Neue Arbeit für Mühlheim

Institut für Neue Arbeit

Wege aus der Krise der Arbeit

... und anderswo

 

 

aus MACH ET! Sondernummer März 02 - 2.Jg.
Gemeinsamer Rundbrief von "Mach mit e.V. und "Institut für Neue Arbeit e.V."

5. März 02

Liebe Mitglieder und Interessierte,

Thema dieses Rundbriefes ist der Konflikt zwischen der Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim e.V. und der Familie Heimann. Dieser besteht bereits seit mehreren Jahren und ist in Mülheim bei Vereinen und Interessierten Stadtgespräch geworden. Der Kern dieses Konfliktes besteht nicht darin, daß Menschen in einem sozialen Projekt sich zerstritten haben und nun gar nicht mehr miteinander können. Die Sache ist ernster und deswegen informieren wir. Es geht darum, daß der SSM für ihr Integrationskonzept von ausgegrenzten Menschen von der Stadt Köln Gelände und Häuser zur Verfügung gestellt wurden und vertraglich gebunden ausschließlich für diese Aufgabe. In diesem Konzept der Verknüpfung von Erwerbsarbeit und Eigenarbeit ist günstiger Wohnraum auf dem Gelände Vorausbedingung, weil nur so die Existenz eigenständig gesichert werden kann. Es geht also in der Düsseldorfer Str. 74 nicht um ein buntes Wohnprojekt verschiedenster Lebenswelten, wie Mitwohner es in der Öffentlichkeit dargestellt haben. Vielmehr ist das Mitwohnen auf dem Gelände an die Bedingung geknüpft, die soziale Tätigkeit der SSM beständig zu unterstützen. Im Gegensatz zur den SSM-Mitgliedern sind für Mitwohner keine Mietvergünstigungen seitens der Stadt Köln vorgesehen. Die SSM hat der Familie Heimann inzwischen gekündigt, weil sie keine Miete bezahlt, den Verein nicht verbindlich unterstützt und sich beharrlich geweigert hat, einen Mietvertrag abzuschließen.

Wir berichten vom Kündigungsverfahren am 5.2. beim Amtsgericht Köln, wo wir als Beobachter teilgenommen haben.

Frau Richterin Finster ging davon aus, daß zwischen der SSM und Familie Heimann ein Mietvertrag besteht, auch wenn nichts schriftlich fixiert ist. Mit diesem Mietverhältnis gelten damit auch die Mieterschutzrechte. Ein Kündigungsrecht aufgrund von Eigenbedarf sah sie ebenso wenig gegeben wie eine Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen. Damit verbliebe nur noch eine Kündigung wegen erheblicher schuldhafter Pflichtverletzung. Diese schloß sie aber auch aus, da gegen die Familie Heimann keine konkreten Pflichten seitens der SSM festgelegt worden seien. Sie sprach das Versäumnis der SSM an, keine Geschäftsordnung dazu abgeschlossen zu haben. Die Klägerin (SSM) legte dar, daß sie die Familie Heimann ja dazu im Rahmen des Abschlusses eines Untermietvertrages aufgefordert habe, aber stets auf Ablehnung gestossen sei.

Frank Heimann lehnte in aller Offenheit jede Unterstützung ab. Er bemerkte, daß Mitarbeit und Unterstützung ihm nur in einem demokratischen Gremium möglich wäre, die SSM aber von Ideologie geprägt sei. Hier widersprach Frau Richterin Finster, es sei "schwierig", aus einer Unterstützungspflicht abzuleiten, daß er ein Mitspracherecht habe. Michael Birkenbeul von der SSM zeigte die Verweigerungshaltung von Frank Heimann auf. Er habe bereits vor Jahren nach einer gemeinsamen Supervision gesagt: "Wen er unterstützt, entscheidet er ganz alleine". Als Erläuterung sei hier angegeben, daß damit Vereine wie Greenpeace oder die AWO gemeint waren. Herr Heimann bestritt dies nicht in der Verhandlung. Sein Anwalt verwies darauf, daß dies nicht in den Akten stehe und damit nicht relevant sei.

Bei der Erörterung der Miete kam es schon zu Beginn zum Eklat, als ein SSM-Mitglied die Richterin aus dem Zuschauerraum fragte, ob das Fehlen jeglicher Mietzahlung keine Pflichtverletzung sei. Die Richterin ging darauf nicht ein und drohte dem SSM-Mitglied, das mit einem Zwischenruf noch einmal nachfragte, den Rauswurf an. Dieses ging unter Protest dann von alleine.

Für uns blieb als juristische Laien unverständlich, warum die Richterin die Frage der Mietzahlungen außen vor ließ. Es sind doch in jedem Mietverhältnis fehlende Mietzahlungen ein Kündigungsgrund.

Erst beim Stichpunkt "Untermietvertrag" äußerte sich Frau Richterin Finster doch noch zur Mietproblematik. Sie zeigte sich zunächst erstaunt, weil ihr von einer Verweigerung eines Untermietvertrag nichts bekannt war. Aus dem weiteren Verlauf der Verhandlung ergab sich, daß dieser Sachverhalt bereits von der SSM in den Schriftsätzen vorgetragen worden war und sich somit in den Akten befand. Frau Richterin Finster muß es übersehen haben. Sie erklärte auch im Verfahren, daß sie die umfangreichen Akten nur überflogen habe.

Schließlich fragte sie Herrn Heimann, warum er eigentlich keinen Mietvertrag mit der SSM abgeschlossen habe. Herr Heimann legte seine Auffassung dar, daß er, obwohl er keinen Mietvertrag mit der Stadt Köln habe, doch ein Abwohnrecht aufgrund seiner getätigten Investitionen habe. Hier widersprach die Richterin mit der Formulierung, die Heimanns seien "so etwas wie Gäste", da könne ein Abwohnrecht nicht gelten.

Wir fragen uns natürlich, ob dieser Gast gegen den Willen des SSM wohnen bleiben darf. Und selbst bei Annahme eines Abwohnrechtes wären die getätigten Investitionen in Höhe von 70.000 DM bereits in fünf Jahren abgewohnt gewesen. Familie Heimann hat allein danach einen dreijährigen Rückstand von Kaltmiete in Höhe von 42.000 DM. (s.u. Info der SSM)
Wir verließen den Prozeß etwas verwirrt, da er bei uns ein sehr unterschiedliches Bild hinterlassen hat. Wir fragten uns, ob die Familie Heimann praktisch unkündbar ist, trotzdem sie keine Miete zahlt und trotz der Verpflichtung seitens der Stadt Köln die SSM nicht verbindlich unterstützt. Sollen für die Familie Heimann alle Schutzrechte bestehen, aber keinerlei Pflichten? Wir waren uns nicht schlüssig, ob dies das mögliche Ergebnis des Prozesses sein wird oder nicht vielmehr die Bemerkung der Richterin, daß die Familie Heimann Gäste ohne Abwohnrecht sind. Aufschluß darüber wird wohl erst der Verkündungstermin am 21.3.02 (14 Uhr, Zi 802) bringen. Wir werden dann wieder informieren.

Eine letzte Anmerkung. Aufgefallen ist uns noch, daß es in der Erörterung kein Thema war, daß Familie Heimann die SSM öffentlich des Mobbings und der Diffamierung bezichtigt hat und daß Frank Heimann über einstweilige Verfügungen versucht hat, die SSM (wie auch das INA) zum Schweigen zu bringen. Die SSM hatte deswegen die Kündigung auch mit der Zerrüttung des Wohnverhältnisses begründet.

eine interessante Lektüre wünscht
eure Redaktion

Hinweis: In der Presse wurde zur Räumungsklage berichtet. Wir dokumentieren Artikel und Leserbriefe.
Mach et! erscheint viermal jährlich zur Zeit mit einer Auflage von 350 Exemplaren.
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Redaktion: Martin Rausch und Heinz Weinhausen
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Scheiden tut weh!

Fehlurteil gesprochen
Unternehmer Heimann darf
mietfrei bei der SSM wohnen (25.4.2002)

 

 

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