Wie unsauber mit Statistiken umgegangen wird, können wir auch an einem anderen Beispiel sehen. Es geht da noch einmal um die Abb. 2.1. Schneiden wir einfach den unteren Teil der Abbildung ab, erhalten wir die folgende Darstellung (Abb. 2.9), für die Müller behauptet, dass sie die Verteilung der Masse von Elementarteilchen und Atomkernen darstellt.

Abb. 2.9: Verteilung natürlicher physikalischer Objekte (hier Elementarteilchen und Atomkerne) auf der logarithmischen Masse-Geraden nach Müller, N: Anzahl natürlicher Objekte, m: Masse, mp: Protonenmasse (aus: Global Scaling raum&zeit special 1, S. 9)

Von einem Kettenbruch wird hier nichts gesagt, also probieren wir das Ganze einfach mal aus. Da die entsprechenden Daten für Elementarteilchen und Atomkerne im Internet zur Verfügung stehen und mit EXCEL in der vorgegebenen Art darstellbar sind, lässt sich das einfach überprüfen. Das Ergebnis ergibt für die Atommassen die Abb. 2.10.
Abb. 2.10: natürliche Logarithmen der geeichten Atommassen (Quelle)
Für die Elementarteilchenmassen ergibt sich, wenn wir den gleichen Wertebereich wie in der Abb. 2.9 verwenden:

Abb. 2.11: natürliche Logarithmen der geeichten Elementarteilchenmassen (Quelle)
Wohlwollend betrachtet gibt es zwar bei -2 und 4 noch mal einen "Buckel", die nächsten "Wellenberge" sind aber bei Müller an anderer Stelle. Bei Histogrammen ist das Ergebnis stark von der gewählten Klassenbreite auf der x-Achse abhängig, deshalb zeige ich in Abb. 2.12 das Ergebnis, wie es aussieht, wenn ich ungefähr die von DIN 55 302 vorgeschriebene Klassenbreite verwende und in Abb. 2.13 das Ergebnis, wenn ich die Klassenbreite noch wohlwollender im Sinne der Behauptungen von H. Müller verkleinere:

Abb. 2.12: Histogramm mit angemessen gewählten Klassengrenzen

Abb. 2.13: Histogramm mit extrem "wohlwollenden" Klassengrenzen
Bei diesen konkreten Beispielen will ich es belassen. Schauen wir uns die anderen Beispiele aus den Vorträgen und Veröffentlichungen an, so wird deutlich, dass statistisch nicht sauber argumentiert wird, sondern folgende Verfälschungen geschehen (Zu solchen Tricks siehe u.a. Park 2002, Charpak, Broch 2004 und Baillargeon (2008).):
  • Mexikanischer Scharfschütze: Dabei verschießt ein Scharfschütze sein Magazin an die Wand seiner Scheune und zeichnet danach Zielscheiben um die Einschüsse. Genau so geht Global Scaling® vor. Es werden gezielt Daten heraus gesucht, die der behaupteten Verteilung der Häufigkeit im Müller-Fraktal einigermaßen entsprechen. Die Verteilungen, die nicht passen, werden einfach nicht genannt und aus der Theorie kann nicht abgeleitet werden, welche Verteilungen warum passen und welche nicht.
  • Brunnen-Effekt: Je vager eine Beschreibung ist -... um so eher erkennen wir das Gewünschte darin wieder. Wir sehen an der Verteilung der Planeten, dass die Regelmäßigkeit gar nicht so deutlich ist, wie behauptet. Aber irgendwie, grob gesehen, ergibt sich natürlich bei jeder (räumlichen oder zeitlichen) Aufeinanderfolge eine ein Sich-Abwechseln von "Da-sein" und "Nicht-dasein", das sich dann als Wellenberg und Wellental interpretieren lässt.
Für die Biologie, für die Müller immer wieder eine alte Arbeit des schon genannten Leonid Chislenko (auch Tschislenko) anführt, wäre hier nur anzumerken, dass die Größenverhältnisse von Organismen und andere faszinierende komplexe Struktur- und Entwicklungsmustern Gegenstand vieler Untersuchungen sind, die an Herrn Müller anscheinend alle vorbei gegangen sind, ohne dass er sie zur Kenntnis nimmt. Eine Abbildung soll das verdeutlichen - in späteren Arbeiten werde ich mich noch genauer damit beschäftigen, weil ich dieses Thema sehr spannend finde.

Abb. 2.14: Beispiele für fraktale Muster in verschiedenen räumlichen Bereichen (aus Kenkel, Walker 1996)

 
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