist vor allem in Tierschutzkreisen recht bekannt (ist oder war Chef des Komitees gegen Vogelmord usw.). Er hat auch schon im Anti-Atom-Bereich agiert. Das wäre eine spannende Auseinandersetzung wert!

Eso-Werbung in Tierrechtszeitung VOICE

Der neuesten VOICE liegt ein Katalog des Amrita-Versandes bei. Dort ist Feng Shui noch die harmlose Variante (wenn auch bereits zum Lachen ... Zollstöcke, mit denen vermessen werden kann, ob eine Wandlänge eher zu Ärger mit Baubehörden, Wohlstand, Großmut oder Macht in der Familie führen kann.

Agenda & Nachhaltigkeit

AGENDA 21 IN LEIPZIG

Die Stadt Leipzig hat einen Maßnahmenkatalog als Ergebnis des LA-Prozesses veröffentlicht. Als Ziele sind da u.a. zu lesen:

  • Seite 13/Nachhaltige Finanzwirtschaft: "Die Verschuldung der Stadt wird ... kontinuierlich gesenkt" (ohne jeglichen Hinweis, wo gespart werden soll, aber:)
  • "Der zielgenaue Mitteleinsatz soll insbesondere Aktivitäten von Gewerbetreibenden, Vereinen und ähnlichen Privatinitiativen gezielt unterstützen und ergänzen und dadurch eine zusätzliche Wertschöpfung anregen" (Selbstbedienung der Agenda-AkteurInnen?)
  • Seite 28/Entwicklung der Wirtschaftsstruktur: "Insgesamt müssen unternehmensfreundliche Rahmenbedingungen geschaffen werden ... Die Stadt will in den nächsten Jahren mehrere größere Unternehmen dazu gewinnen, in Leipzig Niederlassungen mit jeweils mehr als hindert Beschäftigten zu gründen bzw. auszubauen. Dazu sind die spezifischen Standortpotenziale der Region besonders zu entwickeln ... Unternehmen und ihre Interessenvertretungen werden frühzeitig und systematisch in Planungsprozesse einbezogen, die sie betreffen ... Um unternehmensfreundliche Rahmenbedingungen schaffen zu können, müssen Genehmigungsverfahren vereinfacht werden ... Insbesondere für Unternehmen mit Zertifizierungen wie Öko-Audit müssen Erleichterungen bei Genehmigung und Kontrollen spürbar werden. Es muß geprüft werden, ob Genehmigungsverfahren durch Ingenieurbüros effektiver bearbeitet und gleichzeitig dabei Verwaltungsstrukturen reduziert werden können. ... Die Stadt setzt sich auch bei den zuständigen Landesbehörden für eine Umsetzung dieser Ziele ein. ... Der Zugang der lokalen Unternehmen zu den verschiedenen Kapitalquellen soll erleichtert werden. ... Die Nachfrage nach Venture Capital (Wagniskapital) soll gezielt gestärkt werden."
  • Seite 33/Zukunft der Arbeit: "... müssen Modelle der Arbeitszeitflexibilisierung (Teilzeitregelungen, Altersteilzeitregelungen, Jobrotation) stärker genutzt werden"
  • (Bestelladresse über www.le-agenda.de)

Endrukaitis bei der GTZ

Der ehemalige Chefkoordinator des Projektes "Zukunftsfähiges Deutschland" (mit gleichnamigem Buch), Edgar Endrukaitis, ist jetzt bei der GTZ beschäftigt. Das ist die Organisation, die seit Jahrzehnten die deutsche Entwicklungshilfe technisch umsetzt – vom Staudamm bis zum Kleinanlage. Dem Buch "Zukunftsfähiges Deutschland" wurde bereits vorgeworfen, eine Modernisierung nichtgleichberechtigter Formen der Entwicklungshilfe zu wollen. Das ist der Wechsel nur konsequent ... vom Berater zum Täter.

Verbände, Filz und Staat

DNR

Der DNR hat ein neues Präsidium. CSU-Mann, "Bevölkerung-ist-Umweltzerstörung"-Theoretiker und MUT-Autor Engelhardt ist weg. Neuer Chef (Präsident) ist Hubert Weinzierl, Ex-BUND-Vorsitzender, nicht so parteinah (aber schon SPD-Mitglied), aber mit Blut-und-Boden-Versatzstücken im Denken. Die Grüne Liga hat eine Presseinfo verschickt, daß ihr Mann "Leif Miller" jetzt Stellvertreter ist. Miller ist Paradebeispiel für ökoneoliberale Anpassungspolitik. Seine Wendehälsigkeit schlägt auch in der Postenfülle nieder. Er ist jetzt gleichzeitig Grüne-Liga-Sprecher, NABU-Hauptamtlicher (Büroleiter Berlin) und DNR-Vize.

ATTAC (Netzwerk zur demokratischen Kontrolle internationaler Finanzmärkte)

Da war ich auf dem Abschlußplenum und haben dieses nur verfolgt. Hier einfach auch ein paar Facts bzw. Eindrücke:

  • Das Netzwerk ist weniger skandalös als langweilig.

  • Bei der Hoffnung auf Umsetzung kam am häufigsten der Hinweis, mensch könne doch mal den oder den SPDler ansprechen, der sei ganz vernünftig usw. (oder gleich Hinweis auf ganze Gruppen wie Frankfurter Kreis, neu "Demokratische Linke 21")

  • Insgesamt wirkt das Ganze wie eine konsequente Verbandsgründung, auch wenn einige das nicht so bezeichnen wollen (andere fordern das auch offen ein, träumen von "starker Zentrale" usw.). Es werden Ortsgruppen unter dem gleichen Titel gegründet (was bei einem Netzwerk nicht so wäre mit der Namensvereinheitlichung) und bei der Debatte um ein großes Symposium im Frühsommer 2001 wurde ausschließlich (aber das gleich mehrfach) als Grund benannt, daß dann und über die Einladung von Promis der Name ATTAC in die Medien gebracht werden könne.

  • Aus der Arbeitsgruppe "Interregio" (beschäftigt sich mit dem Aufbau von Ortsgruppen usw.) kam der Vorschlag, die lokalen Agendagruppen als Partner zu gewinnen.

  • Es waren nur noch halb soviele Leute da wie bei der Gründung. Ein großer Teil davon war eher beobachtend-interessiert.

  • In einem Bericht aus einer AG hieß es zum Konflikt um eine antikapitalistische Ausrichtung, daß der Streit über Antikapitalismus und Reform nicht sinnvoll sein, es ginge mehr darum "vorwärts" zu kommen.

  • Nach Informationen von Anwesenden hat das Netzwerk pauschal 20.000,- DM der Stiftung Umverteilen erhalten plus Einzelmittel für Veranstaltungen. Das ist insgesamt und vor allem für die Stiftung richtig viel.

  • Share wird sein Engagement personell bei ATTAC reduzieren (Jutta Sundermann wurde mit vielen belobigenden Worten bedacht, da sie jetzt weniger machen wollte bei ATTAC – mal sehen wie der Lagen (gemeint: ATTAC) ohne seine zuverlässig-effiziente OrganisatorIn/"Chefsekretärin" funktionieren wird).

  • Der Koordinationskreis wurde im wesentlichen mit den gleichen Leuten per Selbstakklamation für ein Jahr bestätigt (Vorschlag der Art "Wir würden gerne weitermachen" wurde mit Applaus bedacht, das wars), hat aber innerhalb des Netzwerkes eine stärkere Stellung als jeder Vorstand, da es (noch) keine anderen organisatorischen Gremien gibt. Das Verhältnis zur "Basis" wurde gut sichtbar, als Anja Osterhaus die Leute im Saal aufrief, die Papiere aus dem Koo-Kreis stärker zu verteilen.

  • Nie genannt wurde eine kritische Reflexion über die Chancen eines neuen und Dach-NGOs im völlig NGOs-überbesetzten Deutschland, was eine grundlegend anderer Situation als z.B. in Frankreich ist (wo ATTAC auch bei vielen Basisgruppen wenig beliebt ist, weil es sich ohne Mandat selbst als Speerspitze einer Bewegung inszeniert). Ob in Deutschland neben der Masse an abgehoben-funktionärInnenbeladenen NGOs für ATTAC Platz sein wird, ist mehr als zweifelhaft.

Ein Hinweis noch zu einem Mißverständnis: Der Vorwurf des Nationalismusses gegenüber Share-/ATTAC-AkteurInnen wurde nicht verstanden, weil er mit dem deutschen Nationalismus gleichgesetzt wurde. Tatsächlich war die positive Überhöhung der Nation und staatlicher Einrichtungen als solches gemeint. In der Tat ist der Begriff mindestens zweideutig – worauf bei der zukünftigen Verwendung geachtet werden sollte, um Mißverständnise zu vermeiden.

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